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Russisches Gefängnis.

Foto: AP/Kirill Zarubin

Moskau – Die russischen Behörden haben nach der Veröffentlichung eines Videos, das eine mutmaßliche Vergewaltigung in einem Gefängnis zeigt, Ermittlungen eingeleitet. Wie die russische Gefängnisbehörde (FSIN) am Dienstag in Moskau mitteilte, hat sie ein Team entsandt, das die Echtheit des Videos vor Ort prüfen soll. Die Aufnahme war am Montagabend von Aktivisten veröffentlicht worden, die eigenen Angaben zufolge Hunderte weitere Folteraufnahmen erhalten haben.

In dem Video ist zu sehen, wie ein Mann in einem Gefängniskrankenhaus in der Stadt Saratow offenbar mit einem Stock vergewaltigt wurde. Das Opfer war an ein Bett auf einer Tuberkulose-Station gefesselt und schrie während der Tortur vor Schmerzen.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Dienstag, sollte die Echtheit des Videos bestätigt werden, "ist dies natürlich ein Grund für eine ernsthafte Untersuchung". Zunächst sei es notwendig, die Authentizität des Materials "schnell, aber in aller Ruhe zu klären".

Ex-Häftling brachte Videos aus dem Gefängnis

Der Betreiber der auf die Rechte von Häftlingen spezialisierten Website Gulagu.net, Wladimir Osetschkin, sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass er das Video zusammen mit mehr als tausend weiteren von einem belarussischen Ex-Häftling erhalten hatte, der in einem Gefängnis in Saratow eine Strafe abgebüßt hatte. Die Aufnahmen stammen demnach von gefängniseigenen Überwachungskameras und zeigen Misshandlungen in Haftanstalten im ganzen Land.

"Es ist das erste Mal, dass Menschenrechtler so eine große Menge an Informationen erhalten haben, die den systemischen Charakter von Folter in Russland beweisen", sagte Osetschkin, der in Frankreich im Exil lebt. Der Anti-Folter-Aktivist warf den russischen Behörden vor, seit Jahren alles zu tun, um Missstände in den Gefängnissen zu vertuschen. "Die russischen Behörden (...) tun alles, um sich von diesem Folter-Förderband zu distanzieren", sagte er.

Osetschkin zufolge wurde das Folter-System von führenden Mitgliedern der Gefängnisverwaltung und des Inlandsgeheimdiensts FSB geschaffen, um den "Willen von Verurteilten zu unterdrücken". Er will das ihm zugespielte Material dem Europarat und den Vereinten Nationen vorlegen.

Menschenrechtsaktivisten berichten regelmäßig von Folter, Demütigung und Schlägen durch russisches Gefängnispersonal oder andere Insassen. Im März hatte der in einem russischen Straflager inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny den Gefängniswärtern Folter durch "Schlafentzug" sowie unzureichende medizinische Versorgung vorgeworfen. Wegen des Vorgehens gegen Nawalny hatte die EU vier hochrangige Vertreter des russischen Justiz- und Strafverfolgungssystems auf ihre Sanktionsliste gesetzt. (APA, 5.10.2021)