Die Maßnahmen beginnen erst im Juli 2022, damit bleibt den Bürgern und Bürgerinnen deutlich weniger als in den Beispielrechnungen des Finanzministeriums.

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Wien – Der Klimabonus ist umstritten, die Senkung der Unternehmenssteuern hart umkämpft. An einem Aspekt der geplanten Steuerreform der türkis-grünen Koalition gibt es allerdings so gut wie keine Kritik: an der Senkung der Einkommenssteuersätze und der Sozialversicherungsbeiträge. Diese Maßnahmen sollen schließlich die Bürger entlasten und arbeitenden Menschen mehr im Börsel belassen, wie die Koalition gern betont.

So kursieren inzwischen viele Rechnungen aus dem Finanzministerium dazu, wer nun wie stark entlastet wird. Ein vom Ministerium an diverse Medien verschicktes Beispiel dreht sich um "Roman und Eva", zwei fiktive Angestellte mit 3.500 Euro Bruttogehalt und zwei Kindern. Die beiden würden sich durch die Steuerreform inklusive des Klimabonus pro Jahr 1.456 Euro ersparen, also gut 730 Euro pro Kopf.

Dieses Plus bleibt freilich erst ab dem Jahr 2023 übrig, beim Vollausbau der Reform, worauf das Finanzministerium auch hinweist.

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Was aber dürfen sich die Bürger im kommenden Jahr erwarten? Deutlich weniger. Ein bisher wenig beachtetes Faktum der Steuerreform ist nämlich, dass die Maßnahmen nicht mit Jahresbeginn, sondern erst ab Juli 2022 wirken werden. Erst dann sinkt der zweite Steuertarif von 35 auf 30 Prozent, erst dann soll der Kinderbonus von 1.500 auf 2.000 Euro steigen, erst dann wird die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für kleine Einkommen schlagend. Die Senkung der dritten Tarifstufe folgt überhaupt erst 2023.

Wenn bis Juli alles versteuert wird wie bisher, bedeutet dies, dass die Ersparnis im kommenden Jahr deutlich geringer ausfällt als in den Beispielrechnungen des Finanzministeriums. Ein durchschnittlicher Verdiener in Österreich zahlt demnach im kommenden Jahr nur um 264 Euro weniger Steuern und Abgaben, im Schnitt sind das 22 Euro weniger im Monat. Das ist das Ergebnis einer Berechnung der Neos mithilfe der Soresi-Datenbank des Sozialministeriums, mit der sich Steuer- und Abgabenänderungen simulieren lassen. Je nach Einkommenshöhe ist die Entlastung höher oder niedriger (siehe Grafik).

"Das Gerede von der größten Steuerreform der Zweiten Republik ist ein reiner PR-Schmäh. Nur ein kleiner Teil der Entlastung kommt bereits nächstes Jahr bei den Bürgern und Bürgerinnen an. Das, was sich die Steuerzahler im Jahr 2022 pro Monat ersparen, ist wirklich lächerlich gering", kommentiert Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer. (szi, 12.10.2021)