Über 150 Menschen protestierten drei Stunden lang vor dem Gorillas-Büro in Berlin.

Foto: Gorillas Workers Collective/Twitter

Essen liefern in nur zehn Minuten – das ist das Versprechen des Lieferdienstes Gorillas, der unter anderem in Deutschland aktiv ist. Ein möglicher Österreich-Start wurde Mitte Mai vom Start-up-Medium Trending Topics kolportiert – wobei man sich jedoch auf eine Jobanzeige bezog, welche inzwischen wieder offline ist. Indes kämpft das Start-up in den bestehenden Märkten mit allerlei Gegenwind, etwa mit Streiks und Protesten in der deutschen Hauptstadt Berlin.

So hat sich unter dem Namen "Gorillas Riders" eine Gruppe von Fahrern formiert, die sich laut eigener Website unter anderem für "pünktliche Gehaltszahlungen mit genauen Trinkgeldbeträgen" und "ordnungsgemäß desinfizierte Schutzausrüstung für Mitarbeiter zum Schutz vor Covid" einsetzt. Auch das Einhalten von arbeitsrechtlichen Vorschriften in den jeweiligen Ländern wird gefordert.

Streik als Grund für fristlose Kündigung

Auf Basis dieser Vorwürfe befinden sich das Gorillas-Management und die besagte Gruppe an Fahrern bereits seit Monaten im Dauerstreit, unter anderem wurden Blockaden vor Lagerhäusern errichtet. Nun wurden einige Fahrer fristlos gekündigt – der besagten Gruppierung zufolge handelt es sich dabei um praktisch alle Fahrerinnen und Fahrer der drei Lager in Berlin-Kreuzberg, Berlin-Mitte und Tempelhof.

In einem Bericht des Spiegel heißt es, dass man es mit den Kündigungen anscheinend sehr eilig hatte. Dem Magazin liegen zweiseitige Kündigungsschreiben vor, in denen es heißt, dass man das bestehende Arbeitsverhältnis "außerordentlich aus wichtigem Grund fristlos" kündige. Konkret genannt wird der "wichtige Grund" im Schreiben nicht. Teilweise wurden die Namen der betroffenen Personen falsch geschrieben.

In Gesprächen mit Fahrern erfuhr das Magazin jedoch, dass man den Personen telefonisch erklärt habe, dass "illegale Streiks" der Grund für die Kündigung seien. Auch das Unternehmen selbst bestätigt dies: Unangekündigte und nicht gewerkschaftlich getragene Streiks seien "rechtlich unzulässig", heißt es. Daher sehe man sich gezwungen, "das Arbeitsverhältnis mit denjenigen MitarbeiterInnen zu beenden, die sich aktiv an den nicht genehmigten Streiks und Blockaden beteiligt, den Betrieb durch ihr Verhalten behindert und ihre KollegInnen damit gefährdet haben", heißt es im Bericht des Magazins.

Fahrer gehen auf die Straße

Das Ergebnis dieser Vorgehensweise war, dass die Fahrer am Mittwoch erst recht auf die Straße gingen, um nicht nur gegen die bestehenden Arbeitsbedingungen, sondern auch gegen die fristlosen Kündigungen zu demonstrieren. Auch bei dieser Gelegenheit wurde nochmals betont, dass Gehälter angeblich zu spät oder gar nicht überwiesen werden, die Ausrüstung teils unzureichend und die Pausen zu kurz seien.

Von den Organisatoren des Protests heißt es, dass über 150 Menschen zu dem Protest erschienen seien. Nach drei Stunden habe sich jedoch niemand aus dem Management zu einem Gespräch gezeigt.

"Regen ist kein Grund für Streiks"

Das bedeutet allerdings nicht, dass das Management nicht auf die Anschuldigungen reagieren würde – ganz im Gegenteil: Anfang Juli wies man darauf hin, dass man um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Fahrerinnen und Fahrer bemüht sei und diese unter anderem mit regenfester Kleidung ausstatte. "Niemand mag Regen, wir verstehen das", heißt es dazu in einem Tweet: "Aber Regenfälle sind kein Grund für unauthorisierte Streiks."

Ebenfalls im Sommer hatte man sich bei dem streikenden Personal für das Engagement und die Verbesserungsvorschläge öffentlich bedankt. Niemand würde gefeuert werden, weil er streikt, hieß es damals dem Spiegel-Bericht zufolge noch in Interviews.

Intern wurden jedoch andere Töne angeschlagen, wie ein von den Streikenden veröffentlichter Screenshot eines firmeninternen Chats vom März dieses Jahres zeigt: Demnach wurde ein Fahrer gekündigt, weil er versucht hatte, sich gewerkschaftlich zu organisieren. (Stefan Mey, 7.10.2021)