Die Grazer ÖVP hatte im Rahmen der Sonderungsgespräche für eine künftige Stadtregierung einen 30-Fragen-Katalog an die KPÖ Graz gerichtet.

1. In ihrem Wahlprogramm positioniert sich die KPÖ EU-kritisch bis EU-feindlich ("imperialistischer Grundcharakter"). Sind Sie entgegen Ihren bisherigen Äußerungen wie zum Beispiel "Die EU einigt nicht, sie spaltet", dazu bereit, sich zur Europäischen Union und damit zum gemeinsamen Binnenmarkt, zu Maastricht, zu Frieden, Freiheit, Stabilität und Wohlstand über EU-Ländergrenzen hinweg zu bekennen?

Antwort KPÖ: Als KommunistInnen sind wir InternationalistInnen. Frieden und Völkerverständigung sind seit der Gründung der KPÖ vor über 100 Jahren ebenso Mittelpunkt unserer Bewegung wie das Ringen um sozialen Fortschritt und Wohlstand für alle Menschen, die hier leben. Die derzeitige neoliberale Ausrichtung der EU steht diesen Ansinnen jedoch entgegen. Wir werden es uns nicht nehmen lassen zu kritisieren, dass der Brüsseler Apparat von Lobbyismus geprägt ist, dass das Frontex-Grenzregime tausende Menschenleben fordert, dass der Zwang zur Austerität Millionen EuropäerInnen in Armut stürzt, dass der Brain-Drain und die innereuropäische Care-Chain viele periphere EU-Staaten seiner Fachkräfte beraubt, um sie hierzulande als billige Arbeitskräfte einzusetzen, oder dass Militarisierung und Aufrüstung quasi in Verfassungsrang gehoben werden sollen.

2. Es kam aufgrund diverser Aussagen immer wieder zu Irritationen zwischen einzelnen Vertretern der KPÖ und der jüdischen Kultusgemeinde. Wie stehen Sie zur BDS-Bewegung? Wie stehen Sie zum Existenzrecht Israels?

Antwort KPÖ: Wir wiederholen: Das Existenzrecht Israels ist für die KPÖ unantastbar. Ein Boykott israelischer Waren, wie von der BDS-Kampagne gefordert, erinnert vor dem Hintergrund der deutsch-österreichischen Geschichte an die widerwärtige "Kauf nicht beim Juden"-Propaganda der Nazis und wird von der KPÖ als konsequent antifaschistische Partei, die tausende ihrer Mitglieder im aktiven Kampf gegen die NS-Barbarei verloren hat, zutiefst abgelehnt. Das alles ist und war immer klar.

Zu "Irritationen" ist es gekommen, weil Bürgermeister Nagl und sein deutschnationaler Stellvertreter eine getrennte Abstimmung in einem Dringlichkeitsantrag unterbunden haben. Klubobmann Manfred Eber hat damals unmissverständlich festgehalten:

"Graz hat aus der NS-Zeit den entsetzlichen Titel 'Stadt der Volkserhebung' geerbt. Antisemitische 'Einzelfälle' häufen sich, über 500 Übergriffe pro Jahr auf Juden wurden 2018 bekannt. Die Burschenschaft Cheruskia mit ihrem widerlichen Liederbuch ist nur 400 Meter vom Grazer Rathaus entfernt. In diesem Klima beschließt die Stadt Graz eine Erklärung gegen Antisemitismus. Das ist gut. Untragbar ist aber, dass sich die Erklärung auf eine in Graz völlig irrelevante Splittergruppe beschränkt. All die verschwörungstheoretischen, deutschnationalen und burschenschaftlichen Antisemiten lässt sie völlig außer Acht. Für uns als KPÖ ist das heuchlerisch und inakzeptabel. Unsere Änderungsvorschläge wurden von den anderen Parteien niedergestimmt. Dennoch wollten wir einzelnen Punkten zustimmen. Das wurde uns vom Bürgermeister verwehrt und alles en bloc zur Abstimmung gebracht. Die Erklärung als Ganzes geht in die falsche Richtung. Wie sehr, beweist die FPÖ-Zeitung, die am Tag darauf erschien. Sie titelte mit dem Slogan 'Niemals wieder' – meinte aber nicht Auschwitz, sondern Spielfeld 2015."

