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Am Donnerstag beschließt der Stiftungsrat des ORF höhere Gebühren. Das Programmentgelt soll um acht Prozent steigen. Schon davor zeichnete sich eine breite Mehrheit ab. Für SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried ist mit der Erhöhung ein Auftrag verbunden: "Der ORF wird zum großen Teil von den SeherInnen und HörerInnen über die GIS-Gebühr finanziert, daher haben diese das Anrecht, ihre unterschiedlichen Interessen und Vorlieben im ORF-Programm wiederzufinden."

Wie sieht für den SPÖ-Mediensprecher der ideale ORF aus? Und wie soll das größte Medienunternehmen des Landes idealerweise aufgestellt sein, welche Angebote muss es im Programm haben? DER STANDARD lädt Menschen aus der Medienbranche ein, ihre Ideen für den idealen ORF zur Diskussion zu stellen.

Umfassende Digitalisierungsstrategie

Den idealen ORF sieht Leichfried unter dem Credo "ORF für alle – kritisch, unabhängig und auch digital". Österreichs weitaus größtes Medienunternehmen habe eine wesentliche demokratiepolitische Aufgabe, sagt Leichtfried zum STANDARD: "Als Quelle hochwertiger Information kommt ihm im Internetzeitalter mit all seinen medienpolitischen Umbrüchen und Verwerfungen wie Fake-News eine besondere Rolle zu. Zur Bewältigung der Herausforderungen müssen die Strukturen des ORF den Anforderungen eines Medienunternehmens im 21. Jahrhundert angepasst und eine umfassende Digitalisierungsstrategie erarbeitet werden."

Leichtfried sieht den idealen ORF in einer "flexiblen und klaren Organisation", die unabhängiges journalistisches Arbeiten unter den aktuellen Bedingungen bestmöglich unterstützt.

ORF-Wahl kein Ruhmesblatt

Die "Fahnenfrage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk" sieht Leichtfried in den kommenden Jahren. "Denn davon hängt ab, ob der ORF auch in Zukunft als journalistisches Leitmedium in Österreich anerkannt wird." Die Politik müsse sicherstellen, "dass der ORF und seine JournalistInnen unabhängig arbeiten können und eine starke finanzielle Basis gegeben ist".

"Kein Ruhmesblatt der Unabhängigkeit" sieht Leichtfried in der Bestellung des ORF-Generaldirektors Roland Weißmann. "Der neue Generaldirektor wird unter strenger Beobachtung stehen, ob er personelle und inhaltliche Unabhängigkeit garantieren kann." Leichtfried fordert ein stärkeres Redaktionsstatut, das "den RedakteurInnen bei der Personalbesetzung bzw. bei der Ablehnung von Leitungsfunktionen mehr Mitsprache einräumt". Es müsse jedenfalls verhindert werden, dass der ORF "Orbán-like zum Regierungsfunk unter türkiser Message-Control wird".

Neuer Wahlmodus

Leichtfried: "Ich bin daher dafür, die Wahl des Generaldirektors auf neue Beine zu stellen." Möglich wäre das "durch die Einbeziehung repräsentativer Organisationen wie NGOs, Kammern, Sozialorganisationen oder VertreterInnen der Filmschaffenden- und ProduzentInnen und der Wissenschaft". Die Wahl müsse geheim erfolgen und der Bestellungsprozess insgesamt transparent sein: "Es muss Schluss sein damit, dass der ORF-Generaldirektor im Hinterzimmer ausgepackelt wird, und das meine ich durchaus selbstkritisch auch auf die Rolle meiner Partei in der Vergangenheit bezogen."

Die vielzitierte Streaminglücke müsse geschlossen werden, fordert Leichtfried – allerdings "maßvoll und sozial verträglich für die ZuseherInnen, damit in der aktuell ohnehin schwierigen Situation keine zusätzlichen finanziellen Belastungen entstehen". Der gesetzliche Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müsse den neuen technologischen Möglichkeiten angepasst werden, wozu sich Leichtfried einen Konvent zur Medienfreiheit mit den Themen Pressefreiheit, Medienvielfalt, Transparenz, Presseförderung und ORF in Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten wünscht: "Nur durch eine breite Diskussion und die Einbeziehung unterschiedlicher Interessen kann ein ausgewogenes Paket entstehen." Ziel müsse ein Gesamtpaket sein, das "die Pressefreiheit sichert, die demokratische Kraft der Medien stärkt und Medienvielfalt und Unabhängigkeit garantiert".

Werbebeschränkungen im Digitalbereich

Dafür solle auch eine Novellierung des ORF-Gesetzes sorgen, für die sich die SPÖ einsetzt: "Die übermäßige Beschränkung des Onlineangebots, beispielsweise die kurze Verweildauer von sieben Tagen in der TVthek, muss aufgehoben werden. Der ORF braucht digitale Entwicklungsfreiheit und Ermöglichung neuer Angebote, Zugänge und Kanäle, um den massiven technologischen Entwicklungen gerecht werden zu können." Im Gegenzug kann sich der Mediensprecher "weitgehende Werbebeschränkungen im Digitalbereich vorstellen, um den Wettbewerb mit anderen Onlineanbietern nicht zu verzerren".

Weiters sollen der ORF und auch seine "Aushängeschilder" die Bevölkerung widerspiegeln, fordert Leichtfried. Der ideale ORF soll "insgesamt jünger und diverser werden. Auch eine starke regionale Verankerung, die einer deutlich europäischen Ausrichtung nicht widerspricht, muss gewährleistet sein. Das muss ich auch in den Inhalten widerspiegeln – denn wer, wenn nicht der ORF, soll österreichische Inhalte bieten?" (omark, 13.10.2021)