Vieles deutet darauf hin, dass der moderne Mensch seit mindestens 70.000 Jahren in den Regenwaldregionen Südostasiens beheimatet war. Wovon er sich damals ernährt und wie er sich an diesen Lebensraum angepasst hat, lässt sich allerdings heute nur schwer nachvollziehen. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat nun eine neue Methode angewendet – die Analyse von Zinkisotopen aus fossilem Zahnschmelz – um den Speiseplan unserer Vorfahren zu entschlüsseln.

Bisher wurden tropische Regenwälder oft als Hindernis für die Ausbreitung des frühen Homo sapiens betrachtet. Es gibt jedoch immer mehr Belege dafür, dass sich der Mensch an die tropischen Regenwälder Südostasiens angepasst und dort gelebt hat. Einige Wissenschafter vermuten sogar, dass Menschenarten wie Homo erectus und Homo floresiensis in der Vergangenheit ausgestorben sind, weil sie sich nicht wie unsere Spezies an diesen Lebensraum anpassen konnten. Doch nach wie vor wissen wir sehr wenig über die Anpassung unserer Vorfahren an ihre Umwelt und darüber, was sie gegessen haben.

Die Höhle Tam Pà Ling im Nordosten von Laos hat seit Beginn der Ausgrabungsarbeiten im Jahr 2009 zahlreiche Fossilien des frühen modernen Menschen hervorgebracht.
Foto: Fabrice Demeter

Was Zinkisotopen verraten

In der aktuellen im "Journal of Human Evolution" vorgestellten Studie analysierten die Forscher die stabilen Isotopenverhältnisse von Zink aus tierischen und menschlichen Zähnen von zwei archäologischen Fundstätten in der Provinz Huà Pan in Laos: Tam Pà Ling und der nahe gelegenen Fundstätte Nam Lot. "Die Fundstätte Tam Pà Ling ist für die Paläoanthropologie und Archäologie Südostasiens besonders wichtig, da sie die älteste und umfangreichste Fossiliensammlung unserer Spezies in dieser Region geliefert hat", erklärt Fabrice Demeter von der Universität Kopenhagen. Allerdings gibt es in Tam Pà Ling nur wenige archäologische Funde wie Steinwerkzeuge, Reste von Feuerstellen, Pflanzenreste oder Schnittspuren an Knochen, sondern vor allem Zähne und Knochen. Daher ist die Isotopenuntersuchung die einzige Möglichkeit, um Einblicke in vergangene menschliche Ernährungsgewohnheiten zu gewinnen.

Insbesondere die Stickstoffisotopen-Analyse kann Forschern Aufschluss darüber geben, ob sich die Menschen in der Vergangenheit von Tieren oder Pflanzen ernährt haben. Das in Knochen und Zähnen enthaltene Protein Kollagen, das für diese Analysen benötigt wird, ist jedoch langfristig schwer erhaltungsfähig, was sich insbesondere in tropischen Regionen wie Laos als problematisch erweist.

Was die frühen Asiaten aßen

"Mithilfe neuer Methoden – wie der Analyse von Zinkisotopen aus dem hochmineralisierten Zahnschmelz – können wir diese Einschränkungen nun überwinden und Zähne aus Regionen und Zeiträumen untersuchen, die uns bisher verschlossen blieben", sagt Studienleiter Thomas Tütken vom Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Anhand stabiler Zinkisotopen-Verhältnisse können wir Zähne aus Tam Pà Ling untersuchen und erfahren, welche Art von Nahrung unsere frühesten Vorfahren in dieser Region konsumiert haben."

Der im Rahmen der Studie untersuchte fossile Mensch stammt aus dem Spätpleistozän, aus der Zeit vor 46.000 bis 63.000 Jahren. Außerdem analysierten die Wissenschafter auch verschiedene Säugetiere von beiden Fundorten, darunter Wasserbüffel, Nashörner, Wildschweine, Hirsche, Bären, Orang-Utans, Makaken und Leoparden. Das sich unterscheidende Fressverhalten dieser verschiedenen Tiere bildet für die Untersuchung, was genau Menschen damals gegessen haben, einen idealen Kontext. Je vielfältiger die Tierwelt und deren Ernährungsweisen an einem bestimmten Fundort sind, desto mehr Informationen stehen den Wissenschaftern zur Verfügung, um die Ernährung prähistorischer Menschen besser entschlüsseln zu können.

Der fossile Zahn eines Sambarhirsches, dem eine Zahnschmelzprobe für die Zinkisotopenanalyse entnommen wurde. Diese Hirschart ist heute noch in Südostasien, insbesondere in Laos, anzutreffen.
Foto: MPI f. evolutionäre Anthropologie

Unterschiede zu anderen Regionen

Im Vergleich zu den Tieren betrachtet, deuten die Zinkisotopen-Werte des fossilen Homo sapiens von Tam Pà Ling darauf hin, dass er sich sowohl von Pflanzen als auch Tieren ernährt hat. Mit seiner omnivoren Ernährungsweise unterscheidet er sich so von den meisten zur selben Zeit in anderen Regionen der Welt lebenden Menschen, die sich durchweg fleischreich ernährt haben, wie anhand von Stickstoffisotopen-Analysen festgestellt wurde.

"Eine andere Art der Analyse, die in dieser Studie durchgeführt wurde – die Analyse stabiler Kohlenstoffisotope – zeigt darüber hinaus, dass die verzehrte Nahrung ausschließlich aus bewaldeten Umgebungen stammte", sagt Élise Dufour vom Muséum national d’histoire naturelle in Paris. "Die Ergebnisse sind der älteste direkte Beleg dafür, welcher Ernährungsstrategie Menschen des späten Pleistozäns gefolgt sind, um in tropischen Regenwäldern zu überleben."

An den Dschungel angepasst

Bisher brachte man den frühen Homo sapiens häufig mit weiträumigen und offenen Lebensräumen wie Savannen oder kalten Steppen in Verbindung. Die aktuelle Untersuchung zeigt jedoch, dass er sich an ganz unterschiedliche Umgebungen anpassen konnte. Die Ergebnisse der Zink- und Kohlenstoffisotopen-Analysen deuten auf eine Mischung spezialisierter Anpassungsstrategien an tropische Regenwälder hin, die auch an anderen archäologischen Fundstätten in Südostasien beobachtet wurden.

"Spannend wird es auch, wenn wir unsere Zinkisotopen-Daten zukünftig mit denen anderer prähistorischer Menschenarten Südostasiens, wie Homo erectus und Homo floresiensis, vergleichen können, um besser zu verstehen, warum sie ausgestorben sind, während unsere Art überlebt hat", schließt Erstautor Nicolas Bourgon, Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. (red, 16.10.2021)