3. Bekennen Sie sich zur Klimainnovationsstadt Graz 2030 und den damit einhergehenden notwendigen Investitionen in diesem Bereich?

Antwort KPÖ: Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf Graz sind zentralste Momente, auf die die Stadtpolitik in den kommenden Jahren reagieren muss. Hierzu braucht es eine Vielzahl an konsequenten und nachhaltigen Maßnahmen. Was die KPÖ ablehnt, sind Shows und Ablenkmanöver, die ein Handeln suggerieren, aber in Wahrheit Untätigkeit übertünchen sollen. Statt Sprenkelanlagen wie am Tummelplatz inklusive verschwendeter Marketinggelder brauchen wir mehr Grünraum, Verpflichtung von Bauträgern, für Freiflächen zu sorgen, Entsiegelung statt Zubetonieren, einen umfassenden Umweltaktionsplan mit realisierbaren mittelfristigen Zielen bis 2025. Er muss Abfall, Boden, Energie und Klima, Luft, Lärm, Verkehr und Wasser umfassen, den Umstieg auf alternative Energieformen, zum Beispiel durch Einsatz von Photovoltaik (Sonnenenergie), die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmimmissionen (zum Beispiel durch Großveranstaltungen, Baulärm und so weiter) für mehr Wohnqualität und eine forcierte ökologische und öffentliche Abfallbewirtschaftung mit dem Schwerpunkt auf Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft

4. Werden Sie in Hinkunft Ihrer Verantwortung für die Stadt Graz auch dadurch gerecht, dass Sie (Rechts-)Entscheidungen städtischer Organe in behördlichen Verfahren mittragen, auch wenn diese Ihrer politischen Meinung widersprechen?

Antwort KPÖ: Das haben wir immer getan und werden wir weiterhin tun.

5. Sind Sie dazu bereit, dass es auch künftig zu keinen neuen Steuern und Abgaben, die den Wirtschaftsstandort Graz sowie tausende Arbeitsplätze beeinträchtigen, kommt?

Antwort KPÖ: Die Steuer- und Abgabenhoheit liegt – wie Sie wissen – bei Land und Bund. Die KPÖ setzt sich für einen Umbau des Steuersystems ein, der das Geld bei denen holt, die es reichlich haben – den Millionären und Milliardären. In Österreich besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung 40 Prozent des Privatvermögens.

6. Bekennt sich die KPÖ zur Messe Graz als international anerkanntem Veranstaltungszentrum, und wird unter Ihrer Führung das Bürgermeisteramt auch weiterhin dem Kongressstandort Graz die volle Unterstützung im Rahmen der bisherigen Möglichkeiten zukommen lassen?

Antwort KPÖ: Die Messe Graz ist ein großer Defizitposten im Budget der Stadt Graz. Die Postenvergabe in der Geschäftsführung inklusive üppiger Boni, die sie für das simple Erfüllen ihres Dienstverträge erhält, hat dem Ansehen der Messe Graz zutiefst geschadet. Dass Graz als Kongressstandort und das Messegelände für Kultur- und Konzertveranstaltungen gedeihen muss, steht für die KPÖ außer Frage.

7. Sie haben angekündigt, dass große Konzerne mit Einschnitten zu rechnen haben. Was bedeutet das konkret für Unternehmen wie Andritz, Anton Paar, Magna, Fresenius, Siemens oder AVL, die tausende Arbeitsplätze in Graz sichern?

Antwort KPÖ: Wie Sie wissen und wie wir bereits unter Punkt 5 angeführt haben, liegt die Steuerhoheit bei Land und Bund. Die Unterstellung, dass die KPÖ Grazer Traditionsunternehmen, die in Graz tausende Arbeitsplätze sichern, schaden wollte, weisen wir entschieden zurück. Wir werden uns aber mit allen möglichen Mitteln einer Entwicklung entgegenstellen, in der Onlinemultis die Grazer Handelsbetriebe in Bedrängnis bringen und Immobilienkonzerne skrupellos Grünraum verbauen und Mieten hochschrauben.

