E-Mail-Löschpläne im Bundeskanzleramt weckten das Misstrauen der Opposition.

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Wien – Das terminisierte Löschen von E-Mails und anderen Unterlagen in Ministerien und Behörden sei an sich nichts Ungewöhnliches – aber es sei nachvollziehbar, dass die Opposition angesichts der Vorkommnisse der vergangenen eineinhalb Wochen nun Verdacht schöpfe. Das sagte der Verwaltungsjurist Peter Bußjäger im Ö1-"Morgenjournal" zum politischen Konflikt um die bekannt gewordenen Mail-Löschpläne im Bundeskanzleramt.

Wie berichtet war die SPÖ am Donnerstag auf den Plan getreten, weil sie Informationen darüber hatte, dass das Bundeskanzleramt am 10. November in großem Still alle nicht dienstlichen E-Mails automatisch löschen wollte.

Das Vorhaben sei als Sabotage des beschlossenen Untersuchungsausschusses zum Thema Korruption in der ÖVP zu werten, noch bevor dieser gestartet sei.

Türkis-Grün zog Reißleine

Die türkis-grüne Koalition zog daraufhin die Reißleine und brachte noch am Donnerstagnachmittag einen Entschließungsantrag ein, um das Datenlöschen aufzuhalten. Der Antrag sei nicht weitgehend genug, reagierte die SPÖ darauf.

Weder seien auch Ministerien von dem Stopp betroffen, noch sei klar, ob dieser über den 10. November hinausgehe. Darin wiederum sah die ÖVP eine "Skandalisierung".

Peter Bußjäger hält eine Novelle des Staatsarchivgesetzes für diskutierenswert.
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Die Regeln für derlei Löschaktionen seien im Bundesarchivgesetz verankert, sagte Bußjäger. Dieses bestimme, wie und welches "Schriftgut" – worunter sowohl gedruckte als auch digitale Dokumente zu verstehen sind – aufzubewahren und dem Staatsarchiv zu übergeben seien. Nämlich alles, was aus historischen Gründen für die Verwaltung oder aus sonstigem öffentlichem Interesse relevant ist.

Keine "digitale Rumpelkammer"

Dies einzuschätzen liege in der Verantwortung der betroffenen Stellen, sodass nicht ausgeschlossen werden könne, dass auch Relevantes verschwinde. Klar, so Bußjäger, sei aber auch, dass das Staatsarchiv weder eine "digitale Rumpelkammer", noch eine "kriminalpolizeiliche Asservatenkammer" sei.

Digitale Dokumente würden zudem auch in gelöschtem Zustand Spuren hinterlassen und seien daher vielfach rekonstruierbar. Insofern sei es "diskutierenswert", ob das Bundesarchivgesetz noch zeitgemäß ist oder aber novelliert werden soll. (Irene Brickner, 15.10.2021)