Die Vorfreude auf den kommenden Winter ist riesig, wenn man Umfragen Glauben schenken darf. Viele sind durch die Lockdowns ausgehungert und können es kaum erwarten, Skier oder Snowboard anzuschnallen. Corona lauert aber als Gefahr im Hintergrund.

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Das Unvorstellbare ist eingetreten im Vorjahr: Eine ganze Branche, die zu den wichtigsten in Österreich zählt, mit hunderttausenden Mitarbeitern und vielen Milliarden Umsatz, wurde Corona-bedingt von einem Tag auf den anderen behördlich geschlossen. So etwas soll nie mehr passieren, heißt es von Politikern und Touristikern unisono. Doch auch vor einem Jahr ist das noch bis in den November hinein ausgeschlossen worden.

Heuer sind die Voraussetzungen für einen guten Winter freilich andere. Es gibt jede Menge Impfstoff, der 2020 noch gefehlt hat. Was die Situation in Österreich dennoch speziell macht, ist die vergleichsweise niedrige Impfquote von nur etwas über 60 Prozent. Aufrufe, sich impfen zu lassen, haben bisher wenig bis gar nichts gefruchtet. Nun gibt es erste Stimmen aus dem Tourismus, die nach dem verpflichtenden Stich rufen.

Reisewarnung als Menetekel

"Ich fordere eine Impfpflicht", sagt der Tiroler Hotelier Christian Harisch im Gespräch mit dem STANDARD. "Wenn wir die Impfrate nicht hochkriegen, ist die Gefahr einer Reisewarnung gegeben, das muss man ehrlicherweise sagen. Was das bedeuten würde, muss ich nicht näher ausführen."

Harisch, zu dessen Hotelgruppe unter anderem der Lanserhof in Lans, Weisses Rössl, Schwarzer Adler und neuerdings auch das Schlosshotel Lebenberg in Kitzbühel gehören, hat sich im vorigen Herbst als männliche Kassandra hervorgetan und sich teils in der Branche unbeliebt gemacht. Bereits Ende September 2020 hat er einen dreiwöchigen Lockdown für die Vorweihnachtszeit gefordert, als vom damaligen Kanzler Sebastian Kurz, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) und dem damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) das noch als "nicht notwendig" zurückgewiesen wurde. Der Lockdown kam dann doch.

Harisch, der von einer Jury für ein Fachmagazin zum "Hotelier des Jahres 2020" gekürt worden ist, mag deshalb nicht rechthaberisch erscheinen, meint aber auf die derzeitige Situation gemünzt: "Zwang ist immer schlecht, Freiwilligkeit besser. Aber in dieser Pandemie führt einfach kein Weg daran vorbei, die Impfung zu verordnen. Sonst kommen wir da nie raus." Nun sei es an der Regierung, sich dahingehend ernsthafte Gedanken zu machen. Harisch: "Meine Prognose ist, dass wir im Winter 1G haben werden."

Guter Start in die Saison

Ob sich das vor Weihnachten noch ausgehen könnte? "Ja klar", sagt Harisch. "Impfstoff gibt es genug, und die Regierung hat auch im Bundesrat eine Mehrheit, die sie im vergangenen Jahr nicht hatte. ÖVP und Grüne können das in sechs Wochen umsetzen."

Der Start in die Wintersaison ist fürs Erste geglückt – zumindest weit oben auf den Gletschern. Skibegeisterte haben schon voriges Wochenende die Chance genützt, erste Schwünge teils schon in Neuschnee zu setzen. Am Stubaier Gletscher, Österreichs größtem Gletscherskigebiet, war am Freitag Saisonstart, am Kitzsteinhorn ist es am Samstag losgegangen. Am Samstag kommender Woche startet mit den ersten Rennen in Sölden auch die heurige Weltcupsaison.

Warten auf Verordnungen

Noch aber stehen Liftbetreiber ohne konkrete Anleitung da, welche Vorkehrungen sie etwa beim Kartenverkauf treffen müssen. Zwar hat Tourismusministerin Köstinger mit dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (beide ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) vor drei Wochen ihre Vorstellungen vom Start in die Wintersaison skizziert; die dazugehörenden Verordnungen lassen aber noch immer auf sich warten. "Das muss diese Woche zügig erledigt werden", sagt der Sprecher der Seilbahnwirtschaft, Franz Hörl. Die EDV müsse entsprechend programmiert werden, was nicht so trivial sei, und auch der Datenschutz werfe jede Menge Fragen auf.

Die zuletzt als am wahrscheinlichsten kolportierte Variante ist, dass für Käufer von Wochenkarten 2G gilt, dass also nur Personen Mehrtageskarten kaufen können, die den Nachweis einer Impfung oder Genesung erbringen können. Wer weder geimpft noch von Covid genesen ist, könnte folglich mit einem Negativtest nur eine Tageskarte für ein Skigebiet lösen. Deshalb warten nicht nur Seilbahner voll Spannung auf die Verordnungen, sondern auch die Unterkunftgeber, die oftmals auch Skipässe verkaufen.

Viele Buchungsanfragen

Der Kreis der Personen, die in Österreich Urlaub machen wollen, werde dadurch sicherlich eingeschränkt. "Impfgegner oder Menschen, denen das alles zu viel ist, gibt es nicht nur in Österreich", sagt der Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Oliver Fritz. Andererseits würde manch potenzieller Gast nicht kommen, wenn die Sicherheitsvorkehrungen nicht sehr streng seien. "Welche Gruppe überwiegt, wird sich zeigen", sagt Fritz.

Insgesamt seien die Voraussetzungen für die beginnende Wintersaison sehr gut. "Wenn sich die Infektionslage weder in Österreich noch in wichtigen Herkunftsmärkten wie Deutschland oder den Niederlanden verschlechtert und die Regeln ungefähr so ausfallen wie von der Regierung angedeutet, könnten wir über dem Ergebnis des vorvorigen Winters zu liegen kommen", sagt Fritz. Die Menschen hätten viel gespart und wollten das Geld ausgeben, auch für Urlaub.

Das zeigt sich auch bei einem Rundruf in Hotelbetrieben, ob in Tirol, Salzburg oder der Thermenregion im Südosten Österreichs: Überall spricht man von deutlich mehr Buchungsanfragen als zur selben Zeit vor Corona. (Günther Strobl, 12.10.2021)