8. Das Wahlergebnis sorgte bei vielen Wirtschaftsbetrieben und Konzernen für Verunsicherung ("Krone", 28.9.2021). Welche wirtschaftsfördernden Maßnahmen werden Sie setzen, um den Wirtschaftsstandort Graz zu stärken und damit langfristig das Kommunalsteueraufkommen zu erhöhen?

Antwort KPÖ: Im Mittelpunkt bei der Wirtschaftsförderung stehen für die KPÖ vor allem Klein- und Kleinstunternehmen, die unter dem Druck des globalisierten Kapitalismus einerseits und bürokratischen Hürden andererseits leiden. Sie sind das wirtschaftliche Rückgrat unserer Stadt.

9. Bekennt sich die KPÖ zu den bisher beschlossenen Schulausbaupaketen und deren uneingeschränkter Umsetzung und zum laufenden Ausbau an Kinderbetreuungseinrichtungen auch mit privaten Partnern in Graz?

Antwort KPÖ: Die KPÖ steht zu den Beschlüssen, die der Gemeinderat über den Ausbau der Schulen gefasst hat. Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung von Anfang an ist auch ein elementarer Beitrag zur Kinderbildung. Große Kindergruppen, ein Mangel an Fachpersonal, kaum Vorbereitungszeit auf den Kinderdienst und bürokratische Tätigkeiten sowie zu wenig Geld sind derzeit leider vielfach Realität. Deshalb müssen sich die Bedingungen ändern. Die Zukunft unserer Kinder muss der Gesellschaft etwas wert sein! Der Skandal um die Veruntreuung von Geldern durch den größten privaten Trägerverein bestätigt jedoch unsere Haltung, dass Dinge, die von zentralem öffentlichen Interesse sind, auch in öffentlicher Hand sein sollen.

10. Der Hochschul- und Forschungsstandort hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Weitere Schritte sind geplant. Bekennen Sie sich zum weiteren Ausbau des Wissenschaftsstandortes Graz wie zum Beispiel Fachhochschulen, Med-Uni Graz, KF Uni Graz, TU?

Antwort KPÖ: Graz ist eine Universitäts- und Hochschulstadt, in der Beeindruckendes in der Wissenschaft geleistet wird. Das soll auch weiterhin unterstützt und gefördert werden. Gleichzeitig erleben wir, dass viele Studierende sich das Wohnen und Leben immer schwerer leisten können. Sie müssen deshalb mehr arbeiten, um sich das Studium zu finanzieren, was wiederum ihr Studium verlängert. Dazu, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, möchten wir in den kommenden fünf Jahren einen Beitrag leisten.

11. Die Covid-Krise hat zu einer signifikanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes unserer Jugend geführt. Beispielsweise hat die Übergewichtigkeit stark zugenommen. Es ist unsere Verantwortung, mehr Schwerpunkte in Sport und Bewegung zu setzen. Bekennen Sie sich vor diesem Hintergrund zur Sportstrategie 2030 und der Zielsetzung einer Mitgliedschaft der Global Active Cities?

Antwort KPÖ: Sport gehört nicht nur zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, er wirkt auch ausgleichend und trägt zur Gesundheit bei. Die KPÖ möchte größten Wert auf den Schul- und Breitensport legen. Die Arbeitsbedingungen für die vielen Grazer Vereine an der Basis, die nur durch das Engagement ihrer ehrenamtlichen FunktionärInnen existieren können, müssen weiter verbessert werden. Investoren müssen vertraglich dazu verpflichtet werden, bei Bauprojekten für ausreichend Grünraum, Spiel- und Sportplätze zu sorgen.

12. Eine wesentliche Säule der Sportstadt Graz sind Infrastruktur und Großveranstaltungen. Werden Sie die bereits avisierten Großveranstaltungen wie die Sport Austria Finals und 3x3-Basketball-Europameisterschaft unterstützen?

