Geschickt und konsequent hat er sich an die Spitze der ÖVP und ins Kanzleramt manövriert: Sebastian Kurz.

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Sebastian Kurz hat bisher zwei Regierungskoalitionen gesprengt (2017 Rot-Schwarz, 2019 Türkis-Blau), eine dritte (Türkis-Grün) will er nicht auch noch sprengen, daher zieht er die Karte aus dem Ärmel: Ich trete – befristet – beiseite, für mich übernimmt ein treuer Gefolgsmann die Vertretung.

Man könnte Kurz jetzt allmählich den Spitznamen "Tricky Sebastian" geben. Geschickt und konsequent hat er sich an die Spitze der ÖVP und ins Kanzleramt manövriert, hat den Ibiza-Skandal seines Partners FPÖ für sich genutzt, die Abwahl durch das Parlament weggesteckt und einen neuen Partner in den Grünen gefunden. Dann geriet er massiv ins Schleudern durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und den Abfall des grünen Partners. Nun versucht er es mit einem Manöver, das Kanzleramt formal an den treuen Außenminister Alexander Schallenberg abzugeben. Kein Zweifel, dass er davon ausgeht, aus dem nicht so hintergründigen Hintergrund die Fäden ziehen zu können. Trivialwissen: Der neue Kanzler Alexander Graf Schallenberg ist der erste Aristokrat im Amt des Bundeskanzlers seit 1945 (die Adelstitel sind abgeschafft, aber …).

Sebastian Kurz gibt jedenfalls nicht so leicht auf, das erweist sich immer wieder aufs Neue. Ob das allerdings auf die Dauer gut geht, ob der junge Politiker tatsächlich einmal triumphal zurückkehren wird, ist die Frage. Die Erfahrung lehrt: Mit Kurz gibt es keine Ruhe und keinen Frieden, Tricky Sebastian ist der Garant für wiederkehrenden Krach. (Hans Rauscher, 10.10.2021)

Die Rücktrittsrede im Video.
DER STANDARD/APA