Generationendiskussion der Finanzexpertinnen und -experten: Moderatorin Karin Bauer, Simon Schörghofer (Finanzmanager Orasis-Industrieholding), Elisabeth Falkner (Investor Relations bei Wienerberger), Stanislava Topolovac (Expertin für internationale Rechnungslegung bei der Uniqa-Versicherung), Thomas Schütz (Group Treasurer bei der Pewag-Gruppe) und Alexander Schödl, Chief Financial Officer, zuletzt beim Medizintechnik-Spezialisten Medel (von links).
Foto: Sedlak

Mit dem Green Deal und den sogenannten ESG, den regulatorischen Vorgaben für ökologische und soziale Governance, kommt auf die Finanzindustrie, kommt auf die Finanzvorstände in Unternehmen viel zu. Fast 500 Spitzenmanager hatten dazu beim diesjährigen Finanzsymposium in der Vorwoche in Alpbach viel Diskussionsbedarf.

Überraschend als wenig strittig erwies sich das Young Panel mit der Generationenfrage in den Chefsesseln der Finanzen. Machen die Jungen alles anders? Wie ändert sich das Rollenbild mit fortschreitender Digitalisierung und anderen Ansprüchen an eine Balance von Job und Leben mit der Generation, die jetzt auf dem Sprung nach ganz oben ist?

Alexander Schödl, seit wenigen Tagen pensionierter Finanzvorstand des internationalen Medizintechnikspezialisten Medel, sparte zwar nicht mit Provokation. Allerdings: Streit blieb aus. Einigkeit herrschte beim Rollenverständnis des CFO: Bilanzsteuerung, Risikoüberwachung und Liquiditätssicherung. Detto bei den anderen Rollen in der Top-Finanz, etwa dem Erzielen möglichst hoher Renditen bei möglichst geringem Risiko.

Engagement ist gefragt

Schödl greift die immer kolportierten Ansprüche Junger auf Work-Life-Balance auf und an: "Geht sich eine Spitzenfunktion in den Finanzen mit Homeoffice, Balance in Richtung Freizeit und (Vater-)Karenz aus?", fragt er. Und schüttelt den Kopf. "Es bedarf außerordentlichen Einsatzes, weit über die normale Arbeitszeit hinaus und auch an Wochenenden. Wer Chef sein will und im Monat mehr verdient als manch anderer im Jahr, muss doch auch das nötige Commitment, das nötige Engagement mitbringen", sagt Schödl.

Da wird nicht widersprochen, nur ist den Jungen ein Anliegen, Leistung nicht mit Präsenzstunden zu verwechseln. Thomas Schütz, Treasury-Chef der Pewag-Gruppe, sagt: "Wenn wir nach acht, neun oder zehn Stunden gehen, dann schalten wir ja nicht einfach die Arbeit ab. Wir denken auch weiter nach, ich nehme mein Handy und schaue nach. Aber wir wollen die Flexibilität, dass wir unsere Arbeit auch von zu Hause machen können."

Flexibler, nicht ganz anders

Stanislava Topolovac, Expertin für internationale Rechnungslegung und damit auch für den Konzernabschluss der Uniqa zuständig, hat aktuell einen dreijährigen Sohn und sagt: "Derzeit arbeite ich keine 80-Stunden-Wochen. Allerdings müssen wir vom Denken weg, dass Leistung gleich mit Stundenarbeit ist. Es ist auch nach dem Lebenszyklus zu differenzieren. Ich bin vom Denken weg, dass ich auf die Uhr schauen muss."

Und konkret gefragt: Geht sich Karenz nun aus, wenn man ganz nach oben will? Elisabeth Falkner, die Chefin der Investor Relations bei Wienerberger, findet deutliche Worte, und die wenigen Frauen im rund 300-köpfigen Auditorium in Alpbach applaudieren: "Man muss seine Vertretung oder seine Nachfolge einfach planen. Man muss in seiner Rolle auch fähig sein, dass jemand einspringt. Ich erwarte von meinem Mann, dass er auch in Karenz geht, so wie ich. Elternschaft ist eine gemeinsame Verantwortung." Würde sie ihren Arbeitgeber verlassen, wenn das blockiert wird? Da fehlt eine deutliche Antwort.

Das Generationengespräch ist konsensual, es wird zwar Augenhöhe in der Kommunikation eingefordert von den Jungen, allerdings auch der Wert des Lernens von Erfahrenen betont. Kommunikation wird als Schlüsselqualität genannt.

Wollen die Anfangdreißiger mit einigen Jahren die Arbeitswelt in ihren Unternehmen auf Biegen und Brechen ändern, alles innovieren, was organisational abläuft, mithilfe digitaler Tools? Nein. Sie setzen auf sanfte Evolution und werden aber nicht müde, das Dogma der Präsenzkultur mit guten Argumenten anzugreifen. In anderen Branchen läuft das Ringen um das Wie des Arbeitens schärfer, um innovative Modelle. Die Finanz erscheint dabei vergleichsweise traditionell. Wer hier zügig aufsteigen will, will sich laute Revolution offenbar nicht leisten. (Karin Bauer, 18.10.2021)