Für Untermieter in Wiener Gemeindewohnungen will Airbnb künftig keine Schlüssel mehr vermitteln.

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Die ursprüngliche Idee wäre ja eine ganz nette. Darin sind sich sogar Kritiker des US-Vermittlungsriesen Airbnb einig. Allerdings habe die Grundidee schon lange nichts mehr mit einem "Home-Sharing-Gedanken" zu tun, bei dem ein Bett oder Zimmer an Urlauber mit kleinem Budget vermietet wird. Mittlerweile gilt die Kurzzeitvermietung ganzer Wohnungen als derart lukrativ, dass sich die Gerichte damit befassen müssen.

Das wohl meistdiskutierte Urteil ist das des Wiener Handelsgerichts. Erstinstanzlich wurde die Vermittlungsplattform zur Löschung sämtlicher Wiener Gemeindewohnungen aus ihrem Register aufgefordert. Denn obwohl das österreichische Mietrechtsgesetz jegliche Untervermietung von Gemeindewohnungen ohnehin verbietet, waren immer wieder Angebote auf Airbnb zu finden. Nachdem Airbnb zunächst die Stadt Wien aufgefordert hatte, rechtswidrige Inserate selbst ausfindig zu machen und an die Plattform zu melden, spielt das Handelsgericht den Ball nun zurück an den US-Vermittlungsriesen.

Fünf Verbesserungsvorschläge

Daraufhin veröffentlichte die Vermittlungsplattform ein Fünf-Schritte-Programm, das die "verantwortungsvolle Rückkehr des Tourismus in Österreich" ermöglichen soll. Darin enthalten: die Löschung aller Gemeindewohnungen und die Einführung eines bundesweiten Registrierungsverfahrens für Gastgeber. Darüber hinaus soll das Teilen von Kennzahlen und Steuerdaten für Transparenz sorgen. Unter dem Motto Wohnraumschutz wird eine Hotline für lärmgeplagte Nachbarn eingerichtet.

In einer Aussendung begrüßte die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál diese Schritte. Eine persönliche Kontaktaufnahme habe es allerdings noch nicht gegeben, daher bleibe abzuwarten, "ob den Ankündigungen auch konsequente Taten folgen, um eine Vermietung von Gemeindewohnungen auf der Plattform zukünftig auszuschließen".

Bezahlbarer Wohnraum

Der Weg geebnet wurde dem Handelsgericht übrigens im Vorjahr vom Europäischen Gerichtshof. Dessen Spruch zufolge sind die allgemeinen Interessen, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen, höher zu bewerten als die Geschäftsinteressen Einzelner durch Kurzzeitvermietung. "Seither ist es möglich, dass Städte die Vermietung über Airbnb von einer behördlichen Genehmigung abhängig machen", erklärt Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung.

In Wien regelt das die Bauordnung, die bestimmte Bereiche der Stadt in Wohnzonen einteilt. "Wer Wohnungen in diesem Bereich zur Gänze gewerblich weitergeben will – das bedeutet, dass auch ein Reinigungsdienst inkludiert ist –, muss sich dies von der Stadt genehmigen lassen", sagt Hanel-Torsch. Die Stadt orientiere sich anhand eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplans, der online für jeden einsehbar ist. Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 Euro rechnen.

Laut der Webseite "Inside Airbnb" können wienweit 13.018 Plätze gebucht werden, davon 9558 ganze Wohnungen. Nachbarn, die sich durch Urlauber im Wohnhaus gestört fühlen, empfiehlt die Rechtsexpertin, zunächst die Hausverwaltung zu kontaktieren und gegebenenfalls bei der MA 37 (Baupolizei) zu erfragen, ob sich das Gebäude in einer ausgewiesenen Wohnzone befindet. In Mietwohnungen kann die Untervermietung der gesamten Wohnung übrigens ein Kündigungsgrund sein. Wohnungseigentümer hingegen dürfen kurzzeitig vermieten, sofern sie die Zustimmung der Miteigentümer eingeholt haben.

Drei Auswirkungen auf Städte

Mittlerweile sind Wohnungen zur Kurzzeitvermietung eine Immobilienanlage. Nicht selten kaufen private Vermieter Wohnungen zu diesem Zweck, um mehr Profit herauszuschlagen. Die Folgen dieser Dynamik bringen Wohnungsmärkte in vielen Städten weltweit seit vielen Jahren aus dem Gleichgewicht. Besonders negativ fallen Lissabon und Barcelona auf. "Wobei die Wohnungskrise nicht nur auf Airbnb zurückzuführen ist", sagt Raumplaner Justin Kadi von der TU Wien. Seit Jahren untersucht er die Auswirkungen von Airbnb auf den Wohnungsmarkt und unterteilt diese auf drei Ebenen.

Die erste betrifft die Mietpreise. In einer Studie wurden sogenannte Hotspots in Städten definiert, in denen vermehrt Wohnungen permanent via Airbnb vermietet wurden. "Lokal war hier ein Zusammenhang zwischen Kurzzeitvermietung und gesteigerten Mieten erkennbar", sagt er.

Lärm und Müll

Als zweite Auswirkung hat der Raumplaner verstärkt Konflikte zwischen Bewohnern und Urlaubern festgestellt. Lärmbelästigung, mehr Müll, gestiegene Betriebskosten und ständiges Rollen von Koffern sorge oft für schlechte Stimmung im Haus. Der dritte Punkt umfasst die Umgebung rund um die Wohnungen. In Lissabon und Barcelona gebe es mehrere Stadtviertel, in denen die intensive Kurzzeitvermietung bereits die Konsumzonen und Infrastruktur verändert hat. Im Fokus stehe hier zunehmend die Befriedigung des Konsumverhaltens der Touristen statt der Bedürfnisse der Anwohner.

Neben den vielen Nachteilen scheint die Pandemie auch Positives in Bewegung gebracht zu haben. Gleich zu Beginn des ersten Lockdowns hat Kadi 45 Tage lang Bewegungen am Wohnungsmarkt in Wien, Graz und Salzburg erhoben. "Es war ein Trend erkennbar, dass Airbnb-Wohnungen wieder auf den Mietmarkt kommen." (Julia Beirer, 14.10.2021)