In sehr seltenen Fällen, nämlich etwa einmal bei 200.000 Impfungen, kam es nach einer Impfung mit Astra Zeneca zu einer Sinusvenenthrombose. Doch die Komplikation kann man sehr gut behandeln.

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Im Frühjahr dieses Jahres haben Meldungen über sehr seltene immunologisch bedingte Hirnvenenthrombosen nach Covid-19-Impfungen mit Vektorvakzinen (Astra Zeneca, Janssen) weltweit für Aufregung gesorgt. Ein Forscherteam vor allem aus Deutschland und Österreich belegte einen wahrscheinlichen Zusammenhang. Eine neue österreichische Studie beweist: Bei schneller Behandlung überstehen die meisten Betroffenen eine solche Komplikation ohne Spätschäden.

Die Wissenschaft hat inzwischen Namen für diese Komplikation, welche typischerweise einer seit vielen Jahren möglichen Nebenwirkung im Rahmen einer Behandlung mit dem Blutgerinnungshemmer Heparin ähnelt: Vipit (vakzininduzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie) oder Vitt (vakzininduzierte thrombotische Thrombozytopenie). Sie umfasst einen plötzlich auftretenden Mangel an Blutplättchen in Kombination mit einer massiv verstärkten Neigung zu gefährlichen Thrombosen bis hin zu Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen). Das trat im Fall des Falles frühestens fünf Tage bis etwa 20 Tage nach der Immunisierung auf.

15 Verdachtsfälle von Impf-Thrombosen

"Dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) wurden insgesamt 15 Fälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung mit den Covid-19-Impfstoffen von Astra Zeneca und Janssen gemeldet, bei denen das Krankheitsbild einer VITT vermutet wird", schrieb die österreichische Behörde für den Zeitraum von 27. Dezember 2020 (Beginn der Covid-19-Impfungen) bis 24. September 2021. Die Häufigkeit von Sinusvenenthrombosen wurde nach Verwendung des Astra-Zeneca-Impfstoffs von Wissenschaftern mit fünf Fällen pro einer Million verabreichten Impfdosen angegeben. Alle Arzneimittelbehörden sprechen weiterhin von einer "sehr seltenen" möglichen Komplikation.

Die Therapie umfasst laut den Empfehlungen hoch dosiertes Immunglobulin (IgG-Antikörper aus Spenderplasma) und vor allem eine medikamentöse Blutgerinnungshemmung ohne Verwendung des bekannten Heparin (zum Beispiel sogenannte direkte orale Antikoagulantien, Doaks). Die Frage war aber bisher, wie lange bei solchen Patienten die Blutgerinnungstherapie aufrechterhalten werden muss.

Johannes Thaler von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie der Med-Uni Wien / AKH und die Co-Autoren vom St.-Josef-Spital in Braunau (Oberösterreich), dem LKH Tulln (Niederösterreich), dem LKH Klagenfurt und dem LKH Feldkirch sowie vom nationalen slowakischen Krebsinstitut in Bratislava haben dazu jetzt die erste Langzeit-Beobachtungsstudie veröffentlicht. Sechs Vipit-Patienten etwa zehn Tage nach Astra-Zeneca-Impfung – drei mit Thromboembolien, drei ohne Thrombosen – und allen Laborzeichen des typischen Blutplättchenmangels bei gleichzeitig massiv aktivierter Blutgerinnung wurden rund drei Monate nachverfolgt.

Beste Heilungschancen

Die Behandlungsergebnisse waren ausgesprochen gut, schrieben die Wissenschafter jetzt in ihrer Publikation im Fachjournal "Thrombosis Research" (4. Oktober): "Die Routine-Laborparameter besserten sich schnell nach Beginn der Behandlung (Antikoagulation ohne Heparin bei allen Patienten und hoch dosierte Immunglobuline mit oder ohne Kortison bei fünf Patienten). Die Patienten wurden in guter körperlicher Verfassung (aus dem Spital, Anm.) entlassen." Das erfolgte im Durchschnitt nach acht Tagen Behandlung. "Vipit trat während des Nachbeobachtungszeitraums (durchschnittlich zwölf Wochen, Anm.) nicht noch einmal auf." Bei zwei der drei Patienten mit Thrombosen hatten sich diese wieder aufgelöst, bei einem Patienten wurde weiterhin Atemnot unter Belastung registriert.

Die Genesungsaussichten sind damit auch bei diesen sehr seltenen, aber schweren, Komplikationen gut. "Eine Remission ohne Folgeschäden kann bei Vipit-Patienten bei schnellem Behandlungsbeginn erreicht werden", stellten die Wissenschafter fest. Weil einer der offenbar entscheidenden Faktoren, sogenannte Plättchen-Faktor-4-Antikörper (PF4-Anikörper) unter der Therapie nur langsam wieder verschwinden, sollte offenbar die gerinnungshemmende Therapie fortgeführt werden, bis diese Antikörper wieder verschwunden sind.

Jedenfalls sollte bei Verdachtsmomenten für eine solche Komplikation schnell gehandelt werden. Zu den ersten Symptomen gehören Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit/Erbrechen, Sehstörungen, Brustschmerzen, Schwellungen an Armen oder Beinen oder Atemnot. Die Problematik hat in vielen Ländern zur drastischen Einschränkung der Verwendung des britischen Vektorimpfstoffs gegen Covid-19 von Astra Zeneca und der Universität Oxford gesorgt. (APA, 12.10.2021)