Außenminister Michael Linhart (ÖVP) besichtigt am Freitag das Camp Butmir der Eufor in Sarajevo.

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Sarajevo/Wien – Außenminister Michael Linhart (ÖVP) hat sich am Freitag bei seinem Besuch in Sarajevo klar für einen Weiterverbleib der friedenssichernden Eufor-Schutztruppe in Bosnien-Herzegowina ausgesprochen. "Es ist wichtig, dass die Einheit des Staates erhalten bleibt und Eufor dafür die entsprechende Arbeit leistet", sagte Linhart bei einem Besuch im Camp Butmir. Noch ist aber in Schwebe, ob die Verlängerung des Einsatzes im UN-Sicherheitsrat durchgehen wird.

Das EU-Mandat und die UN-Sicherheitsrats-Resolution für die Eufor müssen jährlich verlängert werden. Zuletzt im November 2020. Ob dies heuer wieder geschieht, ist freilich nicht gesichert. In Sarajevo wird gemutmaßt, Russland könnte der Verlängerung der Eufor-Mission im UN-Sicherheitsrat nicht mehr zustimmen. Moskau akzeptiert auch den seit August amtierenden Hohen Repräsentanten Christian Schmidt nicht. Bosnien-Herzegowina droht eine Verschärfung der geopolitischen Auseinandersetzung und der ethnischen Spannungen.

Seit dem Friedensabkommen von Dayton (1995) besteht Bosnien-Herzegowina aus zwei Landesteilen, der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Republika Srpska. Zahlreiche Entscheidungen können nur mit Zustimmung der drei Hauptvolksgruppen gefällt werden. Das komplizierte Staatsgebilde lähmt das Land. Zudem machen sich die Spannungen zwischen den drei Volksgruppen, den (muslimischen) Bosniaken, den (katholischen) Kroaten und den (orthodoxen) Serben, auch im politischen Alltag immer wieder bemerkbar.

Warnungen vor neuer Kriegsgefahr

Insbesondere der Chef der nationalistisch-serbischen SNSD, Milorad Dodik, hintertreibt das Konzept des Gesamtstaats und liebäugelt mit Unterstützung Moskaus weiterhin mit einer Abspaltung des Landesteils Republika Srpska. Unter kritischen Geistern in Kreisen politischer Beobachter in Sarajevo wird daher bereits von einer neuen Kriegsgefahr gewarnt.

Dabei gehört Dodik neben dem Kroaten Željko Komšic und dem Bosniaken Šefik Džaferovic dem dreiköpfigen Staatspräsidium an, mit dem Linhart im Anschluss an den Besuch im Camp Butmir zusammentraf. Er müsste laut Verfassung also die Interessen des Gesamtstaats im Sinne des Dayton-Vertrags vertreten. Hingegen will Dodik nun seit 1995 (also nach dem Dayton-Abkommen) erlassenen Gesetze und Bestimmungen nicht mehr anerkennen und die bosnisch-serbischen Vertreter aus der gesamtstaatlichen Justiz, Polizei und Armee abberufen.

Mögliches Veto aus Russland

Sollte nun Russland im UN-Sicherheitsrat gegen die Fortführung der Eufor-Mission im Sicherheitsrat stimmen, müsste Bosnien-Herzegowina selbst das Mandat dazu erteilen. Dodik könnte aber im Staatspräsidium ein Veto einlegen. Die USA forcieren freilich einen weiteren Verbleib der Militärmission. Es wurden auch Stimmen laut, gegen Politiker wie Dodik müssten Sanktionen verhängt werden. Im Gegensatz zu den USA konnte sich die EU bisher nie dazu durchringen,

Eine zumindest theoretische Möglichkeit wäre, das EU-Abkommen mit Bosnien-Herzegowina für die nationalistisch aufgeheizte Republika Srpska auszusetzen und für gewisse Politiker den Zugriff auf Bankvermögen und das Finanzsystem zu beschränken oder einzufrieren. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass solche Maßnahmen ergriffen werden, hat Dodik aber bereits versichert, dass er auf die "Hilfe seiner Freunde" in Russland baue.

Bundesheer entsendet seit 1996 Friedenstruppen

Das Bundesheer ist seit 1996 Mitglied der internationalen Friedenstruppe in Bosnien-Herzegowina und stellt seit 2009 kontinuierlich die Kommandanten, aktuell in Person von Generalmajor Alexander Platzer, mit dem Linhart Donnerstagfrüh zusammentraf. Österreich verfügt mit rund 300 Soldatinnen und Soldaten über das größte Kontingent innerhalb der Eufor/Althea-Mission, die seit 2004 als Nachfolgemission der SFOR im Einsatz ist.

Die Soldaten schützen die Bevölkerung und sollen beim Wiederaufbau ihres Landes helfen sowie ein sicheres Umfeld gewährleisten. Zudem sollen sie die Einhaltung des Dayton-Abkommens unterstützen, sowie die bosnischen Streitkräfte ausbilden. Zur Zeit beteiligen sich 14 EU-Länder und fünf Nicht-EU-Staaten an der Friedensmission.

Linhart strich bei seinem Truppenbesuch die "extrem wichtige Aufgabe" des österreichischen Kontingents hervor. "Wir könne stolz sein auf unsere Soldaten, die hier ausgezeichnete Arbeit leisten. Ihr seid die besten Botschafter Österreichs in einer heiklen Mission." Sein Besuch sei auch ein Zeichen der Unterstützung, dass die Eufor erhalten bleibe, erklärte der ÖVP-Minister. "Wir werden da weiter daran arbeiten." Am Nachmittag stand für Linhart auch ein Treffen mit Außenministerin Bisera Turković auf dem Programm. (APA, 15.10.2021)