Neos, SPÖ und FPÖ fordern den Rückzug des Kanzlers und wollen die Grünen von einem Misstrauensantrag überzeugen.

Foto: APA/HANS PUNZ

Wien – Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos haben geschlossen den Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgrund der Korruptionsermittlungen gefordert. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fragte in einer Pressekonferenz, was noch passieren müsse, bis er sein Amt niederlege: "Er kann es nicht mehr ausführen, ohne dass Österreich Schaden nimmt." In der türkisen ÖVP sei jeder Anstand verloren gegangen. Die Grünen würden jetzt die entscheidende Rolle spielen.

ÖVP habe "System der strukturellen Korruption" geschaffen

Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl und Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger finden Kurz nach den Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und in der ÖVP-Zentrale als Kanzler "untragbar" bzw. "amtsunfähig". Beide wollen mit den Grünen über das weitere Vorgehen sprechen bzw. einen Misstrauensantrag gegen Kurz im Nationalrat einbringen. Eine entsprechende Initiative kündigte auch die SPÖ an.

"Wir werden uns Gesprächen, deren Ziel es ist, im Interesse der Bevölkerung die politische Hygiene in Österreich wiederherzustellen und die Schäden, die unserem Land durch ein System der strukturellen Korruption durch die ÖVP entstanden sind, zu beheben, grundsätzlich nicht verschließen", meinte Kickl in einer Aussendung. Kurz sei nach den Hausdurchsuchungen "politisch handlungsunfähig". Dem FPÖ-Chef ist aber nicht ganz klar, worüber die Grünen reden wollen, "wenn sie selber nicht wissen, wie die Dinge zu bewerten sind".

Neos gegen Neuwahlen

Der Auftritt des Kanzlers in der "ZiB 2" am Mittwochabend sei jedenfalls "ein skurriler Beweis für fehlendes Problembewusstsein und eine Interpretation von Politik, die die Interessen der Partei über jene des Staates stellt", gewesen, meinte Kickl.

Auch Meinl-Reisinger zeigte sich von Kurz' Auftritt "erschüttert". Dieser erkenne offenbar nicht, "wie sehr seine sture Haltung 'Es ist ja nix passiert' dem Ansehen dieses Landes und dem Amt schadet". Und: "Für die Person gilt die Unschuldsvermutung, aber für das Amt die Amtsunfähigkeit. Es gibt eine klare Amtsunfähigkeit."

Neuwahlen lehnte die Neos-Chefin ab. Es stehe ja nicht der Nationalrat im Zentrum von Korruptionsermittlungen. Strukturell brauche es jetzt "eine Zusammenarbeit von Kräften, die gewillt sind, für einen Neuanfang zu arbeiten". "Ich habe ganz viel Fantasie, dass Österreich eine Zukunft auch ohne Sebastian Kurz haben wird." Ob sie sich auch eine Zusammenarbeit mit der FPÖ vorstellen könne, wollte sie nicht konkret beantworten.

Die Parteichefs der Opposition sind genauso wie jene der ÖVP und der Grünen am Donnertag und Freitag zu Gesprächen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in die Hofburg geladen. Die Termine sind nicht medienöffentlich. (APA, 7.10.2021)