Gergely Karácsony (li.) tritt zugunsten von Péter Márki-Zay (re.) einen Schritt nach hinten.

Foto: APA / AFP / Attila Kisbenedek

Der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony hat im Rennen um die gemeinsame Spitzenkandidatur der Opposition bei den Parlamentswahlen 2022 das Handtuch geworfen. "Ich beende meine Kampagne und rufe alle Menschen, Parteien und Organisationen, die mich unterstützen, dazu auf, ihre Stimme Péter Márki-Zay zu geben", erklärte er am Freitagvormittag bei einem Medienauftritt am Donauufer vor dem Parlament.

Am Sonntag beginnt die zweite Runde der von sechs Oppositionsparteien organisierten Vorwahl, die zur Kür jenes Kandidaten oder jener Kandidatin führen soll, der oder die im nächsten April den seit zwölf Jahren herrschenden Rechtspopulisten Viktor Orbán herausfordern wird. Qualifiziert wären die drei Erstplatzierten der ersten Runde. Nach dem Verzicht des Zweitplatzierten Karácsony (27 Prozent) sind das die Sozialdemokratin Klára Dobrev (34 Prozent) und der bürgerliche Parteilose Márki-Zay (20 Prozent). Abgestimmt werden kann bis zum Samstag in einer Woche.

Siegerin mit Manko

Mit über 630.000 Teilnehmern hatte die erste Runde alle Erwartungen übertroffen. Entschieden wurde dabei bereits über die gemeinsam unterstützten Direktkandidaten in den 106 Einzelwahlkreisen. In den meisten Wahlkreisen – 32 an der Zahl – gewann die Demokratische Koalition (DK), der Dobrev angehört. Ausschlaggebend für den am Ende überraschenden Ausstieg Karácsonys waren die als eher gering eingeschätzten Aussichten, dass das Oppositionsbündnis mit Dobrev als Spitzenkandidatin Orbán und seine Fidesz schlagen können würde.

Der sozialdemokratischen Europaabgeordneten hängt nämlich das Manko an, mit Ferenc Gyurcsány verheiratet zu sein. Dieser führt noch dazu die DK an. Gyurcsány war von 2004 bis 2009 Ministerpräsident. Seine fraktionsinterne "Lügenrede", in der er einräumte, die Wähler belogen zu haben, löste im Herbst 2006 von der Rechten provozierte Straßenunruhen aus. Unabhängig davon, was damals in welchem Kontext gesagt wurde, ist Gyurcsány bis heute für ein bedeutendes Segment des Lagers der Orbán-Gegner unwählbar.

Bewährter Fidesz-Schreck

Karácsony sah sich deshalb veranlasst, abzuschätzen, wer die besseren Chancen hätte, Dobrev in der zweiten Vorwahlrunde zu bezwingen: er als urbaner Linksgrüner oder der kernig-konservative Márki-Zay.

Der Parteilose hatte 2018 mit der Unterstützung eines breiten Oppositionsbündnisses in der südostungarischen Kleinstadt Hódmezövásárhely, bis dahin eine Fidesz-Hochburg, überraschend die Bürgermeisterwahl gewonnen. Ihm wird am ehesten zugetraut, enttäuschte Wähler der Partei auf dem Land auf die Seite der Opposition zu ziehen. (Gregor Mayer aus Budapest, 8.10.2021)