Der "Festival Tycoon" des Österreichers Johannes Gäbler hat noch viel Potenzial.

Das Nova Rock 2017: Leichter Regen bedeckt die schlammigen Pannonia Fields, während Linkin Park ihr aktuelles Album "One More Light" zum Besten geben. Um sich am Festivalgelände zu orientieren, macht sich der TU-Student Johannes Gäbler auf die Suche nach einer Übersichtskarte. Die Karte des Geländes erinnert ihn stark an ein Management-Spiel. Und er fragt sich: "Gibt es eigentlich ein Managementspiel für Festivals?"

So oder so ähnlich muss es 2017 in Gäblers Kopf geklungen haben, als er sich dazu entschied, "Festival Tycoon" zu entwickeln. Das charmante Indie-Spiel ist nach gut anderthalb Jahren Entwicklungszeit im Early Access auf Steam zu haben. Was steckt in "Festival Tycoon", hat die Idee Potenzial und macht Party-Managen überhaupt Spaß? DER STANDARD hat das Spiel getestet.

Festival Tycoon

Festivals in Kinderschuhen

Für eine Early-Access-Version gibt es gleich zu Anfang einiges zu sehen und erforschen. Erstmal gilt es, einen Namen für die eigene Veranstaltungsfirma zu finden und sich eines von drei möglichen Festivalgeländen auszusuchen. Als Management-Neuling wagt man sich erstmal an die kleinste der drei Optionen. Dank des simplen und verständlichen Tutorials weiß man binnen weniger Minuten, was zu tun ist: Ein Eingang muss platziert, Campingareale wollen zugeteilt und Essensstände errichtet werden.

Anschließend kümmert man sich noch um Plumpsklos, damit die Besucherinnen und Besucher sich nicht im Wald erleichtern müssen. Auf der kleinsten Karte stößt man recht schnell an seine Grenzen. Platz für VIP-Areale oder Buffets für Bandmitglieder bleibt neben Geldautomaten, Fotoständen und Beleuchtung kaum noch.

Die Becher bitte in den Mistkübel

Wer schon einmal auf einem Festival war, der weiß, dass es beizeiten recht chaotisch und wild zugehen kann. Ganz zu schweigen vom Schmutz, den eine feierwütige Partymeute hinterlassen kann. Darum gilt es sich zu kümmern. Zelte für Reinigungspersonal benötigen zwar einiges an Raum, machen sich allerdings bezahlt. Schmutzige Festivals bringen der eigenen Veranstaltungsfirma schnell negative Tweets ein. Die Reputation des Festivals kann man übrigens in Echtzeit verfolgen. Das ist ein nettes kleines Gimmick am Rande.

Foto: Johannes Gäbler

Wer sich dazu entscheidet, auf dem Gelände alkoholische Getränke zu verkaufen, sollte sich ebenfalls überlegen, Securitys einzustellen. Alkohol steigert zwar die Freude der Feiernden, führt aber auch zu der einen oder anderen Schlägerei. Ohne Sicherheits- und Gesundheitspersonal gerät die Veranstaltung so schnell aus dem Ruder.

Ohne Geld gibt's keine Party

Wer ein unvergessliches Festival veranstalten will, benötig vor allem Geld. Die eigene Kasse wird nach den ersten Vorbereitungen allerdings ziemlich rasch leer sein. Sponsoren müssen also her. Zur Auswahl stehen einige fiktive Firmen (deren Namen allerdings nach Wunsch verändert werden können). Jede Firma bietet eine unterschiedliche Menge Geld an, möchte im Gegenzug aber natürlich auch etwas dafür.

Foto: Johannes Gäbler

So soll der Name der Firma im besten Fall auf dem Festivalgelände präsent sein: gleich am Eingang, auf der Bühne oder auf klassischen 20-x-20-Meter-Transparenten. Ist ein gewisser Wert an "Sponsorenpunkten" überschritten, ist der Kooperationspartner zufrieden. Manchmal muss man zusätzlich noch Extrawünsche erfüllen. Wenn die seriöse "Blabla Investmentbank" beispielsweise nicht mit Straßenmusik in Verbindung gebracht werden möchte, sollte man es sich zweimal überlegen, bevor man die Hip-Hop-Gruppe StreetStylerz für die Mainstage bucht.

