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Es sitzen noch immer zahlreiche Hilfskräfte im Land fest.

Foto: Reuters / Callaghan O'Hare

Afghanistan will wieder Pässe an seine Bürgerinnen und Bürger ausgeben. Damit dürften nach monatelangen Verzögerungen auch die Versuche, das Land zu verlassen, leichter werden. Nun würden all jenen, die einen Antrag stellten, Dokumente gegeben, die mit den unter der vorherigen Regierung ausgefertigten identisch seien, sagte der Leiter des Passamtes, Alam Gul Haqqani, am Dienstag in Kabul. Zahlreiche Menschen wollen das Land verlassen, haben oft aber keine gültigen Papiere.

Bereits vor der Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban Mitte August war die Ausstellung von Reisepässen ins Stocken geraten. Täglich würden zwischen 5.000 und 6.000 Pässe ausgestellt, so Haqqani weiter. Frauen würden beschäftigt, um sich um Antragsteller zu kümmern. Immer noch sitzen in Afghanistan zahlreiche Hilfskräfte fest, die zum Beispiel als Übersetzer für die westlichen Truppen bis zu deren Abzug gearbeitet haben. Sie fürchten, dass die Taliban sie deswegen verfolgten.

Frauen sollen Pässe ausstellen

In der Zwischenzeit riefen die Taliban alle weiblichen Angestellten der Passbehörde in den Dienst zurück. Sie sollen offensichtlich die Anträge und biometrischen Daten von weiblichen Antragstellern bearbeiten. Bisher ist vielen Frauen unter der Taliban-Herrschaft nicht gestattet, zu ihrer Arbeit zurückzukehren. Nach Angaben der Behörden hatten 170.00 Menschen vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban am 15. August einen Pass beantragt. Pässe für bis zu 25.000 Antragsteller lägen bereit, sagte der neue Leiter des zuständigen Amtes, teilte Haqqani mit.

Macron fordert Gleichstellung von Frauen

Die Extremisten haben die vom Westen unterstützte Regierung abgesetzt und streben nach internationaler Anerkennung. Dafür gebe es aber klare Bedingungen, unterstrich der französische Präsident Emmanuel Macron in einem Interview mit dem Hörfunksender France Inter. Dazu gehörten gleiche Rechte für Frauen und Zugang für ausländische Hilfsorganisationen, zudem dürften die Taliban nicht mit islamistischen Terrorgruppen kooperieren.

"Ich denke, die internationale Anerkennung muss einen Preis haben, und die Würde der afghanischen Frauen sowie die Gleichstellung von Männern und Frauen sollten einer dieser Punkte sein, auf die wir bestehen, das sollte eine der Bedingungen sein." Über das Thema würden auch die zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer bei ihrem Gipfel in Rom Ende des Monats sprechen, sagte Macron. Dass es Bedingungen für eine Anerkennung der Taliban-Regierung gebe, müsse die klare Botschaft sein.

Humanitäre Hilfe

Unterdessen nahm die internationale Hilfsorganisation Care in der vergangenen Woche ihre humanitären Hilfsprogramme in Afghanistan wieder auf. Nothilfeteams verteilen Bargeld an besonders betroffene und schutzbedürftige Familien. Zudem helfen Care-Teams lokalen Kleinbauern, die für die Ernährungssicherung des Landes eine entscheidende Rolle spielen, mit Düngemitteln, Werkzeugen, Saatgut sowie Schulungen. In Afghanistan hungern derzeit rund 14 Millionen Menschen. Diese Zahl wird aufgrund der jüngsten Instabilität, klimabedingten Krisen sowie der drohenden Wirtschaftskrise noch deutlich steigen.

"Die jüngsten Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass der humanitäre Bedarf jetzt noch größer ist", erklärte Victor Moses, Länderdirektor von Care Afghanistan. Neben der Hilfe gegen den Hunger im Land wird Care auch dringend benötigte Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wieder aufnehmen. (APA, 5.10.2021)