Ministerin Elisabeth Köstinger wollte anlässlich des Internationalen Frauentags auf die Leistungen von Bäuerinnen hinweisen.

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Schon wieder ist es eine Werbeleistung, die der ÖVP ungelegen kommen könnte. Das Landwirtschaftsministerium, dem die Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger (ÖVP) vorsteht, hat im ersten Halbjahr 2021 fast eine Million Euro in mediale Werbung investiert. Am meisten floss an die Tageszeitungen "Österreich" (100.000 Euro) und "Heute" (88.000 Euro) sowie an die wöchentlich erscheinende "Österreichische Bauernzeitung" (65.000 Euro). Das ergab die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ an das Ministerium. Der rote Abgeordnete Philip Kucher ortet in einer der Kooperationen nun eine verdeckte Parteispende. Die "Österreichische Bauernzeitung" gehört nämlich über ein komplexes Eigentümerkonstrukt dem Bauernbund – einer Teilorganisation der ÖVP.

Konkret geht es um eine sogenannte "Tip on Card"-Aktion anlässlich des Internationalen Frauentags um 30.000 Euro. Dabei wurden der Wochenzeitung für Landwirtschaft Postkarten mit der Aufschrift "Du bist meine Heldin" beigelegt, eine Art "Danke" für Bäuerinnen und generell Frauen als "Heldinnen unserer Regionen", wie auf der Karte steht. Abgebildet ist auch das Logo des Landwirtschaftsministeriums. Kucher sieht darin eine großzügige Ausgabe von "Spendenkaiserin Köstinger". Er verweist in einer neuen Anfrage darauf, dass ganzseitige Inserate in der "Bauernzeitung" maximal 20.000 Euro kosten und es sich im vorliegenden Fall um eine Überbezahlung des üblichen Preisrahmens handeln könnte. Diese käme mutmaßlich dem Bauernbund zugute.

Ministerium und "Bauernzeitung" bestreiten Spende

"Zu den ÖVP-Skandalen der letzten Tage gesellt sich damit der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung", sagt Kucher zum STANDARD. Köstinger selbst sei immerhin Vizepräsidentin des Bauernbunds. Die "Bauernzeitung" wird überdies von hochrangigen Bauernbund-Funktionären herausgegeben: dem Präsident des Bauernbunds und ÖVP-Abgeordnetem zum Nationalrat, Georg Strasser, sowie den Bauernbund-Direktoren von Niederösterreich, Tirol, Oberösterreich und der Steiermark.

Das Naheverhältnis zwischen "Bauernzeitung" und Bauernbund deutet aber noch nicht automatisch auf eine verdeckte Parteispende hin, erklärt der Politologe Hubert Sickinger. Das sei nur dann der Fall, wenn die Bezahlung den objektivierbaren Wert der Werbeleistung übersteigt – etwa wenn mehr gezahlt worden wäre, als für die Leistung angemessen wäre, oder übliche Rabatte nicht in Anspruch genommen worden wären. Das streiten allerdings sowohl die "Bauernzeitung" als auch das Landwirtschaftsministerium gegenüber dem STANDARD ab. Das Ministerium habe sogar einen branchenüblichen Rabatt erhalten, betont die "Bauernzeitung". Auch bei weiteren Inseraten des Ministeriums sei ein "besonders entgegenkommender Branchenrabatt" gewährt worden.

Informationsbedürfnis oder nette Geste?

Im Ministerium weist man den Vorwurf der Parteispende "aufs Schärfste" zurück. Man halte sich selbstverständlich an alle gesetzlichen Vorgaben bei Medienkooperationen, und die "Bauernzeitung" decke die Zielgruppe der Landwirtschaft "in größtmöglichem Ausmaß" ab, heißt es. Es handle sich bei der Wochenzeitung um das mit Abstand größte bundesweit erscheinende Medium für diese Berufsgruppe.

Das bekräftigt auch Sickinger: "Will man die Zielgruppe der österreichischen Bäuerinnen und Bauern ansprechen, kommt man an der 'Bauernzeitung' nicht vorbei." Eine Frage, die sich für den Experten für Parteifinanzen jedoch weiterhin stellt, ist, ob die Postkartenaktion ein Informationsbedürfnis der Zielgruppe erfüllt hat oder ob es sich dabei um reine Imagewerbung handelte. Eine "Danke-Postkarte" sei zwar eine nette Geste, stille aber kein Informationsbedürfnis, meint Sickinger.

Parteientransparenzsenat soll entscheiden

Die SPÖ will den Fall deshalb vor den Unabhängigen Parteientransparenzsenat (UPTS) bringen. Die Behörde ahndet Verstöße gegen das Parteiengesetz und darf auch Geldbußen verhängen. Käme der UPTS zu der Einschätzung, dass es sich bei der Aktion um reine Imagewerbung und damit um eine Spende einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft an den Bauernbund handle, müsse die ÖVP voraussichtlich eine Strafe zahlen, erklärt Sickinger. Aber ob ein Informationsbedürfnis gestillt wurde oder nicht, sei natürlich Auslegungssache. Das Ministerium betont, dass mit den Postkarten speziell auf die Leistungen von Bäuerinnen hingewiesen werden und damit eine Sensibilisierung erfolgen sollte. Für weitere Aufklärung soll nun der neue Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sorgen. Er ist wegen der Zuständigkeit des im Bundeskanzleramt angesiedelten UPTS der Adressat der SPÖ-Anfrage. (Davina Brunnbauer, 14.10.2021)