Wirbel um Auslandsreisen von KPÖ-Stadtrat Werner Murgg.

Wieviel Ideologie in der Grazer KPÖ steckt – diese Frage rückt nach ihrem Triumph bei den Grazer Gemeinderatswahlen immer mehr in den Fokus. Die "Causa Murgg" heizt die Diskussion noch weiter an. Der KPÖ-Landtagsabgeordnete Werner Murgg war im August nach Belarus gereist. Er ließ sich im dortigen Staatsfernsehen zu einigen wohlwollenden Bemerkungen hinreißen: So lobte er das belarussische Regime für seine "Stabilität und Ordnung". Die Sanktionen der EU gegen das Land, das als "letzte Diktatur in Europa" gilt, kritisierte er.

Die Journalistin Simone Brunner, die in der Vergangenheit für den STANDARD auch aus Belarus berichtet hat, stellte die Aufnahmen kürzlich ins Internet. Murgg selbst rechtfertigte seine Reise zunächst: Er bleibe auch inhaltlich bei seinen Aussagen. Am Samstag dann schob er eine offizielle Mitteilung nach, in der er sich vom Regime in Belarus "klar distanziert". Die steirische KPÖ wiederum ist seither damit beschäftigt, sich ihrerseits vom Auftritt Murggs zu distanzieren.

"Private Reise"

KPÖ-Chefin Claudia Klimt-Weithalter bezeichnete Murggs Reise als "private Reise": "Ein Abgeordneter kann auf Urlaub fahren, wohin er will". Sollte allerdings "der Eindruck entstehen, dass die KPÖ, ein diktatorisches Regime unterstützt", dann weise sie das "ganz klar von der Hand". Dennoch: Die KPÖ wird die Frage nicht los, wie sie es nun hält mit ihnen nahe stehenden autoritären Regimen dieser Welt.

Zumal Murgg nicht allein in Minsk anwesend war. Fotos zeigen den Politiker gemeinsam mit seiner Ehefrau Gabriele Leitenbauer, die auch als KPÖ-Vizebürgermeisterin im steirischen Trofaiach amtiert, sowie mit dem ehemaligen KPÖ-Mitglied Jürgen Enser am Tisch mit führenden Politikern der Partei von Präsident Alexander Lukaschenko. Enser musste dem Vernehmen nach vor einigen Jahren aus der Partei ausscheiden, nachdem er intern mit rassistischen und sexistischen Aussagen konfrontiert worden war. Es war zudem nicht Murggs erster umstrittener Auslandsaufenthalt.

Ukraine-Reise

Im Mai reiste Murgg, der auch Stadtrat in Leoben ist und als Vizeklubchef seiner Partei im Landtag in Graz sitzt, als Teil einer neunköpfigen "Friedens- und Neutralitätsdelegation" in die umkämpfte ukrainische Region Donbass. Mit dabei: Murggs Ehefrau Leitenbauer, KPÖ-Gemeinderat Kurt Luttenberger – der allerdings, darauf pocht Luttenberger auf Anfrage, in seiner Funktion als Gewerkschafter im Rahmen einer "fact finding mission". Auch hier sei Murggs Initiative privat erfolgt, sagt Luttenberger. Die selbst ernannte Delegation forderte in einer gemeinsamen Erklärung von der österreichischen Regierung jedenfalls, das "aggressive Sanktionsregime gegenüber Russland" zu beenden.

Auch abseits Murgg und der russischen Einflusssphäre fällt die KPÖ Steiermark mit Sympathien für Länder wie China oder Venezuela auf. Pekings systematische Menschenrechtsverletzungen zum Beispiel werden auf ihrer Homepage als "punktuell" und als "Phänomen, das vermutlich in allen Staaten der Welt beobachtbar ist" bezeichnet. Die letzten Wahlen in Venezuela, die den sozialistischen Autokraten Nicolás Maduro im Amt bestätigten, bezeichnet die KPÖ als legitim – im Unterschied zu allen Demokratien der westlichen Welt und zahlreichen lateinamerikanischen Staaten, laut denen die Wahl nicht internationalen Standards entsprach. (Anna Giulia Fink, Verena Mischitz, 4.10.2021)