Kurz stand sie auf wackligen Beinen, nun kommt doch alles wie geplant. Mit der Fortführung der türkis-grünen Koalition soll bald auch die vor mehr als einer Woche präsentierte Steuerreform umgesetzt werden. Deren Eckpunkte sorgten nach der Präsentation für Kritik, allen voran in Sachen Klimaschutz. Nun hat auch das Grazer Wegener Center das Paket analysiert. Das Fazit der Klimaexperten: Der CO2-Einstiegspreis ist zu niedrig, der Klimabonus belohne Niedrigeinkommen – also Menschen mit geringerem CO2-Fußabdruck.

Durch die geplante CO2-Bepreisung wird Sprit teurer. Experten rechnen mit einem kurzfristigen Rückgang im Verkehr, der aber schon bald wieder verpuffen dürfte.
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Zur Erinnerung: Geplant ist ein CO2-Preis von 30 Euro je Tonne ab Juli 2022, bis 2025 soll er auf 55 Euro steigen. Der Preis sei aus volkswirtschaftlicher Sicht "deutlich zu niedrig", heißt es in der Einschätzung. Zudem würde er nicht alle Treibhausgase betreffen und ebenso wenig alle bislang von Regulierungen ausgenommenen Bereiche – wie etwa die Landwirtschaft. Aus Sicht des Ökonomen Karl Steininger, einer der Mitautoren, hätte der CO2-Preis dort starten sollen, wo er gegen Ende landet: also zwischen 50 und 60 Euro.

Im Vergleich niedrig

Im europäischen Vergleich ist der Preis dürftig. In Schweden etwa wurde bereits 1991 ein CO2-Preis eingeführt, der mittlerweile bei rund 118 Euro je Tonne liegt. Nach Angaben der Klimaexperten konnte das nördliche Land seine Emissionen seither um rund 28 Prozent reduzieren – bei einem stärkeren Wirtschaftswachstum als Österreich. Hierzulande sind die Emissionen in etwa gleich hoch wie 1990.

Auch in der Schweiz hat das Emittieren von CO2 bereits seit 2008 einen Preis, dieser liegt derzeit bei rund 90 Euro je Tonne. Dort wurde erforscht, wie sich der Preis auf das Verhalten der Menschen auswirkt. Die Ergebnisse der Studie sind auch für Österreich erhellend. Demnach dürfte der Pkw-Verkehr in Österreich durch den CO2-Preis um zwei Prozent zurückgehen.

Kurzfristiger Effekt

Allerdings handelt es sich dabei nur um einen kurzfristigen Effekt, meint Klimaexperte Steininger. Mit der Zeit verpufft die Wirkung wieder: Gewöhnen sich Menschen an den höheren Preis, wird der Lenkungseffekt mittelfristig gemindert. Eine langfristige Wende könne nach Sicht der Autoren nur dann gelingen, wenn die Infrastruktur – von Heizsystemen bis zur Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel – sowie die Fahrzeugflotte ökologisiert werden.

Unterm Strich trage aber nicht nur die Höhe des Preises zu dessen Lenkungswirkung bei, schreiben die Experten. Es kommt auch darauf an, was mit lukrierten Einnahmen gemacht wird. Die Wissenschafter schlagen unter anderem vor, dass Kommunen, die auf ökologische Infrastruktur setzen, mit höheren Finanzmitteln bedacht werden.

Besonders viel Kritik und auch Hohn erntete der präsentierte "Klimabonus" der Regierung. Im Wegener Center ortet man darin hingegen durchaus Positives. Wie berichtet, sollen Wiener pro Jahr mit 100 Euro entlastet werden, auf dem Land steigt die Höhe des Zuschusses gestaffelt auf maximal 200 Euro an. "Grundsätzlich ist das System gut", fasst es Steininger zusammen. Denn: Wer weniger Einkommen zur Verfügung hat, verursacht auch weniger Emissionen. Durch die Pro-Kopf-Zahlung würden die absolut niedrigeren Ausgaben kompensiert werden, sagt der Ökonom. "Ihnen bleibt netto etwas übrig."

Große Unterschiede

Steininger verdeutlicht das mit einem Rechenbeispiel: Österreicher im untersten Einkommensdezil verursachen pro Jahr konsumbasierte Treibhausgasemissionen von 3,2 Tonnen. Durch einen CO2-Preis in der Höhe von 30 Euro entstehen für diese Personen Mehrkosten von 96 Euro. Der Aufpreis wäre durch den Klimabonus also auf jeden Fall gedeckt – vor allem im ersten Jahr, in dem die Bepreisung erst mit Juli eingeführt werden soll.

Innerhalb der Einkommensdezile ist die Schwankungsbreite jedoch groß, erklärt Steininger. Das heißt: Manche Menschen im untersten Dezil emittieren zwei Tonnen CO2, andere fünf Tonnen. "Diese Ungleichheit wird primär durch den Regionstyp bestimmt", heißt es dazu in der Analyse. Die regionale Differenzierung des Klimabonus würde genau diesen Aspekt adressieren.

Wie sieht es bei höheren Einkommen aus? Hier wird der Klimabonus jedenfalls nicht ausreichen. Österreicher im höchsten Dezil emittieren im Mittel 19 Tonnen CO2. Auf sie kommen also Mehrkosten in der Höhe von 570 Euro zu. (Nora Laufer, 12.10.2021)