Google-Boss Sundar Pichai bei der Vorstellung der neuen Initiativen. Der Ort ist dabei bewusst gewählt. Im Hintergrund zu sehen ist eines von Googles neuen Bürogebäuden, dessen Dach fast zur Gänze aus kleinen Solarpanels besteht, und unter dem auch geothermale Energie erfasst wird.

Foto: Google

Eines ist unumstritten: Das Internet und all die dort gebotenen Dienste brauchen Strom, sehr viel Strom. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise nimmt aber auch in diesem Umfeld das Thema Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle ein. So haben in den vergangenen Monaten allerlei Firmen angekündigt, CO2-neutral werden zu wollen. Bei Google ist man da schon einen Schritt weiter, CO2-neutral ist das Unternehmen nämlich seit 2007. Das nächste Ziel ist, bis 2030 vollständig CO2-frei zu werden – also wirklich alle eigenen Dienste ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu speisen. Diese Route gab Firmenchef Sundar Pichai vor rund einem Jahr aus.

Maps

Nun gibt es ein Update, wie es auf dem Weg dorthin aussieht – aber auch eine ganze Fülle von Produktankündigungen, die generell dabei helfen sollen, den Klimawandel zu bekämpfen. Die erste davon: Ab sofort gibt es auf Google Maps "ökofreundliche Routen". Dieses Feature wurde schon vor einigen Monaten angekündigt, nun geht es in den USA tatsächlich an den Start, der Launch in Europa soll kommendes Jahr folgen.

Die Routenplanung in Google Maps soll künftig Strecken mit geringerem CO2-Verbrauch bevorzugen.
Foto: Google

Das Ganze sieht so aus: Bei der Routenplanung bevorzugt Google künftig automatisch Routen, bei denen weniger Schadstoffe ausgestoßen werden, solange die Reisezeit vergleichbar ist. Gibt es in diesem Punkt einen signifikanten Unterschied, wird die umweltfreundlichere Route als Alternative angeboten. Die dahinterstehenden Berechnungen erfolgen mithilfe von Daten des National Renewable Energy Laboratory (NREL) und durch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Klingt alles nach eine Kleinigkeit, Google geht aber davon aus, dass die ökofreundlichen Routen pro Jahr zu einer Einsparung von bis zu einer Million Tonnen CO2-Ausstoß führen könnten. Dies wäre das Äquivalent zur Entfernung von 200.000 Autos von den Straßen. Generell sei angemerkt, dass solche Versprechungen immer mit Vorsicht zu genießen sind. Wie stark sich diese Neuerung wirklich auswirkt, dürfte sich erst in den kommenden Jahren zeigen.

Radfahren

Eine weitere Verbesserung für Google Maps betrifft Radfahrer: Extra für diesen Einsatz kommt ein "Lite Navigation" genannter Modus. Dieser soll die wichtigsten Informationen für eine Route bieten, ohne zu sehr abzulenken. Auch Infos zu Höhenunterschieden, die hier wichtiger als bei anderen Fortbewegungsmitteln sind, sollen angezeigt werden. Dieses Feature soll allerdings erst in den kommenden Monaten folgen, dafür dann aber weltweit. Google betont, dass diese Neuerung direkt auf Feedback von Radfahrern hin entstanden ist. Und von denen scheint es immer mehr zu geben, jedenfalls spricht Google davon, dass die Routenplanungen für Fahrradtrips im Vergleich zum Vorjahr um 98 Prozent zugenommen hat. Ausgebaut werden zudem die Informationen zu Scooter- und Bike-Sharing. Ab sofort gebe es diese Funktionen in mehr als 300 Städten.

Google Flights informiert künftig über den bei einem Flug erzeugten CO2-Verbrauch – auch in Relation zu anderen Flügen auf derselben Strecke.
Grafik: Google

Reiseplanung

Der nächste Punkt widmet sich dem Thema Reisen: Bei Google Flights werden ab sofort zu jedem Flug Informationen zum damit einhergehenden CO2-Verbrauch angezeigt. Dies soll den Nutzern die Chance geben, eine bewusste Entscheidung über die gewählte Verbindung zu treffen. Besonders schädliche Trips sollen dabei rot markiert werden. In die Berechnung fließt auch ein, welchen Sitz man wählt – also von Economy bis First, wobei Letzteres aufgrund des größeren Platzverbrauchs natürlich erheblich schlechter abschneidet. Bei der Hotelsuche gibt es hingegen Hinweise dazu, ob die Betriebe eine anerkannte Umweltzertifizierung haben. Zudem werde es künftig eigene Informationen zu den Nachhaltigkeitsmaßnahmen einzelner Anbieter geben – die Hilton- und Accor-Hotelgruppen seien hier von Anfang an dabei.

