Die Corona-Pandemie brachte einen wirtschaftlichen Stillstand. Das Vermögen privater Haushalte konnte dennoch wachsen. In Österreich besitzt jeder Mensch statistisch gesehen 63.590 Euro.

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Die Reichen werden reicher. Auch dann, wenn die Welt wegen des Corona-Schocks den Atem anhält. So geschehen ist es im Vorjahr. Während Lockdowns rund um den Globus die Weltwirtschaft zum Erliegen brachten, stieg das globale Geldvermögen um 9,7 Prozent und erreichte damit erstmals die Marke von 200 Billionen Euro – das sind 200.000 Milliarden Euro. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen "Allianz Global Wealth Report" hervor, der Geldvermögen und Verschuldung privater Haushalte in rund 60 Ländern analysiert.

Die Lockdowns haben demnach zwar die Konsumgelegenheiten weltweit drastisch reduziert. Gleichzeitig seien durch die Geld- und Fiskalpolitik ungeahnte Summen zur Unterstützung der Märkte und Menschen mobilisiert worden. Das Ergebnis davon: Frisch angesparte Gelder schnellten um 78 Prozent in die Höhe, Bankeinlagen weltweit stiegen erstmals zweistellig um 11,9 Prozent, und die Zuflüsse in Bankkonten verdreifachten sich nahezu. An den Börsen herrschte trotz Pandemie zumeist Jubelstimmung, dank derer auch die Vermögensklasse der Wertpapiere global um 10,9 Prozent zulegen konnte.

Haushaltsvermögen steigt

Auch in Österreich sind die Menschen reicher geworden. Das Pro-Kopf-Vermögen betrug im Vorjahr 63.590 Euro (Nettovermögen, also nach Abzug der Schulden). Damit ist das Geldvermögen privater Haushalte um 5,3 Prozent gewachsen. Hinter den Zahlen steht ein Rekordzuwachs von angesparten Geldern im Wert von 30 Milliarden Euro, wovon laut dem Allianz-Report allein 20 Milliarden Euro auf Bankkonten gelandet sind. Dort liegt es aber denkbar schlecht, weil es keine Zinsen mehr für Einlagen gibt und die steigende Inflation an der Kaufkraft des Kapitals knabbert.

"Das angesparte Kapital darf nicht von der Inflation aufgefressen werden", sagt Rémi Vrignaud, Chef der Allianz Österreich. Er regt an, sich über eine private Vorsorge Gedanken zu machen. Vrignaud sieht hier auch die Politik gefordert, vor allem, wenn es um nachhaltige Investitionen und die grüne Transformation geht. "Es braucht steuerliche Anreize für ökologische und sozialverträgliche Investitionen", sagt der Allianz-Chef und nennt als Beispiel eine Steuerfreiheit für nachhaltig veranlagte Lebensversicherungen. Das würde auch das staatliche Pensionssystem entlasten und sich zudem positiv auf die Bereiche Umwelt- und Klimaschutz auswirken.

Engagement am Kapitalmarkt positiv

Dass sich erstmals seit der Finanzkrise wieder mehr Menschen an den Kapitalmarkt wagen, bewertet Vrignaud positiv. Mit sieben Milliarden Euro entsprach das Volumen den Investitionen der vergangenen sechs Jahre zusammengenommen.

Erstmals seit drei Jahren sind im Vorjahr die privaten Geldvermögen in den Schwellenländern wieder stärker gewachsen (plus 13,9 Prozent) als in den Industrieländern (plus 10,4 Prozent). Das Auseinanderdriften von ärmeren und reicheren Ländern konnte damit vorerst gestoppt werden, doch dürfte diese Trendumkehr nicht von Dauer sein. Denn die langfristigen Folgen der Pandemie – zu wenig Impfstoff in vielen Regionen, Lieferkettenprobleme oder schleppende digitale und grüne Transformation – treffen vor allem die ärmeren Länder.

Zudem laufen in vielen Ländern die umfangreichen Sozialtransfers aus, die eine Vergrößerung der Vermögenskluft in der Pandemie verhindert hatten. Der Verlust von Millionen Arbeitsplätzen nach Ende der Staatshilfen werde ebenso spürbare Folgen nach sich ziehen wie die pandemiebedingten Beeinträchtigungen im Bildungserwerb. "Das allmähliche Verschwinden der Mittelklasse ist nur vorübergehend gestoppt", heißt es im Report. (Bettina Pfluger, 7.10.2021)