In Bologna wurde Matteo Lepore, der von PD und Fünf Sternen unterstützt wurde, zum Bürgermeister gewählt.

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Rom/Mailand – Die italienischen Sozialdemokraten gehen gestärkt aus den Kommunalwahlen in 1.300 Gemeinden hervor. Die Demokratische Partei (PD), drittstärkste Kraft in der Regierungskoalition von Premier Mario Draghi, setzte sich bei den Bürgermeisterwahlen in Mailand, Neapel und Bologna mit ihren Kandidaten durch. In anderen Großstädten wie Rom, Turin und Triest schafften sozialdemokratische Bürgermeisterkandidaten den Zugang zur Stichwahl in zwei Wochen. PD-Chef Enrico Letta sprach von einem "historischen Ergebnis".

Der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala war als Favorit gegen den Mitte-rechts-Kandidaten Luca Bernardo ins Rennen gegangen. Sala eroberte 56 Prozent der Stimmen und ersparte sich damit eine Stichwahl in zwei Wochen. "Ich bin sehr zufrieden. Dieser Wahlsieg ist das Ergebnis der guten Arbeit, die wir in den vergangenen fünf Jahren geleistet haben", kommentierte Sala. Sein Gegner Bernardo, auf den sich die Mitte-rechts-Parteien Fratelli d'Italia, Lega und Forza Italia erst nach langem Ringen geeinigt hatten, musste sich mit 31 Prozent begnügen. Der Kinderarzt und Leiter der Pädiatrie im Krankenhaus Fatebenefratelli überzeugte die Mitte-rechts-Wählerschaft nicht, wie Lega-Chef Matteo Salvini zugeben musste.

Debakel für Roms Bürgermeisterin

In der Hauptstadt Rom wird der nächste Bürgermeister erst in der zweiten Runde zwischen dem Mitte-Rechts-Kandidaten Enrico Michetti und seinem sozialdemokratischen Gegner, dem früheren Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri, entschieden. Nur auf Platz drei landete die amtierende Bürgermeisterin Virginia Raggi, die 2016 als erste Frau an der Spitze Roms gewählt worden war. Die Kandidatin der insgesamt bei den Kommunalwahlen schwächelnden Fünf-Sterne-Bewegung wurde damit abgewählt.

Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi hat es nicht einmal in die Stichwahl geschafft.
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Im Bündnis behaupteten sich Sozialdemokraten und Fünf-Sterne-Bewegung in Neapel und in Bologna. In Neapel, Italiens drittgrößter Stadt, siegte der ehemalige Universitätsminister Gaetano Manfredi mit 64 Prozent. Sein Mitte-rechts-Gegner Catello Maresca musste sich mit 20 Prozent begnügen. In Bologna kam es zu einem Sieg von Matteo Lepore, der von PD und Fünf-Sterne-Bewegung unterstützt wurde und 62 Prozent der Stimmen eroberte. Sein Mitte-rechts-Rivale Fabio Battistini kam auf 29 Prozent. In Triest zogen der Mitte-rechts-Bürgermeister Roberto Dipiazza und der Mitte-links-Kandidat Francesco Russo in die Stichwahl ein.

Stimmungstest nach Corona-Pandemie

Die Wahlen gelten als Stimmungstest nach Ausbruch der Corona-Pandemie, die das Land vor allem während der ersten Welle hart traf. Zwölf Millionen Italiener waren dazu aufgerufen, circa ein Viertel der Wählerschaft. Gewählt wurde in 1.300 Gemeinden. Die Wahlbeteiligung sank auf ein historisches Tief von 59,7 Prozent. Sie war damit deutlich niedriger als 2016 (65,9 Prozent).

Am Sonntag und Montag fanden auch Nachwahlen in einem toskanischen Wahlkreis statt. Dabei schaffte der amtierende Sozialdemokraten-Chef Enrico Letta den Sprung ins Parlament. Der Ex-Premier, der im März an die Spitze des PD gewählt wurde, behauptete sich bei den Nachwahlen in dem Wahlkreis mit den Städten Arezzo und Siena mit 43 Prozent der Stimmen, ging aus vorläufigen Ergebnissen hervor. Er dürfte somit einen Sessel in der Abgeordnetenkammer erobert haben.

