Lauter Protest auf dem Minoritenplatz. Die Pädagoginnen stellten auf ihren Transparenten auch einen Bezug zur aktuellen Regierungskrise her.

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Der zweite Protest innerhalb weniger Tage: Die Pädagoginnen und Pädagogen der Wiener Kindergärten sehen dringenden Handlungsbedarf, die Situation in den elementaren Bildungseinrichtungen zu verbessern – das betrifft etwa den Betreuungsschlüssel, das Unterstützungspersonal, aber auch Zeit für Vorbereitung, die den Pädagoginnen in der jetzigen Situation fehlt. Sie fordern eine Anhebung des Budgets für Kindergärten auf ein Prozent des BIPs. Sind am Dienstag die Mitarbeiter der privaten Kindergärten auf die Straße gegangen, so war am Donnerstag das Personal städtischer Einrichtungen der Bundeshauptstadt, von Hort und Kindergarten, an der Reihe. Dieses Mal versammelten sich rund 1.000 Menschen auf dem Minoritenplatz, also in unmittelbarer Nähe des Bildungsministeriums.

Der Ort wurde bewusst gewählt, auch wenn die Zuständigkeit für die Kindergärten bei den Ländern und Gemeinden liegt. Die Forderung der Pädagoginnen, die von der Gewerkschaft unterstützt werden, ist aber, bundeseinheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Kinder die gleichen Startvoraussetzungen haben – egal in welcher Region Österreichs sie leben.

Das Motto des Protests lautete "Jetzt gibt's Wirbel" – entsprechend wurde es auf dem Minoritenplatz am Donnerstagvormittag sehr laut. Dafür sorgte unter anderem eine Trommlergruppe zwischen den Redebeiträgen auf der Bühne. Auf Transparenten drückten die Pädagoginnen ihren Unmut aus. Es wurde auch Bezug auf die aktuelle Krise der Bundesregierung genommen: "Spart das Geld bei Inseraten, schickt es in den Kindergarten", hieß es da etwa.

Besserung in Aussicht

Im Bildungsministerium kam der Protest an – allein schon wegen der Lautstärke. Minister Heinz Faßmann (ÖVP) bekannte sich zu Verbesserungen in der Elementarpädagogik – und nahm in einer Stellungnahme Bezug auf die Forderungen der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung. Gemeinsam hatten sie sich Anfang der Woche unter anderem für eine Erhöhung der Kinderbetreuungsquote bei den unter Dreijährigen starkgemacht. Faßmann erinnerte auch an den Beschluss des Ministerrats vergangene Woche, der Bund habe sich klar zu einer inhaltlichen Weiterentwicklung und einer budgetären Aufstockung bekannt.

Gleichzeitig nimmt Faßmann aber die Länder in die Pflicht. In einer schriftlichen Stellungnahme an den STANDARD appelliert er an sie, "sich auf eine einheitliche Position zu verständigen". Ob die Stärkung der Elementarpädagogik ausschließlich über eine 15a-Vereinbarung oder über ein Rahmengesetz erfolgen soll und wie diese aussehen soll, sei mit ihnen zu besprechen. Wichtig sei die einheitliche Linie der Länder. Die Konferenz der Landeselementarpädagogikreferenten Ende Oktober biete sich an, um hier Klarheit zu schaffen, so der Bildungsminister.

Unterschiede in Ländern

Wien, das bevölkerungsreichste Bundesland, sieht diesen Vorschlag kritisch. "Leider sehen wir auch am Budget 2022, dass Kindergärten und Schulen keine Priorität für die Bundesregierung haben", sagt Bettina Emmerling, Klubobfrau der in Wien mitregierenden Neos, zum STANDARD.

Von den Ländern eine einheitliche Position zu fordern sei angesichts der "unterschiedlichen Ausgangslage und Herausforderungen der Länder ein Abschieben der Verantwortung durch den Minister". Wien gibt jährlich bereits eine Milliarde Euro – also ein Prozent des BIPs – für die Kindergärten aus, hält Emmerling fest. Man ermögliche "die beste Betreuungsquote, die geringste Zahl an Schließtagen und die längsten Öffnungszeiten im Bundesländervergleich".

Wien habe als Großstadt auch besondere Herausforderungen zu meistern, "was wir etwa mit der massiven Aufstockung von Sprachförderkräften tun". Hier fehle die Unterstützung durch den Bund. "Wir werden weiter darauf drängen, dass diese besonderen Herausforderungen auch endlich entsprechend abgegolten werden", sagt die Abgeordnete. (Rosa Winkler-Hermaden, 14.10.2021)