Antwort KPÖ: Der Ausbau der sportlichen Infrastruktur ist auch der KPÖ ein wichtiges Anliegen. Die diesbezüglichen Beschlüsse sind im Gemeinderat auch immer einstimmig gefällt worden. Gegenüber Großevents möchten wir jedoch dem Breitensport den Vorzug geben. Wir setzen uns zudem für einen Ausbau der Grazer Bezirkssportplätze ein und die Ausstattung mit Toiletten, damit sie auch von Mädchen besser genutzt werden können.

13. Sind Sie bereit, Maßnahmen zu unterstützen, jungen Familien Wohneigentum zu ermöglichen?

Antwort KPÖ: Leistbares Wohnen ist das Kernanliegen der Kommunistischen Partei – und das seit vielen Jahren. Dass die Immobilienpreise so in die Höhe schnellen, liegt auch an einer verfehlten Stadtplanungspolitik, die viel zu lange dem investoren- und renditegetriebenen Bau von Anlegerwohnungen den Weg bereitet hat. Das wollen wir ändern. Dabei legen wir den Fokus auf leistbare Mieten.

14. Gemäß Ihrer Ankündigung wollen Sie die Wohnungsvergaberichtlinien für Gemeindewohnungen dahingehend ändern, dass die erforderliche Mindestaufenthaltsdauer auf ein Jahr gesenkt wird. Sind Sie vor dem Hintergrund, dass dies ein Pull-Faktor in das Grazer Sozialsystem sein wird, dazu bereit, einer Kompromisslösung mit einer höheren Mindestaufenthaltsdauer zuzustimmen?

Antwort KPÖ: Die restriktiven Vergaberichtlinien haben nicht nur die Wohnungsnot in Graz verschärft, sondern auch dazu geführt, dass immer mehr Gemeindewohnungen leer stehen – und sogar dazu, dass das Sparbuch des Wohnungsamtes dazu verwendet wurde, eine Werbekampagne für das städtische Wohnen zu initiieren. Es braucht also dringend Vergaberichtlinien, die den konkreten Bedürfnisse der Menschen auf Wohnungssuche Rechnung tragen.

15. Die Stadt Graz verfolgt seit Jahren einen Weg des finanziellen Gleichgewichtes und hat auch in Finanzfragen die Corona-Krise mit viel Umsicht gemeistert. Sind Sie bereit, die bestehende Schuldenobergrenze, die sich an einer bestimmten Relation zwischen Schuldenstand und Steuer-/Gebühreneinnahmen festmacht, beizubehalten?

Antwort KPÖ: Die KPÖ wird sich in den Verhandlungen um die Stadtbudgets in den kommenden Jahren um eine soziale und solide Finanzentwicklung bemühen. Dass Einnahmen und Ausgaben dabei in einer vernünftigen und zukunftsgewahren Relation stehen müssen, steht außer Frage.

16. Welche Finanzierungs- und Zinsstrategie verfolgen Sie? Bleibt es bei der konsolidierten Finanzierungsplanung (GUF)? Welches Investitionsvolumen für die kommenden fünf Jahre ist geplant?

Antwort KPÖ: Die konsolidierte Finanzplanung hat sich bewährt. Konkrete Volumina der städtischen Investitionen können wir zurzeit noch nicht nennen. Das wäre unseriös, weil sie ja von Verhandlungen – auch mit Ihnen – abhängen.

17. Das Haus Graz hat in den vergangenen zehn Jahren durch die Neustrukturierung viele Synergien geschaffen. Zehn Millionen Euro an Einsparungen konnten durch die Aufhebung redundanter Strukturen erzielt werden. Sind Sie dazu bereit, diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen?

Antwort KPÖ: Synergien zu nutzen steht für die KPÖ außer Frage. Leider wurde durch die Umstrukturierungen im "Haus Graz" jedoch der Arbeitsdruck auf viele MitarbeiterInnen erhöht. Während es in manchen Bereichen an Personal fehlt, um die wachsenden Aufgaben einer wachsenden Stadt bewältigen zu können, wurden gut dotierte Manager- und Geschäftsführerposten geschaffen.