Shopping und Finanzen

Eine weitere Optimierung gibt es für Google Shopping: Hier soll künftig bei besonders energieintensiven Produkten wie Geschirrspülern oder Trocknern der Stromverbrauch klar herausgestrichen und klassifiziert werden, um den Nutzern stromsparende Alternativen schmackhafter zu machen. Wie bei fast allen neuen Shopping-Features der letzten Zeit gibt es das aber zunächst nur für die USA. Das ist bei einem anderen Thema anders: Eine Neuerung für Google Finance zeigt ab sofort – und eben global – den Umwelteinfluss von Investments an. Dazu wird der Climate Change Score von der Non-Profit-Organisation CDP herangezogen. In naher Zukunft sollen auch für ganze Portfolios solche Bewertungen angezeigt werden.

Klare Informationen

Die Google-Suche bekommt eine eigene Ansicht für Informationen zum Klimawandel.

Ein wichtiger Teil des Kampfes gegen den Klimawandel ist Information. Diesem Motto folgend, liefert Google bei entsprechenden Suchanfragen schon bald eine eigene Seite mit ausgewählten und – wie man versichert – hochqualitativen wissenschaftlichen Hintergrundinformationen. Als Quelle nutzt man dabei etwa die Vereinten Nationen. Diese Neuerung soll noch vor Ende des Monats auf Englisch, Französisch und Spanisch eingeführt werden, dies dafür aber global. Zunächst nur in den USA werden Suchen nach Elektrofahrzeugen mit allerlei Informationen angereichert werden. Also etwa wie es mit dem Energieverbrauch eines angezeigten Modells aussieht – oder auch, wie es um Ladestationen im eigenen Umfeld bestellt ist und wie lange eine Aufladung benötigt. Hier ist eine globale Ausweitung zumindest in Planung, versichert das Unternehmen.

Nest

Googles Nest-Abteilung bewirbt die eigenen selbstlernenden Thermostaten schon seit langem nicht nur mit der damit einhergehenden Kostenersparnis, sondern auch mit Umweltvorteilen. Vorerst nur für die USA gedacht ist nun ein dazu passender Dienst namens Nest Renew. Dieser soll dabei helfen, die Stromnutzung für Heizen und Kühlen zeitlich so zu optimieren, dass im Energiemix bevorzugt Zeiten mit mehr Ökostrom benutzt werden – und auch welche, die günstiger sind. Mit einem Zusatzdienst namens Nest Renew Premium soll dann auch noch die Nutzung von auf fossilen Energieträgern basierendem Strom ausgeglichen werden. "Clean Energy Match" nennt sich das Feature, bei dem für einen Preis von zehn Dollar monatlich Zertifikate für erneuerbare Energien bei Solarstrom- und Windfarmen zugekauft werden.

Experimente

Noch im experimentellen Stadium befindet sich ein anderes Projekt: Mithilfe von künstlicher Intelligenz will Google nämlich Ampelschaltungen optimieren. Das mit dem Ziel, Stehzeiten zu minimieren und so auch den CO2-Ausstoß zu verringern. Ein entsprechendes Pilotprojekt laufe schon seit einiger Zeit in vier israelischen Städten, nun sollten international weitere hinzukommen, darunter São Paulo. Auf Nachfrage des STANDARD betont Google, dass man sich des Phänomens des induzierten Bedarfs bewusst sei und dass bei einer solchen Effizienzsteigerung immer auch die Gefahr bestehe, dass damit mehr Verkehr angezogen werde. Dieses Wissen fließe entsprechend in die eigenen Untersuchungen ein. So zeige sich etwa, dass dies auch stark von der Tageszeit abhänge, sich etwa mittags durch Optimierungen wenig am Verkehrsverhalten ändere – während der CO2-Ausstoß in den Testgebieten um zehn bis 20 Prozent reduziert wurde.

Google

Ausblick

Bleibt die Frage: Wie sieht es mit den selbstgesteckten Zielen einer CO2-freien Zukunft bei Google aus? Herausfordernd, aber man sei auf einem guten Weg, umreißt es Kate Brandt, Googles Chief Sustainability Officer. Im Jahr 2020 seien 67 Prozent des eigenen Stromverbrauchs CO2-frei abgedeckt worden. Zum Vergleich: 2019 seien es noch 62 Prozent gewesen. Dieser Schnitt dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das natürlich stark von Standort zu Standort variiere. So würden derzeit bereits fünf der eigenen Rechenzentren mit mehr als 98 Prozent CO2-frei erzeugtem Strom gespeist werden, in anderen Regionen sei dies schwieriger. Insofern gebe es bis zum Jahre 2030 also noch einiges zu tun. (Andreas Proschofsky, 6.10.2021)