Hanns Hörbiger wurde am 29. November 1860 in Atzgersdorf (damals Niederösterreich) geboren und verstarb am 11. Oktober 1931 in Wien-Mauer. Von seinen vier Söhnen, Hans Robert, Alfred, Paul und Attila, wurden die beiden jüngeren Schauspieler. Attila Hörbiger heiratete Paula Wessely, die "bedeutendste Schauspielerin des 20. Jahrhunderts", so Georg Markus in seinem Buch "Die Hörbigers – Biografie einer Familie". In seinem Brotberuf war Hanns Techniker. "Als junger Ingenieur ließ er sich die bahnbrechende Erfindung des 'ersten reibungsfrei geführten Stahlplattenventils' patentieren, das als revolutionäre Innovation einen nicht unbedeutenden Anteil am Aufbau der modernen Industriegesellschaft hatte", so Markus, der auch die Anfänge seiner Leidenschaft für Astronomie nennt. "Hanns Hörbiger hatte schon als dreizehnjähriger Realschüler sein Bett in den Garten geschoben, um 'Himmelsbeobachtungen' anzustellen. Seine Forschungen führten ihn in späteren Jahren zu der Ansicht, dass eine riesige Eisschicht der Ursprung der Erde gewesen sei."

Schlüsseljahr 1894: Hörbiger-Ventil und neues Weltbild

Die von ihm erfundenen Stahlplattenventile wurden in Kolbengebläsen, Kompressoren und Vakuumpumpen eingesetzt und verbesserten deren Wirksamkeit. Hörbiger verminderte die bewegte Ventilmasse und konnte durch "vollständige Ausschaltung der Führungsreibung den bestehenden Uebeln" Abhilfe schaffen ("Neue Freie Presse" vom 6. September 1929). Weiter im O-Ton: "Das Hoerbiger-Ventil, dessen wichtigstes Element eine geschätzte federnde Ringplatte darstellt, hat sich im Sturmschritt das Vertrauen der maßgebendsten Maschinenbauer erworben und wird heute von den größten Werken aller Länder in weitestem Maße verwendet." Unterlagen dazu befinden sich im Archiv des Technischen Museums in Wien.

So innovativ und Dank der Patente auch einträchtig diese Innovation war, schrieb er sich mit dem von ihm – übrigens zeitgleich mit dem Ventil im Jahr 1894 – entworfenen Weltbild seiner "Glacial-Kosmogonie", der Welteislehre (WEL), in die Bücher der Wissenschaftsgeschichte ein und erreichte internationale Bekanntheit. Auf sein Briefpapier ließ er "Ing. H. Hörbiger, Privat-Astronom. Constructeur, Mauer bei Wien" drucken.

Hanns Hörbiger (1860–1931), genialer Erfinder und Begründer der Welteislehre.
Quelle: Technisches Museum Wien
Eine Suite der erfolgreichen Hörbiger-Ventile in den Sammlungen des Technischen Museums.
Quelle: Technisches Museum Wien

1913: "Hörbigers Glacial-Kosmogonie" erscheint

Dank Philipp Fauth (1867–1941), Volksschullehrer und ebenfalls Astronom, erreichten Hörbigers Thesen weite Verbreitung. Fauth war es, der Hörbigers Ideen, "mit eigenen Erfahrungen gestützt", in dem 722-seitigen Werk mit 212 Abbildungen herausgab. Der Untertitel "Eine neue Entwicklungsgeschichte des Weltalls und des Sonnensystems" zielte auf eine Erklärung der Welt ab. "Wir werden im Rahmen der Glacialkosmogonie ein ganz wunderbares Gefüge kennen lernen, das uns nach vor- und rückwärts befriedigt und sogar ungeheuer weit gehende Aussichten eröffnet, ohne daß wir nötig hätten, wie Kant oder Laplace, willkürliche Annahmen zu machen". Wen wundert nach so viel Selbstbewusstsein ein paar Zeilen weiter nachfolgender Satz: "Die Glacialkosmogonie möge also das neue Evangelium sein." Es folgen vier Thesen, als Eckpfeiler der Theorie.

  • Erste These: "Eis gravitiert im Weltraum und stürzt in die Sonne."
  • Zweite These: "Zweifel […] an der Giltigkeit [sic!] der reinen Newtonschen Gravitationsformel auf größte Entfernungen, also auf Sternweiten."
  • Dritte These: Forderung der "Existenz eines Ätherwiderstandes, den die im Raume bewegten Körper empfinden."
  • Vierte These: Sie "leugnet, daß es im Weltraume Wärmestrahlung gebe."

