Schallenberg gibt sich in Interviews überzeugt, dass an den strafrechtlichen Vorwürfen gegen Sebastian Kurz nichts dran ist.

Foto: www.corn.at Heribert CORN

Neo-Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat in seinen ersten Interviews seine vielkritisierten Aussagen, wonach der die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für falsch hält, verteidigt. Die Suppe sei dünn. Er habe großes Vertrauen, dass sich die Vorwürfe gegen Kurz in Luft auflösen werden, sagte Schallenberg in Interviews mit der "ZiB 2", Puls 24, "ATV Aktuell" und der deutschen "Bild"-Zeitung am Mittwoch.

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Er sei weiterhin "absolut" der Meinung, dass die Vorwürfe falsch seien, so Schallenberg. Das sei seine persönliche Meinung, damit nehme er die Ergebnisse der Ermittlungen nicht vorweg. Er sei auch der Meinung, dass es für einen Kanzler passend sei, sich derart zu äußern. Schallenberg hatte die umstrittenen Aussagen in seiner ersten kurzen Ansprache nach der Angelobung als Kanzler getätigt.

Keine Entschuldigung

Wie lange er überhaupt anstrebt, Kanzler zu bleiben, darauf wollte sich Schallenberg im "ZiB 2"-Interview am Mittwochabend nicht festlegen. Er möchte jedenfalls bis zur nächsten Wahl im Amt bleiben, sagt er. Würde er selbst aber zur Seite treten, wenn die Vorwürfe gegen seinen Vorgänger entkräftet seien? "We'll cross that bridge when we get there", antwortete Schallenberg: Man werde sich das dann anschauen, wenn es so weit ist. Es handle sich aber um eine hypothetische Frage.

Gebe es neben den juristischen nicht auch moralische Fragen, die man an Kurz richten müsse? Immerhin habe dieser in den Chats gefordert, man solle beim Druck auf die Kirche "Gas geben", seinen Vorgänger, ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner, als "Arsch" bezeichnet und in Aussicht gestellt, Bundesländer "aufzuhetzen", um eine Einigung zur Nachmittagsbetreuung von Kindern zu verhindern. In Sachen Kirche habe sich Kurz entschuldigt, erklärte Schallenberg, die Debatte über das Aufhetzen von Bundesländern will er als Diskussion, "wie sie im Föderalismus normal" sei, verstanden wissen. Jeder solle "sein Gewissen erforschen", ob er im privaten Gespräch nicht auch Worte verwende, die man in der Öffentlichkeit nicht wählen würde.

Das "System Kurz" bleibt

Unterschiede zwischen Kurz und sich selbst sieht Schallenberg vor allem im Werdegang und darin, dass es sich um "zwei unterschiedliche Menschen" handle. Es gebe aber einen "ganz, ganz starken Konsens" in politischen Fragen. Heiße das, dass das "System Kurz", so wie von der Opposition bemängelt, nun im Amt bleibe? "Wenn Sie als System Kurz das Regierungsprogramm und die Leute sehen, die das gewissenhaft umsetzen, dann ja."

Als wichtigste politische Frage sieht Schallenberg den Kampf gegen die Pandemie und das Erhöhen der Impfbereitschaft in Österreich. Hier habe auch jeder Bürger Überzeugungsarbeit zu leisten. Sein größtes politisches Vorbild unter Österreichs bisherigen Kanzlern? "Wolfgang Schüssel", so Schallenberg ohne Zögern. Dieser habe in schwierigen Momenten die Ruhe bewahrt. Erst unter Kurz habe das Land wieder ein Profil in der EU entwickelt, das jenem der Schüssel-Jahre gleichkomme. Ob er, so wie Kurz und Schüssel, mit der FPÖ regieren würde, ließ Schallenberg offen. "Weder Neuwahlen noch Koalitionswechsel stehen im Raum."

"Große Geschlossenheit hinter Kurz"

Dass die ÖVP nicht geschlossen hinter Kurz steht, stellte Schallenberg zuvor im Puls-24-Interview in Abrede. Es gebe eine große Geschlossenheit. Er verriet zudem, dass er nicht wie Kurz im holzvertäfelten Kreisky-Zimmer sein Büro eingerichtet hat, sondern im anderen Trakt des Bundeskanzleramts. Ihm gefallen die helleren Räume besser. "Das ist persönlicher Geschmack." (APA, red, mesc, 13.10.2021)