18. Alle Parteien waren sich vor der Wahl einig, dass es einen großen Wurf für den öffentlichen Verkehr braucht. Mit welchen Prozessen wollen Sie sicherstellen, dass dies gelingt, und wann, glauben Sie, wird ein Ergebnis dieser Prozesse vorliegen?

Antwort KPÖ: Um den "großen Wurf" beim Öffi-Ausbau zu erreichen, von dem Sie sprechen, muss es gelingen, alle relevanten Player ins Boot zu holen. Bund und Land müssen sich an der zukunftsweisenden Lösung beteiligen. Grundlage dieser Lösung können nur solide Planungsarbeiten der zuständigen Abteilungen sein. Eine U-Bahn halten wir für keine taugliche Option. Einen konkreten Zeitplan zu nennen wäre unseriös, aber wir gehen davon aus, dass Planungen entscheidend beschleunigt werden können, wenn die zu befassenden Ämter nicht aus politischem Kalkül in unterschiedliche politische Zuständigkeiten aufgesplittet sind.

19. Bekennen Sie sich dazu, das Jahr 2022 zum Jahr der Kinder und Jugendlichen zu machen und mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung auszustatten?

Antwort KPÖ: Kinder müssen immer, jeden einzelnen Tag, im Fokus der Stadtpolitik sein. Diesen Fokus auf ein Jahr zu beschränken ist für uns zu wenig. Kinder und Jugendliche im umfassenden Sinne zu fördern – in der Bildung, im Sport, im psychosozialen Bereich, in der Kultur, in der Freizeit – und in allen Agenden der Stadtplanung und des Verkehrs in den Mittelpunkt zu stellen steht für die KPÖ außer Frage.

20. Bekennen Sie sich zu den Reform- und Ausbauschritten der Grazer Sozialcard (neuer Kleinkinderzuschuss, Online-Beantragung, Sachgutscheine, gratis Sportvereine für Kinder)?

Antwort KPÖ: Der Ausbau der Leistungen der Sozialcard wird für die KPÖ im Mittelpunkt stehen. Wo Sachgutscheine zur Bürokratisierung der Abläufe und Stigmatisierung von Sozialcard-BesitzerInnen geführt haben, möchte die KPÖ zu bewährten, unkomplizierten Abwicklungsmodellen zurückkehren.

21. Der Grazer Weg der Integration setzt auf eine restriktive Zuwanderungspolitik und bietet jenen, die eine langfristige Bleibeperspektive haben, bestmögliche Integrationschancen (Deutschkurse, Arbeitsplätze, Bildungsangebote et cetera). Werden Sie diesen Weg fortsetzen?

Antwort KPÖ: Wie Sie wissen, legt nicht die Stadt Graz, sondern die Bundesregierung die Prämissen der Migrationspolitik fest. Als KPÖ stehen wir dazu, dass Menschen, die hier leben, auch die Möglichkeit haben müssen, zu arbeiten und so selbstständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, um nicht in Armut und Kriminalität abzurutschen. Der Erwerb der deutschen Sprache ist der Kern aller Integrationsbemühungen. Hier möchten wir ausreichend Angebote schaffen.

22. Werden Sie Best-Practice-Beispiele der Frauenförderung auch in Graz implementieren, um die städtische Vorbildwirkung der Stadt gegenüber der Privatwirtschaft auszubauen?

Antwort KPÖ: Aufgrund des immensen Gender-Pay-Gaps und vor allen Dingen eines in der Covid-Krise stark gestiegenen Gender-Care-Gaps ist Frauenförderung dringend notwendig. Wir orientieren uns dabei allerdings an dem ganzheitlichen Förderkonzept, wie es im feministischen Manifest für die 99 Prozent verschriftlicht wurde. Zur Verdeutlichung ein Zitat dazu von Cinzia Arruza, Tithi Bhattacharaya und Nancy Fraser: "Es interessiert uns nicht, die Glasdecke zu durchstoßen, um es dann der überwiegenden Mehrheit zu überlassen, die Scherben aufzukehren." Für uns in der Stadt Graz bedeutet das, sich auch für die vielen Frauen in prekären Jobsituationen einzusetzen, wie etwa in den Bereichen der Reinigung und der Pflege und Betreuung.