Ablehnung durch Wissenschafter

Naturgemäß wurde das Buch von der Fachwelt rezensiert. Wilhelm Petrascheck (1876–1967) war, als das Buch 1913 erschien, Geologe an der k. k. Geologischen Reichsanstalt (heute Geologische Bundesanstalt, GBA) mit Spezialgebiet Kohlengeologie. 1918 folgt er einem Ruf als Professor nach Leoben an die damals Montanistische Hochschule (heute Montanuniversität), wo er es bis zum Rektor brachte. "Es ist ein Buch, das an Originalität nichts zu wünschen übrig läßt. Es zeugt von einer nicht gewöhnlichen Belesenheit der Verfasser, die eine Fülle astronomischer, meteorologischer und geologischer Fragen unter neuen Gesichtspunkten, bei denen das Eis eine hervorragende Rolle spielt, zu behandeln suchen."

Freilich, wenn er hier aus dem Buch zitiert, wonach ein Kohleflöz innerhalb eines Tages entstanden sein soll, dann widerspricht diese These der Lehrmeinung der Inkohlung, die sich über lange Zeiträume erstreckt. Petrascheck resümiert: "Was jedoch über Geologie und Lagerstätten ausgeführt wird, kann nur als Spekulation behandelt werden, wie sie ohne jede Naturbeobachtung am Schreibtische und an der Hand einer mitunter selbst fragwürdigen Literatur zustande kommen kann. … Es [= das Buch] wird in Kreisen der Montanisten wenig Verwirrung anrichten können, da hier Tatsachen und Beobachtungen höher eingeschätzt werden als Spekulationen."

Auf Seite 305 seiner Glacial-Kosmogonie von 1913 blickt Hörbiger auch in die geologische Zukunft.
Foto: GBA

Hörbigers Suche nach Anerkennung

Im Exemplar von Hörbigers Glacial-Kosmogonie der Geologischen Bundesanstalt (GBA) mit der Signatur 16915,80 sind hinten und vorne Briefe Hörbigers eingeklebt – eindrucksvolle Dokumente seines Wunsches nach Anerkennung durch Gelehrte. Dazu die Wissenschaftshistorikerin Christina Wessely: "Bereits unmittelbar nach seiner 'Entdeckung' begann Hörbiger mit der Popularisierung der Welteislehre, zu Beginn hauptsächlich in Form von brieflicher Netzwerkarbeit." Hörbiger schickte Briefe und lange Texte an prominente Naturwissenschafter, darunter auch an Eduard Suess (1831–1914), Professor für Geologie an der Universität Wien und ab 1898 Präsident der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Der vordere Brief vom 21. März 1917 ist an Franz Eduard Suess (1867–1941), Sohn von Eduard Suess, adressiert. Franz Eduard war ab 1911 als Geologe an der Universität Wien am Ordinariat seines Vaters. Am 30. März 1917 hatte er bei der Geologischen Gesellschaft einen Vortrag über "Vulkangestalten der Erde und des Mondes" angekündigt. Hörbiger, ebenfalls Mitglied der Gesellschaft, wollte sich schon vorab das Wort sichern: "Würden Sie vielleicht die Güte haben, mich nach ihrem Vortrag als Gegner der plutonistisch-selenologischen Mondauffassung zu Worte kommen zu lassen. Es dürfte das vielleicht zu einer fruchtbaren Diskussion Veranlassung bieten. Nur möchte ich nicht gerne als Eindringling oder absichtlicher Nörgler aufgefaßt werden, sondern als ehrlicher Andersmeinender." Suess wusste von dem Buch. "Wenn sie sich gefälligst erinnern wollen, habe ich im Frühjahr 1913 als langjähriges Mitglied der Geologischen Gesellschaft Ihnen, sehr geehrter Herr Professor, als den damaligen Präsidenten unser durch den beifolgenden Prospekt gekennzeichneten Werk pflichtschuldigst unterbreitet, was Sie mir ja auch gefl. bestätigten", ob er es je las, wissen wir nicht.

"Zeitökonomisches Leseprogramm" für Fachexperten

Der hintere Brief folgte drei Jahre später (10. März 1920) und war an den Direktor der GBA, damals Geologische Staatsanstalt, Georg Geyer, gerichtet. Wieder ging es um Vorträge. Hörbiger bat Geyer ("Herr Regierungsrat") um "gütige Teilnahme" an zwei "kosmotechnischen Vorträgen über Steinkohlenflötz-Entstehung". Datum: 18. März und 15. April 1920; Ort: Eschenbachgasse 9, die Adresse des Ingenieur- und Architektenvereins. Hörbiger selbst spricht hier über seine Theorien als "geologische Ketzereien". Er hatte noch sechs weitere Geologen der Geologischen Staatsanstalt angeschrieben. Er scheute auch nicht "Herrn Regierungsrat noch ganz ergebenst [zu bitten], wenigstens bei diesen Herren Geologen ein geneigtes Wort für meine Ketzereien einzulegen, falls sie unsere Veranstaltung nicht selbst durch ihre Gegenwart auszeichnen wollen."

