Brustkrebs mit 25 – die Diagnose war für Martina Martinovic ein Schock. Doch die Therapie läuft gut. Und um einen möglichen späteren Kinderwunsch erfüllen zu können, ließ die Studentin Eizellen kryokonservieren.

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Martina Martinovic hat ihre Eizellen einfrieren lassen. Ausschlaggebend dafür war der November 2020. Die heute 25-Jährige hatte ein seltsames Gefühl in der Brust. Sie hatte Schmerzen auf beiden Seiten und dachte sich, da könne doch etwas nicht stimmen. Der Radiologe meinte, da sei nichts, und Krebs tue nicht weh. Sie habe eine Mastopathie, eine gutartige Veränderung der Brust, die im gebärfähigen Alter öfter auftrete. Und es sei normal, dass das vor der Regel schmerze.

Einen Monat später war die rechte Brust komplett blau, am 27. Jänner 2021 bekam die Studentin die Diagnose: Hormonrezeptor-positiver Brustkrebs. Eine Unzahl an Untersuchungen und Terminen, Behandlungsplanung und Chemotherapie folgten. Und während all das auf Martinovic einstürzte, meinte ihre Frauenärztin noch, sie solle sich um ihre Fruchtbarkeit kümmern. Denn die Chemotherapie kann die Keimzellen zerstören – womöglich könne sie dann keine Kinder mehr bekommen.

Also schob sie auch noch einen Termin in einem Kinderwunschinstitut ein. Denn auch wenn der Kinderwunsch nicht akut war, wollte sich die junge Frau die Möglichkeit, später eine Familie zu gründen, nicht zerstören.

Kinderwunsch mitdenken

Das Problem, mit dem sich Martina Martinovic konfrontiert sah, betrifft immer mehr Frauen. Denn (Brust-)Krebspatientinnen werden immer jünger – und viele haben ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Ist der Krebs hormonbedingt, wie das bei Brustkrebs häufig der Fall ist, bedeutet das Antihormontherapie als Teil der Heilung: Man wird zumindest fünf Jahre lang in eine Art künstlichen Wechsel versetzt, damit kein Östrogen und Progesteron mehr in den Eierstöcken gebildet wird – dann können natürlich auch keine Eizellen reifen.

Bei Martinovic kommt eine weitere Komponente dazu: Ihr Krebs ist genetisch bedingt – also jene Form, von der auch die Schauspielerin Angelina Jolie betroffen war. Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass die Eizellen nicht nur durch eine Chemotherapie potenziell geschädigt werden, sondern auch die Eierstöcke komplett entfernt werden müssen – weil sonst eine weitere Krebserkrankung droht.

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Um einen späteren Kinderwunsch zu erfüllen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Man macht nichts und überlässt es dem Schicksal, ob sich der Kinderwunsch erfüllt. Man kann sich einen Teil der Eierstöcke entfernen, tieffrieren und nach der Chemotherapie wieder rücktransplantieren lassen – diese Methode nennt sich Ovarian Tissue Banking. Das ist bei genetisch bedingtem Brustkrebs aber keine ideale Variante, da die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass der Krebs wiederkehrt. Man müsste die Prozedur womöglich mehrmals durchführen.

In der Kälte konservieren

Deshalb hat sich Martinovic für eine weitere Möglichkeit entschieden: die Kryokonservierung der Eizellen. Dafür werden nach einer hormonellen Stimulation, die mehrere Eizellen reifen lässt, möglichst viele entnommen, die dann bei minus 196 Grad Celsius in Stickstoff gelagert werden. Wenn nach abgeschlossener Therapie ein Kinderwunsch besteht, werden sie aufgetaut und können, so wie jede andere Eizelle auch, künstlich befruchtet werden.

Zumindest in Bezug auf die Kryokonservierung ist das Alter von Martinovic ein Vorteil. Mit 25 ist man noch jung, die Eizellen sind in diesem Alter von sehr guter Qualität – diese nimmt ja mit zunehmendem Alter ab. Eine spätere künstliche Befruchtung ist deshalb mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich.

