Die juristische Aufarbeitung eines Einsatzes bei einer Demo 2019 dauert an.

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Im Prozess rund um die Vorwürfe gegen einen Polizisten, der im Rahmen einer Demonstration in Wien einem Mann mehrmals in die Nieren geschlagen haben soll, dürfte es am Freitag zu einem Urteil kommen. Der Beamte ist wegen Körperverletzung angeklagt. Ein Kollege, der ebenfalls am Einsatz beteiligt war, muss sich wegen Amtsmissbrauchs und falscher Beweisaussage verantworten.

Der Vorfall liegt schon über zwei Jahre zurück und ereignete sich bei einem Sitzstreik von Klimaaktivisten bei der Wiener Urania. Mehrere Personen blockierten kurzzeitig den Straßenverkehr, die Polizei löste den Protest schließlich auf. In diesem Zusammenhang kam es zu mehreren Zwischenfällen, viele davon wurden bereits juristisch aufgearbeitet. Im vorliegenden Fall geht es um jenen Mann, der bei seiner Festnahme von mehreren Beamten am Boden fixiert wurde und im Zuge dessen neun Fauststöße in die Nierengegend kassierte. Der Mann erlitt eine Prellung der Niere und Hämatome.

Einsatztechniken

Ende August fand bereits der erste Verhandlungstag in der Causa statt. Als unbestritten galt von Anfang an, dass die Schläge – die auch auf Video festgehalten wurden – an sich stattgefunden haben. Das wurde auch von Verteidigerseite nicht bestritten. Differenzen herrschten jedoch darüber, ob die Schläge wirklich notwendig gewesen sind. Die Argumentation der Verteidigung, grob zusammengefasst: Erst durch die Schläge sei es möglich gewesen, den Demonstranten festzunehmen. Eine Alternative zu dieser Herangehensweise habe es nicht gegeben.

Die Staatsanwaltschaft ist anderer Meinung. Der Beamte hätte eine andere Einsatztechnik – einen Beinhebel – anwenden sollen. Auch der Beschuldigte selbst sagte aus, dass diese Technik normalerweise "für Distanzgewinnung und Notwehr" eingesetzt werde. Eine andere sei ihm aber nicht geläufig gewesen. Um genau diese Frage zu klären, wird es vermutlich vordergründig am zweiten Prozesstag am Freitag gehen.

Bleibt noch der Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der falschen Beweisaussage gegen den Kollegen. Dieser war nicht direkt an der Amtshandlung beteiligt, war aber im Vorfeld zugegen, als der Demonstrant von der Straße getragen wurde. Bei dieser Amtshandlung habe der Mann "sich gewehrt, gewunden und ausgetreten", sagte der Polizist aus, zumindest sei das seine Erinnerung. Der Mann bestreitet jedoch, getreten zu haben. Und auch auf einem Video, das die Szenerie festhält, sind die Tritte nicht ersichtlich.

Weiterer Prozess

Die Erinnerung landete jedoch in einem Amtsvermerk. Der betroffene Polizist rechtfertigte das am ersten Verhandlungstag damit, dass sich die Tritte wohl zu einem anderen Zeitpunkt zugetragen haben müssten, seine Erinnerung habe ihn hier wohl getäuscht. Zu klären wird sein, ob der Beamte den Vermerk vorsätzlich falsch verfasste.

Amtshandlungen im Zusammenhang mit dieser Demonstration wurden bereits mehrmals als rechtswidrig erkannt. Zuletzt wurde auch ein Beamter wegen Amtsmissbrauchs schuldig gesprochen. Kommenden Montag findet ein weiterer Prozess gegen einen Beamten statt, der Vorwurf lautet auf Gefährdung der körperlichen Sicherheit. Es geht um jenen Vorfall, bei dem ein Polizeibus fast über den Kopf eines Demonstranten fuhr. (Vanessa Gaigg, 15.10.2021)