23. Wie wollen Sie, bei Erreichen der von der KPÖ angestrebten Änderungen im Flächenwidmungsplan und Rückwidmungen von bestehendem Bauland auf Freiland, die zu leistenden Entschädigungszahlungen finanzieren?

Antwort KPÖ: Wie oben schon gesagt, werden finanzielle Fragen in den Budgetverhandlungen zu klären sein. Für Rückwidmungen von Bauland in Freiland gibt es derzeit ohnehin wenig Möglichkeiten. Wir werden versuchen, mit strikten Vorgaben im Rahmen von Bauvorhaben durch Abschluss von bindenden städtebaulichen Verträgen den Erhalt und die Schaffung von Freiflächen sicherzustellen. Dieses Vorhaben ist ein langfristiges, da bereits genehmigte Bauvorhaben nicht nachträglich mit solchen Verträgen ausgestattet werden können.

24. Bekennen Sie sich zur Fertigstellung des Zentralen Speicherkanals?

Antwort KPÖ: Die Murwasserqualität ist durch den Bau der Staustufe in Puntigam drastisch beeinträchtigt. Das Baden in der Mur, wie es in der Vergangenheit durch die ÖVP immer wieder beworben wurde, ist gesundheitsgefährdend. Die Fertigstellung des Speicherkanals ist trotz der problematisch hohen Kosten dadurch zur zu akzeptierenden Notwendigkeit geworden. Einer Erweiterung über die gesamte Nord-Süd-Achse des Stadtgebietes werden wir nicht zustimmen.

25. Bekennen Sie sich zur finanziellen Absicherung des Kulturbetriebes von Opern- und Schauspielhaus, Next Liberty, Grazer Spielstätten und renommierten Kunst- & Kulturfestivals (zum Beispiel Steirischer Herbst)?

Antwort KPÖ: Die finanzielle Absicherung des Kulturbetriebs steht für die KPÖ außer Frage – dazu zählen für uns jedoch nicht allein die Bühnen Graz, sondern auch die vielfältigen Kulturinitiativen, die mit ihrem Engagement das kulturelle Leben unserer Stadt entscheidend mitprägen. Wir werden uns darüber hinaus stark für die finanzielle Absicherung der Kulturschaffenden starkmachen und streben eine Implementierung des Fair-Pay-Systems nach Vorgaben der IG Kultur auf alle von der Stadt geförderten Spielstätten und Projekte an.

KPÖ-Zwischentext: Den Antworten auf die folgenden Fragen sei eine grundsätzliche Bemerkung vorangestellt: Lassen wir die Kirche im Dorf beziehungsweise das Rathaus am Hauptplatz! In den Gesprächen um die Zukunft von Graz sollte es um die Zukunft von Graz gehen – und nicht um Geschichte und Weltpolitik und die Geschichte der Weltpolitik. Die KPÖ fordert von den ÖVP-PolitikerInnen im Grazer Stadt- und Gemeinderat keine Distanzierungen von Dollfuß, Schuschnigg und dem Austrofaschismus oder der demokratiefeindlichen und repressiven und autoritären Politik konservativer Regierungen etwa in Ungarn oder Polen. Dass auch hochranginge steirische ÖVP-Politiker in die USA gereist sind, um aus Donald Trumps Wahlkämpfen zu lernen, dass die ehemalige ÖVP-Außenministerin Claudia Bandion-Ortner über Saudi-Arabien gesagt hat, dass eh "nicht jeden Freitag geköpft" würde oder dass Alexander Schallenberg "die Taliban an ihren Taten messen" will, werden wir nicht zum Inhalt unserer Gespräche machen.

Sie alle kennen uns und unsere Arbeit. An ihr werden wir von den GrazerInnen gemessen und an ihr möchten wir auch von Ihnen gemessen werden. Der Wahlkampf ist vorbei, und es würde uns freuen, wenn Sie dazu bereit wären, gemeinsam an den Herausforderungen, vor denen unsere Stadt steht, zu arbeiten. Wir möchten in den kommenden Jahren eine neue Kultur des Respekts und des Umgangs in der Grazer Politik pflegen – mit mehr Empathie und Mitmenschlichkeit. Wir wollen keine Partei ausgrenzen, nichts und niemanden auseinanderdividieren.