Die Möglichkeit, bei Krebspatientinnen die Fruchtbarkeit zu erhalten, gibt es bereits seit dem Jahr 2004. Das ist unter anderem durch die großen Fortschritte in der Onkologie möglich, wie Kazem Nouri, ärztlicher Leiter der TFP-Kinderwunschklinik in Wien, betont: "Früher hat man von einer fünfjährigen Überlebenschance gesprochen, heute geht es um eine gute Lebensqualität. Dazu gehört auch die Familienplanung."

Finanzielle Unterstützung gefordert

Der Erhalt der Fruchtbarkeit ist auch deshalb so wichtig, weil Frauen ihr erstes Kind immer später bekommen. In den vergangenen 30 Jahren ist das Durchschnittsalter für die erste Schwangerschaft um zehn Jahre auf 31 gestiegen. Das bedeutet, betont Nouri, "dass viele Frauen erst mit Ende 30 oder 40 Jahren ihr erstes Kind bekommen, die statistische Wahrscheinlichkeit, dass man bis dahin eine Krebserkrankung bekommt, ist einfach gegeben."

Nouri empfiehlt Betroffenen, so schnell wie möglich mit einem Reproduktionsmediziner mit dem Spezialgebiet Oncofertility Kontakt aufzunehmen. Die Entnahme und Konservierung von Eizellen ist die optimale Methode, um die Chance auf eigene Kinder auch nach onkologischen Therapien aufrechtzuerhalten. Aber es gibt weitere fertilitätserhaltende Maßnahmen, je nach Ausgangslage berät man deshalb, welche die ideale ist oder ob man mehrere Methoden kombinieren sollte.

Hat man die beste Variante ausgewählt, kann man "die Eizellen dann gleich befruchten und einfrieren, wenn der Partner einverstanden ist", erklärt Nouri. Oder man konserviert die unbefruchteten Eizellen. "Wir bewahren auch bei Paaren immer unbefruchtete Eizellen auf, das funktioniert mittlerweile sehr gut. Es kommt vor, dass sich Paare trennen, die gesetzliche Lage ist aber so, dass eine bereits befruchtete Eizelle nur mit Einverständnis des Vaters eingesetzt werden darf. Sind noch unbefruchtete vorhanden, hat eine Frau nach einer Trennung immer noch die Möglichkeit, ein Kind zu bekommen."

Bezahlt wird die Eizellentnahme und -aufbewahrung von der Krankenkasse derzeit nicht – anders als ein Ovarian Tissue Banking. Der Preis für Stimulationsmedikamente, Eingriff, Einfrieren und Lagerung liegt aber im viertstelligen Bereich. Die Kinderwunschklinik hat Martinovic dabei unterstützt, über einen Fonds stellt sie die nötigen Medikamente kostenlos zur Verfügung. Doch sie fordert, gemeinsam mit anderen Reproduktionsmedizinern, dass Entnahme und Lagerung bei Frauen, bei denen das medizinisch notwendig ist, von der Kasse bezahlt werden sollen.

Hoffnung für die Zukunft

Martina Martinovic geht es mittlerweile wieder gut. Ihr Krebs wurde operiert, die Therapie ist erfolgreich, sie blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. Aktuell hat sich noch keinen Kinderwunsch, aber "ich wollte auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Ich hatte Angst, dass ich später einmal Kinder haben will und es dann nicht mehr möglich ist."

Bei der Studentin wurden 13 Eizellen in einem einzigen Stimulationszyklus gewonnen – für einen zweiten blieb vor der Chemotherapie keine Zeit mehr. Acht davon konnten tiefgefroren werden, die geben ihr nun Hoffnung: "Auch wenn es bei einer späteren künstlichen Befruchtung keine Garantie für eine Schwangerschaft gibt, ist es beruhigend zu wissen, dass ich alle Möglichkeiten genutzt habe, um vorzusorgen."

Martinovic möchte, dass mehr Frauen von dieser Möglichkeit wissen: "Ich möchte Frauen, die in einer ähnlichen Situation sind, Mut machen. So eine Diagnose bedeutet nicht, dass danach alle Türen verschlossen sind, gerade auch in Bezug auf einen Kinderwunsch. Ich wünsche mir aber auch, dass Frauen in solchen Situationen viel besser unterstützt werden, zum Beispiel indem die Krankenkassen die Behandlung übernehmen." (Pia Kruckenhauser, 8.3.2022)