Kann leicht lachen: Nach der Neueröffnung des Noma ist René Redzepi wieder an der Spitze der World's 50 Best.

Foto: the world's 50 best restaurants

Dienstagabend in Antwerpen: Jubel, Menschen, die einander in die Arme fallen, und ein Gewinner. Es ist René Redzepi, der gemeinsam mit einem Drittel seines Teams auf der Bühne den Preis als bestes Restaurant der Welt für sein Kopenhagener Lokal Noma entgegennimmt.

2019 belegte Noma Platz zwei auf der Liste der "50 Best Restaurants", vor wenigen Wochen wurde ihm der dritte Stern des Guide Michelin verliehen. Redzepi musste also für eine Topplatzierung gewappnet sein. Der dänische Chefkoch bedankte sich beim Team, den Menschen, die ihn in seiner täglichen Arbeit umgeben, und teilte Erinnerungen an 2010 mit dem Publikum, als das Noma, noch an einer anderen Location, erstmals die gewichtige Gastroliste anführte.

Wiedersehen macht Freude: Nachdem die Verleihung der World's 50 Best 2020 ausgefallen war, gab es gestern für die Spitzenköche und -köchinnen Grund zum Jubeln.
Foto: The World's 50 Best Restaurants 2021, sponsored by S.Pellegrino & Acqua Panna

Die Liste der "S. Pellegrino 50 Best Restaurants" gilt als die einflussreichste im Kulinarikbereich. Die Restaurants an ihrer Spitze sind mit einem Schlag für die nächsten Monate, wenn nicht Jahre, ausgebucht. Kritiker des Rankings merken zwar seit dessen Lancierung 2002 an, dass Restaurants auf internationaler Ebene so doch gar nicht vergleichbar seien und auch das Voting durch "geheime Lokalmatadore" angeblich an Objektivität zu wünschen übrig lasse.

Die "Best of the Best" – die Sieger der vergangenen Rankings. Mauro Colagreco ist nach seinem Sieg 2019 neu in der Runde der Besten.
Foto: the world's 50 best ceremony

Nichtsdestotrotz pilgert das Who’s who der Branche jährlich zum Event des Jahres im kulinarischen Kalender. Die Verleihung der "50 Best", wie die Liste kurz genannt wird, fand bereits in London, Singapur, Bilbao und New York statt. 2020 kam freilich alles ganz anders: Restaurants blieben geschlossen, Reisefreiheiten wurden stark eingeschränkt, Großevents verboten, an die Stelle von Großveranstaltungen wie die "50 Best" traten Hilfsaktionen, von Gastronomen organisiert, um Menschen, die durch die Pandemie in Not geraten waren zu helfen.

Wiedersehen

In diesem Jahr konnte sich die Branche nun wieder von Angesicht zu Angesicht treffen. Die Veranstalter des Events rund um William Drew, den Content-Direktor für die "World’s 50 Best Restaurants", sowie die diesjährige Partnerregion Flandern luden nach Antwerpen.

Doch ganz genau so wie früher war der Event heuer nicht. Es scheint, als habe die Gastronomie die Zeichen der Zeit erkannt. Themen wie Nachhaltigkeit, bewusster Fleischkonsum, das Stärken der Produzenten und der Wunsch nach noch mehr Menschlichkeit beherrschten die Gespräche, die rund um die Preisverleihung stattfanden.

Auch wenn noch offen ist, wie viele dieser Punkte in Zukunft tatsächlich umgesetzt werden, kann man es getrost so hochtrabend formulieren: Die Motivation, das Essen und die Kräfte der Branche gezielt einzusetzen, um die Welt zu verbessern, war deutlich zu spüren.

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  • Talentierte Fachkräfte

Während die Gäste rund um den Globus heilfroh sind, endlich wieder Restaurants besuchen zu können, haben während der Pandemie viele der Angestellten die Branche gewechselt.

Personal zu finden scheint aktuell ein globales Problem in der Gastronomie zu sein. Für viele sprachen die langen und harten Arbeitszeiten auch wochenends, in Kombination mit wenig Gehalt und wenig Anerkennung für ihren Beruf dafür, sich neu zu orientieren. Die Gastronomie als Arbeitsplatz für Talente wieder attraktiv machen, gilt als eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre.