26. Als Stadt der Menschenrechte kommt der Stadt Graz eine besondere Verantwortung zu. Sind Sie bereit, in Anbetracht der historischen Wahrheit und in Respekt vor den Opfern kommunistischer Diktaturen, in Zukunft auf Verharmlosungen von kommunistischen Mördern wie Che Guevara (zum Beispiel in sozialen Medien) zu verzichten?

Antwort KPÖ: Die KPÖ stellt sich schon lange der historischen Verantwortung, nicht nur ihrer eigenen Vergangenheit, sondern auch der kommunistischen Weltbewegung. Das Facebook-Posting, auf das Sie anspielen, lässt es keineswegs an Respekt ermangeln. Dass sich einer Ihrer Mitarbeiter darin verbissen hat, ist für uns kein ausreichender Grund, sich bei Gesprächen, in denen es um die Zukunft von Graz geht, damit zu befassen.

27. Distanziert sich die KPÖ Graz von den Aussagen eines Parteikollegen, der Weißrussland trotz seines diktatorischen Regimes, das Kritiker gewaltsam festnehmen lässt und unrechtmäßig inhaftiert sowie foltern lässt, als "stabiles und funktionierendes Land" bezeichnet? Welche Konsequenzen wird die KPÖ Graz von der Landespartei diesbezüglich einfordern?

Antwort KPÖ: Elke Kahr hat bereits mehrfach betont, dass sie keinerlei Sympathie für Lukaschenkos Regime hegt. Auch Werner Murgg hat festgestellt: "Es ist wichtig, sich selbst ein Bild von der Lage im Land zu machen. Das bedeutet aber nicht, dass ich oder die KPÖ das Regime unterstützen oder gegenüber den Menschenrechtsverletzungen in diesem Land blind sind. Die EU-Sanktionen schaden den Menschen, die damit angeblich unterstützt werden sollen."

28. Auf Ihrer Homepage findet sich folgendes Zitat: "Unbestritten ist, dass es Menschenrechte gibt, die in China punktuell verletzt werden – ein Phänomen, das vermutlich in allen Staaten der Welt beobachtbar ist." Auch die prodemokratische Protestbewegung in Hongkong kommt laut KPÖ Homepage "de facto einem Staatsstreich" gleich ("Profil", 2.10.2021). Sind Sie in Anbetracht der Tatsache, dass es in China schwere Menschenrechtsverletzungen durch totale Kontrolle und Unterdrückung der Meinungsfreiheit gibt, die in der grausamsten Ausprägung für die muslimische Minderheit der Uiguren Internierungs- und Arbeitslager bedeuten, dazu bereit, künftig auf derartige Verharmlosungen menschenrechtsverletzender Gräueltaten zu verzichten und ein klares Bekenntnis zur Hongkonger Demokratiebewegung abzugeben?

Antwort KPÖ: Die KPÖ unterhält keine Kontakte zur KP Chinas oder staatlichen Einrichtungen. In der Grazer Stadtregierung wurden unseres Wissens die Kontakte zur Volksrepublik China bislang nur von Bürgermeister Nagl und Stadtrat Riegler unterhalten. Menschenrechtsverletzungen werden von der KPÖ immer kritisiert – egal wo sie passieren. Auch in dem Beitrag, aus dem Sie selektiv und aus dem Zusammenhang gerissen zitieren.

29. Josip Broz Tito war diktatorischer Staatschef des ehemaligen Jugoslawien. Während dieser Zeit gab es unzählige Gräueltaten und Opfer. In einem erst unlängst erschienenen Zeitungsartikel erklären Sie, dass der damalige diktatorische Staatschef, Josip Broz Tito, Ihren Idealen am nächsten kommt. "Tito ist mir seit der Kindheit ein Begriff. Dank ihm war Jugoslawien von allen Ländern in diesem Teil Europas meinen Idealen am nächsten" ("Kurier", 5.9.2021). Sind Sie aus Respekt vor den Opfern und als mögliche höchste Verantwortungsträgerin und Repräsentantin der Menschenrechtsstadt Graz bereit, sich von dieser Aussage zu distanzieren?

