Molnupiravir ist die erste Tablette, die, nach Zulassung, gegen Covid-19 helfen soll – bisher gibt es nur Injektionen. Wichtig ist, dass man sie in den ersten Tagen einnimmt. Das soll Hospitalisierungen reduzieren.

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Ein wirksames Medikament gegen Corona – darauf hoffen viele. Trotz intensiver Forschung ist es aber bisher noch nicht gelungen, tatsächlich ein breit einsetzbares Mittel zu finden beziehungsweise zu entwickeln. Große Durchbrüche blieben bislang aus. Jetzt macht ein weiteres Medikament von sich reden: Molnupiravir.

Dabei handelt es sich um eine Tablette, die das Risiko für Krankenhauseinweisung und Tod bei ambulant behandelten Covid-19-Patientinnen und -Patienten erheblich reduzieren soll – und zwar um etwa die Hälfte. Das US-Pharmaunternehmen Merck (in Europa MSD) verkündete dazu erste Zwischenergebnisse einer Phase-III-Studie. Ausgewertet wurden die Daten von 775 Probandinnen und Probanden an 173 Studienstandorten, die sich auf die beiden Gruppen Medikament und Placebo aufteilten.

14,1 Prozent jener, die das Placebo bekamen, mussten im Zuge der Erkrankung ins Spital, acht Personen starben. Aus der Gruppe, die das Medikament bekommen hat, mussten nur 7,3 Prozent stationär behandelt werden, also etwa die Hälfte, es gab keinen Todesfall.

Die Studie untersuchte Daten von Personen, die einen weniger als fünf Tage alten laborbestätigten, milden bis moderaten Covid-19-Verlauf und mindestens einen Risikofaktor für einen schweren Verlauf hatten. Die Daten zu Hospitalisierung und Tod wurden 29 Tage nach Einschluss in die Studie erhoben.

Keine Virusvermehrung

Molnupiravir wurde ursprünglich als Grippemedikament entwickelt und hemmt das Wachstum des Virus in der Zelle, indem es ein Ribonukleosid-Analogon als falschen Baustein in das Erbgut einbaut, das dort dann Mutationen verursacht. Der Wirkstoff soll gegen unterschiedliche Typen von Coronaviren wirken. "Dieses Prinzip ist per se nicht neu, scheint aber effizienter zu funktionieren als bei anderen Ribonukleosid-Analoga, die bereits bei Covid-19 erprobt wurden", erklärt dazu Clemens Wendtner, Infektiologe und Tropenmediziner an der München Klinik Schwabing.

Wichtig sei, dass das Medikament in der Frühphase der Erkrankung verabreicht werde, betont Markus Zeitlinger, Leiter der Klinischen Pharmakologie an der Med-Uni Wien: "In dieser Phase hat der Körper noch keine eigene Immunantwort aufgebaut, aber das Virus vermehrt sich stark. Dieser Prozess kann damit gestoppt werden." Der Vorteil sei, dass es sich um Tabletten handle, keine Injektionen – wie es bei der monoklonalen Antikörpertherapie, die auf einem ähnlichen Wirkprinzip fußt, der Fall ist. Das erleichtere die Anwendung. Der Preis ist noch nicht bekannt, kolportiert werden 600 Euro. Das wäre immerhin um ein Viertel bis ein Drittel weniger als der für die monoklonale Antikörpertherapie.

Echter Gamechanger?

"Grundsätzlich kann man das Medikament wahrscheinlich jeder Person geben, die noch nicht geimpft, aber infiziert ist. Das könnte die Hospitalisierungen in dieser Gruppe um die Hälfte reduzieren", betont Zeitlinger. Das sei aber am Ende des Tages eine Frage des politischen Willens und der Finanzierung. Ein potenzieller Gamechanger sei die Tablette nur abhängig davon, wie breit sie eingesetzt werde.

Und Zeitlinger gibt zu bedenken: "In der Studie waren, soweit ich informiert bin, keine Geimpften eingeschlossen, man weiß nicht, ob es auch bei Impfdurchbrüchen wirkt. Und wenn man das Medikament breit anwendet, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit Selektionsdruck auf das Virus ausüben, das könnte Mutationen fördern."

Grundsätzlich sieht der Pharmakologe das Medikament positiv, allerdings werde es wohl noch Monate dauern, bis es zugelassen wird. Die jetzt veröffentlichte Studie ist auch noch nicht unabhängig geprüft. "Eine Impfung ersetzt es natürlich nicht", betont Zeitlinger und räumt gleich noch mit einem weiteren Gerücht auf. Auf Twitter wurde nämlich verbreitet, dass das Medikament möglicherweise das Erbgut verändern könne: "Das ist natürlich Unsinn. Es bindet an Teile der Virus-DNA, aber es verändert diese genau so wenig wie die Impfung." (Pia Kruckenhauser, 5. Oktober 2021)