Regionalwahlen in Kalabrien

Gewählt wurde ein Nachfolger für den zum Verwaltungsratspräsidenten der Mailänder Großbank und Bank-Austria-Mutter Unicredit ernannten PD-Abgeordneten und Ex-Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan, der seinen Sitz in der Abgeordnetenkammer aufgegeben hatte.

Etwa zwei Millionen Wähler waren zu den Regionalwahlen in Kalabrien aufgerufen. Vor genau einem Jahr war die Präsidentin der Region, die Forza-Italia-Politikerin Jole Santelli, eine Vertraute von Ex-Premier Silvio Berlusconi, im Alter von 51 Jahren an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Seitdem wurde das Regionalparlament vom stellvertretenden Regionalpräsidenten Nino Spirlí aus den Reihen der Lega geführt. Die Wahl hätte bereits im April stattfinden sollen, wurde wegen der Pandemie jedoch auf Oktober verschoben.

"Historisches Ergebnis" für Sozialdemokratie

Enrico Letta sprach von einem "historischen Ergebnis" des PD bei den Kommunalwahlen. Die Partei habe dank eines engagierten Wahlkampfs auf lokaler Ebene gewonnen. Der PD-Sieg stärke die Regierungskoalition um Premier Draghi. "Wir haben gewonnen, weil wir die Einheit in den Vordergrund gestellt haben, sowohl die interne Einheit des PD als auch jene im Mitte-links-Lager", kommentierte Letta.

Die Allianz mit der Fünf-Sterne-Bewegung in mehreren Großstädten zeitige Resultate und müsse konsolidiert und ausgebaut werden, erklärte der PD-Vorsitzende. "Man gewinnt, wenn man die Koalition erweitert. Wir haben gezeigt, dass die Rechte besiegbar ist. Die Mitte-Rechts-Allianz hat im Wahlkampf schwere Fehler gemacht", sagte Letta.

Der Chef der in Rom ebenfalls wie die PD und die Fünf Sterne mitregierenden, rechten Lega, Matteo Salvini, bestritt, dass die Kommunalwahlen, zu denen ein Viertel der italienischen Wählerschaft aufgerufen war, ein Stimmungstest für die Konzentrationsregierung unter Ministerpräsident Mario Draghi sei. Die Bürgermeisterwahlen hätten nichts mit der Politik des Kabinetts in Rom zu tun.

Niedrige Wahlbeteiligung gibt zu denken

Der Ex-Premier und Chef der kleinen Regierungspartei Italia Viva, Matteo Renzi, zeigte sich mit dem Wahlergebnis zufrieden. Seine Partei habe in mehreren Gemeinden besser als die Fünf-Sterne-Bewegung abgeschnitten, die im Parlament die stärkste Einzelpartei ist. "Unsere Stimmen waren in mehreren Fällen für den Sieg der Mitte-Links-Kandidaten entscheidend. In der Tat ist dies ein großartiger Tag. Das ist der Weg in die Zukunft", erklärte Renzi.

Alle Parteien zeigten sich wegen der niedrigen Beteiligung besorgt. Fast jeder zweite Wähler blieb von den Urnen fern. Die Wahlbeteiligung lag bei 54 Prozent, so niedrig wie noch nie. "Die hohe Stimmenenthaltung bezeugt, dass unsere Demokratie in einer Krise steckt", warnte die Chefin der oppositionellen Rechtsaußen-Partei Fratelli d'Italia (Fdl/Brüder Italiens), Giorgia Meloni. Lega-Chef Salvini übte Selbstkritik. "In vielen Städten hat die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme nicht abgegeben. Wir müssen konkreter sein, was das reale Leben angeht, nur so können wir die Wähler zurückgewinnen", so Salvini. (APA, 4.10.2021)