Antwort KPÖ: Jugoslawien ist in den Jahrzehnten der Präsidentschaft von Josip Broz Tito aus einem feudal-agrarischen Land zu einer Industrienation geworden. Das Land hat Tito, auch mit Methoden, die wir zutiefst ablehnen, zusammengehalten. Die Zerfallskriege, mit all dem Leid, all den Toten, all den Vertreibungen, all dem nachwirkenden Hass verdeutlichen, wie wichtig seine Rolle war. Beim Begräbnis von Tito haben sich im Jahr 1980 sehr viele Spitzenpolitiker aus Ost und West versammelt – von Bruno Kreisky, Rudolf Kirchschläger und Kurt Waldheim über Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher, Karl Carstens, Walter Mondale, König Baudouin, Prinz Philip, König Olav V., König Carl XVI., Indira Gandhi bis hin zu Margaret Thatcher –, um einen Staatsmann zu würdigen, dem es gelungen war, zwischen den Machtblöcken zu vermitteln und auch der eigenen Bevölkerung einen bescheidenen Wohlstand zu sichern. Die Befreiung von der Naziherrschaft war eine nachhaltige Leistung der von Tito angeführten jugoslawischen Widerstandsbewegung, die auch von den westlichen Alliierten unterstützt wurde. Im Unterschied zu den BewohnerInnen anderer osteuropäischer Länder konnten jugoslawische StaatsbürgerInnen ohne Beschränkungen frei ins Ausland reisen. Das wurde damals allgemein anerkannt. Wenn man sich positiv darauf bezieht, dann sollte das auch im Jahr 2021 zulässig sein.

In und um die Grazer KPÖ sind Menschen aus allen Republiken des früheren Jugoslawien aktiv – und wirken gemeinsam gegen den mörderischen und nationalistischen Hass, der ihre Völker nach Titos Tod entzweit hat. Unsere traditionelle Yugo Fešta beim Grazer Volkshaus zeigt, wie Völkerverständigung und Gemeinsamkeit kulinarisch, musikalisch und künstlerisch gelebt werden kann.

30. Die offene Solidarität der KPÖ mit dem Maduro-Regime in Venezuela ist demokratiepolitisch bedenklich. Alle westlichen Demokratien haben die Anerkennung der Wahl abgelehnt. Auch die UN legten einen Bericht über Folter und außergerichtliche Exekutionen in Venezuela vor. Im "Profil" vom 2.10.2021 heißt es "Solidarität gilt auch dem sozialistischen Schwesterregime in Venezuela". Der Autokrat Nicolas Maduro sei "als klarer Gewinner aus den Präsidentschaftswahlen im Vorjahr (2018, Anm.)" hervorgegangen, "deren Legitimität von internationalen Beobachtern festgestellt wurde, vermeldet die KPÖ Steiermark". Sind Sie bereit, diese demokratiepolitisch fragwürdige Haltung gegenüber einem autokratischen Regime zurückzunehmen und in Zukunft auf derartige Bewertungen undemokratischer Wahlen zu verzichten?

Antwort KPÖ: Der Beitrag auf der Homepage der KPÖ Steiermark, aus dem Sie anhand des "Profil" selektiv zitieren, hat sich gegen die direkte Einmischung und Putschversuche in einem Land gewendet, das wegen seines Ölreichtums immer wieder ins Fadenkreuz gerät. Dass der demokratische und soziale Aufbruch in Venezuela erstarrt ist und sich teilweise verkehrt hat, bestreiten oder beschönigen wir nicht. Die KPÖ begrüßt die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition unter norwegischer Vermittlung. Einseitige Parteinahme und Einmischung in tausende Kilometer entfernte Staaten, wie sie durch Bundeskanzler Kurz und Außenminister Schallenberg an der Seite von US-Präsident Trump – unter Missachtung der in der Verfassung verankerten immerwährenden Neutralität – passiert sind, lehnen wir ab. (Walter Müller, 13.10.2021)