Doch damit nicht genug. Hörbiger gab dem Direktor noch Hausaufgaben. Geyer möge sich "doch gütigst der Mühe unterziehen" und in seinem Buch, das er der Bibliothek am 9. April 1913 (Eintrag im Buch) geschenkt hatte "nach beifolgendem zeitökonomischen Leseprogramm den geologischen Teil vorurteilsfrei durchnehmen." Geyer sollte als informierter Zuhörer kommen, allenfalls hatte Hörbiger noch ein anderes Anliegen. "Zumindest wollen Herr Regierungsrat die Güte haben und das beilfolgende Leseprogramm in das dortige Hauptwerk vorne einkleben lassen, damit der etwaige geologische Leser sofort zu dem ihm näher liegenden geologischen Kapitel gelangt."

"Zeitökonomische Leseprogramme" sollten der Leserschaft leichtere Zugänge verschaffen.
Foto: GBA

Geyer hatte die Güte und ließ nicht nur die hektographierten "Zeitökonomischen Leseprogramme" für den geologisch, den meteorologisch, kosmologisch und biologisch interessierten Leser, sondern auch Hörbigers Brief in das Buch einkleben.

Hörbiger gab wie ein Schullehrer einen genauen Plan vor, wo der jeweils beste Einstieg und der weitere Lesefluss zu gestalten sei. Zu guter Letzt empfahl er dem "geologisch gerüsteten technischen Leser" noch ein "Raumvorstellungsexperiment", dies sollte – so die Idee des Ingenieurs – keineswegs im Geiste, sondern "mit Stangenzirkel und Maßstab am Fußboden eines großen Saales durchgeführt" werden.

1920: Professionelles Marketing durch die "Kosmotechnische Gesellschaft"

Mit der Gründung der Kosmotechnischen Gesellschaft (1920) professionalisierte Hörbiger die Verbreitung seiner nunmehr schon 25 Jahre alten Theorie. Konnte er bislang die arrivierten Wissenschafter nicht für seine These begeistern, sollte nun die gut organisierte Kosmotechnische Gesellschaft (Universitätsstraße 11) die breite Öffentlichkeit erreichen. Dazu kam, quasi als Medienpartner, der deutsche Voigtländer-Verlag, der eine Reihe von populären Schriften, darunter "Welteis und Welteisentwicklung" (1926) herausgab, die offenbar ihre Wirkung nicht verfehlten. Auch der Schriftsteller Hermann Bahr (1863–1934) fand über diese Schriften Zugang zu Hörbigers Weltbild. Er, "blutiger Laie" in Sachen Naturwissenschaften, schreibt: "… meine mathematische Begabung reicht nicht einmal fürs Einmaleins völlig. Hier aber ist Anschauung! Hier fühle ich die Schauder urlebendiger Vision! Und unwillkürlich erklingt es mir: "Hier bist du an geweihtem Ort!" Weiter bei Hermann Bahr: "Die Phantasie, von der Kunst zurzeit ausgesperrt, wird offenbar einstweilen bei der Wissenschaft gastlich einquartiert." ("Tagebuch" von Hermann Bahr; "Neues Wiener Journal" vom 23. März 1924).

Die Schriften des Voigtländer Verlages führten maßgeblich zur Verbreitung von Hörbigers Welteislehre.
Foto: GBA

Freilich vergaß Hörbiger nicht, sich dementsprechend zentral zu positionieren, so Wessely: "Im Mittelpunkt der Popularisierungstätigkeiten stand Hörbiger selbst, der […] zum Hauptdarsteller seiner eigenen, selbst inszenierten Wissenschaftsgeschichte wurde." Hörbiger ließ Fotos und Autogrammkarten drucken und Medaillen mit seinem Porträt herstellen. Er wusste, dass er damit nicht den akademischen Gepflogenheiten folgte, vielmehr konnte Hörbiger, nicht zuletzt durch sein Charisma, bei der breiten Masse reüssieren und begann neben "quasi-religiöser Weltanschauung", auch politische Dimensionen anzunehmen. "[…] die massive Ablehnung Hörbigers wurde zunehmend in einem deutschnationalen und antisemitischen Kontext verhandelt", sagt Wessely. Wenn die Welteislehre später in weiten Kreisen des Nationalsozialismus Anhänger fand, so war sie – so Wessely – "keineswegs in erster Linie Ideologie im Gefolge des Nationalsozialismus, wenngleich sie in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielte."

Im Rückblick zeigt sich, wie ein charismatischer, nimmermüder Mensch im 20. Jahrhundert seine Ideen abseits gängiger Lehrmeinungen mit einem geschickt agierenden Netzwerk über die Faszination der breiten Öffentlichkeit zu positionieren versuchte, um die Welt neu zu erklären.

Wer mehr wissen möchte, ist beim Technischen Museum in Wien richtig: "Wir haben die gesamte Bibliothek, mehrere hundert Bücher, und das Archiv des Instituts für Welteislehre, 330 Ordner, bei uns im Haus", sagt Carla Camilleri, Leiterin von Archiv und Bibliothek. (Thomas Hofmann, 11.10.2021)