  • Soziales Engagement

Die Organisatoren des "50 Best Restaurants"-Events erkennen offenbar das soziale Potenzial der Gastrobranche. Auszeichnungen wie "Champions of Change" für Menschen, die sich mittels Gastronomie sozial engagieren, waren vor Jahren noch undenkbar im Rahmen der "50 Best". 2021 wurden Kurt Evans aus Seattle, Viviana Parese aus Mailand und Deepanker Khosla aus Bangkok mit diesem Special Award ausgezeichnet. Mit seiner Organisation Everybody Eats veranstaltet Evans Ausspeisungen und organisiert Lebensmittelspenden in seiner Heimatstadt Seattle. Die Sizilianerin Viviana Parese wiederum setzt in ihrem Restaurant in Mailand seit Anbeginn auf Inklusion, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Herkunft. Sie zeigt die Möglichkeiten der Branche auf, Menschen zu verbinden und zu integrieren und durch die Schaffung von "Restaurant-Familien" Menschen Halt zu geben. Deepanker Khosla hat sein Restaurant Haoma in Bangkok in eine nachhaltig betriebene Suppenküche umgewandelt.

  • Destinationen

Mit den Plätzen eins für das Restaurant Noma und zwei für das Geranium auf der Liste der "50 Best Restaurants" steht fest: Dänemark ist der unangefochtene Kulinarik-Hotspot auf dem Globus. Dahinter rangiert Spanien als Kulinarik-Nation mit sechs Restaurants in den Top 50. Darunter Etxebarri im Baskenland auf Platz drei, Barcelonas Disfrutar als Nummer fünf sowie die ebenso im Baskenland befindlichen Restaurants Mugaritz auf Platz 14 und Elkano auf Platz 16. Auch aus den USA haben es 2021 sechs Restaurants in die Top 50 geschafft. Darunter Cosme in New York auf Platz 22 und das Benu in San Francisco auf Rang 28.

  • Fleischlose Ernährung

Die 28-jährige Food-Designerin Adelaide Lala Tam stellte bei einem Talk im Rahmen der Veranstaltung einen Automaten vor, der Patronenhülsen in Büroklammern verwandelt. Jede Klammer beziehungsweise Hülse steht für ein Tier, das zu Nahrungszwecken getötet wurde. Die Food-Designerin sieht Parallelen zwischen Büroklammern und Fleisch, da beide in unserer Wahrnehmung unendlich verfügbar seien. Ihr Argument: Konsumenten vergessen, dass hinter jedem Stück Fleisch ein Tier steckt, das dafür sterben musste. Weitere Argumente beim Talk: Wer sich nicht vorstellen könne, ein Tier zu töten, habe es auch nicht verdient, Fleisch zu essen. Die Erkenntnis aus der Veranstaltung: Vegetarische und vegane Ernährung wird in der internationalen Gastronomie in Zukunft noch relevanter.

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Diese zehn Lokale führen das internationale Ranking "The World's 50 Best" an:

1. Noma, Kopenhagen, Dänemark

2. Geranium, Kopenhagen, Dänemark

3. Asador Etxebarri, Atxondo, Spanien

4. Central, Lima, Peru

5. Disfrutar, Barcelona, Spanien

6. Frantzén, Stockholm, Schweden

7. Maido, Lima, Peru

8. Odette, Singapur, Singapur

9. Pujol, Mexiko-Stadt, Mexiko

10. The Chairman, Hongkong, China

Das Steirereck in Wien liegt als bestes Restaurant im deutschsprachigen Raum auf Platz zwölf. Birgit und Heinz Reitbauer wurde zudem der Hospitality Award für herausragende Gastlichkeit verliehen.

Das beste Lokal in Deutschland ist das Restaurant Tim Raue in Berlin (Platz 31), das Odette in Singapur schaffte es weltweit auf Platz acht, in Asien sogar auf Platz 1. Das beste Restaurant Südamerikas ist das Central in Lima (Platz 4). Dort war lange Zeit die Peruanerin Pia León Chefköchin, die nun als beste Köchin ausgezeichnet wurde. Bester Patissier wurde Will Goldfarb von Room4Dessert in Bali, bekannt unter anderem durch die vierte Staffel der Netflix-Serie Chef’s Table.

Pia León (rechts) wurde zur besten Köchin gekürt.
Foto: the world's 50 best ceremony

Das Lido 84 in Gardone Riviera, Italien, ist der höchste Neuzugang in der Liste (Platz 15), und The Chairman in Hongkong hat den Highest Climber Award erhalten. Das Lokal ist um 31 Plätze auf Platz zehn geklettert.

(Nina Wessely aus Antwerpen, 6.10.2021)