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Maria Ressa gründete das philippinische Portal "Rappler".

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Der Friedensnobelpreis 2021 geht an die Journalisten Maria Ressa und Dmitri Muratow. Die Gründerin des philippinischen Nachrichtenportals "Rappler" und der ehemalige Chefredakteur der unabhängigen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta" erhalten die mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotierte Auszeichnung "für ihre Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden ist", begründete das Osloer Nobel-Komitee am Freitag seine Entscheidung.

Zwar waren zuletzt immer wieder Organisationen wie Reporter ohne Grenzen oder das Komitee zum Schutz von Journalisten als potenzielle Favoriten gehandelt worden, dennoch ist die Vergabe an Ressa und Muratow eine Überraschung. Man muss weit in der Geschichte zurückgehen, um einen Journalisten zu finden, der für seine Tätigkeit mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Im Jahr 1936 war es Carl von Ossietzky, der rückwirkend den Preis von 1935 zugesprochen bekam. Dem von den Nazis gefangen gehaltenen Ossietzky half die Ehrung nichts, er starb zwei Jahre später an den Folgen von Folterungen und der Tuberkulose, die er sich im KZ zugezogen hatte.

Ressa und Muratow sind die ersten Staatsbürger ihrer Länder, die den Friedensnobelpreis erhalten. Vor Muratow wurden zwar der Menschenrechtler Andrei Sacharow und Präsident Michail Gorbatschow ausgezeichnet – aber als Bürger der Sowjetunion. Geld aus Gorbatschows Nobelpreis half 1993 der Gründung der "Nowaja Gaseta".

Dmitri Muratow leitete viele Jahre die "Nowaja Gaseta".
Foto: imago images

Immer wieder hatte das Blatt mit Anfeindungen, Drohungen und Gewalt zu kämpfen. "Igor Domnikow, Juri Schtschekotschichin, Anna Politkowskaja, Stas Markelow, Anastassija Baburowa, Natascha Estemirowa – das sind die Menschen, die heute den Friedensnobelpreis bekommen haben", erinnerte Muratow an die ermordeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Aufdecker von Korruption

Der 59-jährige Mitgründer der Zeitung leitete sie zwischen 1995 und 2017 als von der Redaktion gewählter Chefredakteur und machte sie zum führenden Blatt für investigativen Journalismus in Russland. Die "Nowaja Gaseta" ist bekannt für die Aufdeckung zahlreicher Korruptionsskandale und kritische Berichte über die Tschetschenienkriege und über die Verfolgung sexueller Minderheiten.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gratulierte am Freitag dennoch artig: Dmitri Muratow sei seinen Idealen verpflichtet und arbeite konsequent. "Er ist talentiert und mutig", kommentierte Peskow die Auszeichnung.

Auch Rappler hat sich nicht gescheut, sich mit den Mächtigen anzulegen. Ressa gilt als eine der lautesten Stimmen gegen den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte, der für sein brutales Vorgehen gegen die Drogenkriminalität heftig kritisiert wird. An die zwanzig Verfahren hat das Regime Dutertes gegen Ressa und "Rappler" angestrengt, von Vorwürfen der Steuerhinterziehung bis zu einem Vorwurf der Verleumdung. Das Nobel-Komitee habe realisiert, dass "eine Welt ohne Fakten eine Welt ohne Wahrheit und Vertrauen bedeutet", erklärte Ressa. 2018 wurde sie vom "Time"-Magazin gemeinsam mit anderen Journalisten zur Person des Jahres erklärt. (Michael Vosatka, André Ballin, 9.10.2021)