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Kritik gibt es für Google und Apple.

Foto: REUTERS

Es ist eine Behauptung, die sich seit Jahren hartnäckig hält: Die Nutzung eines iPhones sei per se datenschutzfreundlicher, da Apple ja kein ähnlich umfassendes Werbegeschäft wie Google hat und entsprechend unerwünschtes Tracking auch nicht im selben Ausmaß passiert. Das klingt zunächst einmal durchaus logisch, das Problem dabei: Wirklich brauchbare Zahlen gab es vor allem zur Realität unter iOS bisher kaum. Eine neue Studie der Universität Oxford ändert diesen Umstand nun – und kommt zu im Detail doch überraschenden Ergebnissen.

Nur Verlierer

In der Analyse der Datenweitergabe unter iOS und Android gebe es keinen klaren Gewinner, resümieren die Forscher ihre Untersuchung von 12.000 zufällig ausgewählten Apps aus den jeweiligen Stores der beiden Anbieter. Dies aber aus für die Nutzer wenig erfreulichen Gründen. Denn es sind nicht Android-Apps, die besser, sondern iPhone-Apps, die schlechter als erwartet abschneiden: "Datensammlung zum Nutzer-Tracking ist auf beiden Plattformen weit verbreitet."

In Zahlen gefasst, sehen die Ergebnisse folgendermaßen aus: In 89 Prozent der untersuchten Android-Apps fand sich zumindest eine von den Forschern als "Trackingbibliothek" klassifizierte Komponente. Unter iOS war dieser Wert mit 79 Prozent eine Spur besser. Dafür sah es bei den iPhone-Apps an anderer Stelle schlechter aus: Diese verlangen im Schnitt nämlich öfter "gefährliche" Berechtigungen – also etwa den Zugriff auf den Standort oder andere sensible Daten – als die getesteten Android-Programme.

Google überall

Doch noch einmal zurück zu den Trackern, hier lohnt sich nämlich ebenfalls der Blick aufs Detail. Unter Android dominiert bei den Firmen, die am eifrigsten tracken, wenig überraschend Google. Dessen Infrastrukturdienst Google Play Services ist in praktisch allen trackenden Apps zu finden. Einschränkend muss dabei angemerkt werden, dass die Integration der Play Services nicht notwendigerweise bedeutet, dass damit auch aktiv getrackt wird, da diese unterschiedlichste Aufgaben haben – vom Abwickeln von Push-Nachrichten bis tatsächlich zu Werbeaufgaben. Unter iOS stammt die am stärksten verbreitete Trackingbibliothek ebenfalls vom Hersteller – also Apple und konkret dessen Skadnetwork, das nachvollzieht, auf welche Werbungen die Nutzer klicken. Doch bereits knapp dahinter liegt wieder Google, dessen Werbebibliothek Admob in 62 Prozent der untersuchten iOS-Apps zu finden war.

Aber noch eine weitere Komponente von Google ist in den Apps auf beiden Plattformen weit verbreitet, und zwar Firebase Analytics. Diese hatten immerhin 54 Prozent der untersuchten iOS-Apps und 58 Prozent der Android-Programme integriert. Dabei handelt es sich um einen Analysedienst für Entwickler, über den diese allerlei Daten zur App-Nutzung erhalten. Ebenfalls sehr "populär" ist Crashlytics, ein Dienst, der nach Abstürzen bei der Analyse hilft und der ebenfalls von Google stammt. Dieser war bei fast einem Drittel aller iOS-Apps und knapp unter einem Viertel an Android-Programmen zu finden.

In absoluten Zahlen gerät da das Tracking durch Facebook – unter iOS bei 25,5 Prozent, unter Android bei 28 Prozent aller Apps zu finden – schon fast in den Hintergrund, auch wenn hier eine weitere qualitative Differenzierung noch sinnvoll wäre. Immerhin erstellen etwa Facebook und Google erheblich umfassendere Profile, als es – soweit bekannt – bei Apple der Fall ist. Zudem gibt es darüber hinaus noch ein weites Feld an kleineren Firmen, die die Daten nicht nur für eigene Zwecke sammeln, sondern auch gewinnbringend weiterverkaufen, was noch eine problematische Ebene hinzufügt.

Werbe-ID

Apropos Datenweitergabe: Hier hat die Studie auch Lesenswertes zu bieten. Demnach geben 55,4 Prozent der untersuchten Android-Apps die Werbe-ID des Geräts an Dritte weiter, unter iOS sind es "nur" 31 Prozent. Ebenfalls bemerkenswert: Betrachtet man nur für Kinder gedachte Apps, wird unter Android erheblich öfter die Werbe-ID abgefragt und mit anderen geteilt – unter iOS wollen dafür wieder deutlich mehr entsprechende Apps den Zugriff auf den Standort der Nutzer.

Disclaimer

So interessant die Erkenntnisse der Studie fraglos sind, im Details müssen auch einige Einschränkungen angemerkt werden. Die wichtigste davon: Die Daten wurden bereits 2020 erstellt, also noch vor den aktuellen Anti-Tracking-Maßnahmen von Apple, insofern lässt sich auch nicht sagen, ob diese zu einer Verschiebung geführt haben. Hier gibt es bisher einander grob widersprechende Berichte. Einerseits scheint klar, dass ein Großteil der Nutzer die Weitergabe der Werbe-ID IDFA an Apps ablehnt, seitdem das explizit abgefragt wird. Gleichzeitig stellte unlängst eine Studie von Transparency Matters die Behauptung auf, dass das generell am Tracking-Niveau unter iOS wenig geändert hat und die Apps nun einfach andere Wege nutzen.

Fehlende Durchsetzung

Von all diesen Disclaimern abgesehen, verweisen die Forscher aber noch auf einen weiteren wichtigen Punkt – gehen sie doch davon aus, dass ein nicht unbedeutender Teil des gefundenen Trackings zumindest in der EU schlicht illegal ist. Dazu gehört die Verbreitung in Apps für Kinder – ohne explizite Zustimmung der Eltern – ebenso wie generell Third-Party-Tracking ohne Nutzereinwilligung. Dass viele der integrierten Bibliotheken mehr Daten als notwendig sammeln, widerspreche wiederum dem Prinzip der Datensparsamkeit der DSGVO. Insofern mangelt es also auch an der Durchsetzung geltenden Rechts.

Dabei erhebt die Studie auch Vorwürfe gegen Apple und Google: Beide wären in einer hervorragenden Position, erheblich mehr gegen solche Praktiken zu unternehmen, würden das aber offenbar aus eigenen Interessen nicht mehr tun. (Andreas Proschofsky, 15.10.2021)