Um 20:00 spielt Ralf Kambodscha

Auch die dutzenden fiktiven Bands dürfen nach eigenem Ermessen umbenannt werden. Die Acts sind nach verschiedenen Genres unterteilt: Derzeit stehen Hip-Hop, Rock, Folk, Metal, EDM und Techno zur Auswahl. Ähnlich wie bei der Sponsorensuche sollte man auch bei der Bandauswahl darauf achten, wen man sich auf die Bühne holt. Passen die Musikrichtungen zueinander? Sind die Bands bekannt genug? Was wollen die einzelnen Bandmitglieder? Während unbekannte Garage-Rock-Newcomer eher bescheiden an das eigene Festival herangehen, sind Superstars wie Six Toes Life Slap anspruchsvoller.

Festival Tycoon

Ohne Maske, Buffet, separaten Eingang, Greenroom und Backstage-Bus werden einige Höhenflieger schon mal stinkig. Unzufriedene Bandmitglieder liefern keine gute Show ab, was einen wiederum im eigenen Festivalranking sinken lässt.

Beim Erstellen des Timetables sind manche Künstlerinnen und Künstler ebenfalls streng. Die Headliner des Festivals spielen teilweise kein Konzert vor 19 Uhr, und manche wollen auf keiner Bühne performen, wenn die Punkband Death 2 All Of You ebenfalls auftritt.

Musik, Spaß und Schlägereien

Sobald das Festival startet, können keinerlei Gebäude mehr errichtet, verschoben oder zerstört werden. Die Party nimmt ihren Lauf. Einzig die Reinigungskräfte, das Sicherheitspersonal oder auch die Sanitäter dürfen manuell auf der Karte bewegt werden, um Schmutz aufzusammeln, Betrunkene zu behandeln oder Prügeleien aufzulösen.

Foto: Johannes Gäbler

Das ist auch bitter nötig, denn sobald die Party endet, lesen wir Tweets über unsere Veranstaltung. Bands und Sponsoren geben eine Bewertung ab, und wir zählen unsere Einnahmen. Sind alle zufrieden, freuen wir uns im besten Fall noch über ein Plus auf dem Konto und planen schon den nächsten Event.

Ambiente ist alles

"Festival Tycoon" präsentiert sich im charmanten Blocklook. Der generelle Stil des Spiels überzeugt und überrascht mit viel Liebe zum Detail. Die Bands spielen unterschiedliche Musikstücke, die je nach Genre anders klingen, und beizeiten kann man die Besucherinnen sogar beim Flunkyball-Spielen erwischen. Die musikalische Untermalung ist stimmig, das Gameplay spaßig motivierend, und die verfügbaren Gebäude sind originell.

Nach dem Festival ist vor dem Festival

Nachdem man immer größere, imposantere und luxuriösere Feste feiert, kehrt nach einigen Spielstunden der Early-Access-Kater ein. Bald sind alle Möglichkeiten erschöpft, und auch der letzte Zuschauer twittert zufrieden. Allein die Jagd nach dem Highscore bleibt. Das ist aber nicht schlimm. Das Spiel befindet sich in einem frühen Status, und für ein beinahe komplettes Ein-Mann-Projekt kann sich "Festival Tycoon" wirklich sehen lassen.

Foto: Johannes Gäbler

Johannes Gäbler hat viel mit seinem kleinen charmanten Spiel vor. Erst vergangenen Mittwoch wurde eine Roadmap für den weiteren Entwicklungsprozess veröffentlicht. So kommt Ende Oktober ein "Oktoberfest"-Update, das hoffentlich Bierzelte und Schlagermusik integriert. Wer will da noch zu EDM abgehen? (Maximilian Leschanz, 10.10.2021)