Linux am Desktop mag auch im Jahr 2021 weiterhin ein Randphänomen sein. Das ändert aber nichts daran, dass es eine eingeschworene Fangemeinde gibt, die auch selbst eifrig an diversen Projekten in diesem Bereich arbeitet. Und zwar schon ganz schön lange, wie nun eine aktuelle Nachricht in Erinnerung ruft.

Kooler Desktop

Das für den Plasma-Desktop verantwortliche KDE-Projekt feiert dieser Tage seinen 25. Geburtstag. Als "Kool Desktop Environment" wurde es am 14. Oktober 1996 vom deutschen Informatikstudenten Matthias Ettrich im Usenet unter de.comp.os.linux.misc der Öffentlichkeit präsentiert. Es sollte eine Art freies Pendant zum kommerziellen Common Desktop Environment (CDE) werden. Schnell fanden sich zahlreiche Mitstreiter, die Version 1.0 von KDE war schließlich im Herbst 1998 fertig.

Der Desktop von KDE 1.0.
Grafik: KDE

Die Basis der Entwicklung bildete damals wie heute das Toolkit Qt, das von der norwegischen Firma Trolltech entwickelt wurde. Eine folgenschwere Entscheidung, wie sich schnell herausstellen sollte – war dies doch keine freie Software, was unter vielen Linux-Nutzern auf Ablehnung stieß. Die folgende Kontroverse führte schlussendlich zur Gründung des GNOME-Projekts, das mit GTK+ ein eigenes Toolkit schuf.

Die Welt: Gespalten

KDE blieb aber gerade im deutschsprachigen Raum äußerst beliebt. Das lag nicht zuletzt am aus Nürnberg stammenden SUSE Linux, das KDE als Default-Desktop nutzte. In anderen Ländern – vor allem in den von Red Hat dominierten USA – fand hingegen GNOME stärkere Verbreitung. Die Diskussionen zwischen den Fans beider Lager wurden entsprechend mit einer gewissen Leidenschaft ausgetragen. Dies verschärfte sich noch, als der Softwarehersteller Novell in knapper Abfolge mit SUSE und Ximian zwei zentrale Firmen aus den beiden Lagern übernahm. Hinter den Kulissen arbeiteten die Projekte aber schon damals zunehmend für Basistechnologien zusammen.

Ein weiteres Highlight der KDE-Geschichte ist die Veröffentlichung der Version 4, mit der der Desktop grundlegend erneuert wurde. Denn wie es bei jeder größeren Änderungen in der Open-Source-Welt Brauch ist, führte dies zu starken Gegenreaktionen. Das Ergebnis war eine Abspaltung in Form des "Trinity Desktop", der die KDE3-Reihe weiter pflegte. Aus dieser Zeit stammt auch erstmals der Name "Plasma" für den Desktop, der seitdem zunehmend in den Vordergrund gerückt ist. Die erste Version von Plasma 5 wurde schlussendlich im Jahr 2014 vorgestellt.

Der Desktop von Plasma 5.23.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Plasma 5.23 ist da

Passend zum Geburtstag gibt es aber auch ganz aktuellen Softwarenachschub: Das KDE-Projekt hat Plasma 5.23 veröffentlicht. Und dieses bringt wieder eine ganze Reihe an Neuerungen mit sich. Dazu zählt etwa ein neues Desktop-Theme – Breeze Blue Ocean –, das dem Desktop einen "leichteren" Look verpassen soll. Einzelne Elemente wie Scrollbalken sind nun größer, um die Touch-Nutzung zu erleichtern. Zudem verwenden Desktop Widgets jetzt einen Blur-Effekt, um sich vom Hintergrund abzuheben.

Wie beim aktuellen GNOME 41 kann in Plasma 5.23 nun zwischen verschiedenen Leistungsmodi gewählt werden – von "Stromsparen" über die Normaleinstellung bis zu einem eigenen "Performance"-Modus, der allerdings nur auf ausgewählten Geräten zur Verfügung stehen. Weitgehend neu geschrieben wurde das "Kickoff" genannte Startmenü, das dadurch sowohl flinker als auch zuverlässiger agieren soll.

Details

Das Kickoff-Menü wurde grob überarbeitet.

Zahlreiche Detailverbesserungen gab es bei den Systemeinstellungen. So lässt sich nun gezielt eine Akzentfarbe auswählen, die dann an einigen Stellen im Desktop – etwa in Listen oder bei Fortschrittsbalken – zum Einsatz kommt. Bei der Veränderung der Bildschirmeinstellungen wird jetzt ein Timer gestartet, der bei Nichtreagieren 30 Sekunden später wieder auf die vorherige Konfiguration wechselt, um zu verhindern, dass man sich bei einem Fehler selbst aussperrt. Ebenfalls neu ist die Wahlmöglichkeit, ob ein Bluetooth-Adapter gleich beim Start aktiviert werden soll – oder eben nicht.

Wayland

Noch wichtiger als die sichtbaren Neuerungen sind aber die zahlreichen strukturellen Verbesserungen – allen voran am Wayland-Support. Dabei geht es vor allem um die Interaktion zwischen X11- und Wayland-Anwendungen. Sowohl Mittelklick-Copy-and-Paste als auch Drag and Drop sollen nun problemlos funktionieren. Und auch Multi-Bildschirm-Layouts sollen beim Wechsel von einer X11- auf eine Wayland-Sitzung nun problemlos erhalten bleiben. Einige andere Plasma-Neuerungen sind gar Wayland-exklusiv, etwa bei der Nutzung von Touchpad-Gesten.

Verfügbarkeit

Weitere Details zu Plasma 5.23 finden sich in der offiziellen Ankündigung. Die Freigabe erfolgt wie gewohnt in der Form des Quellcodes, die Integration in die einzelnen Distribution ist dann die Aufgabe der jeweiligen Entwickler. Wer schnell einmal einen Blick auf die neue Version werfen will, kann sich aber eine aktuelle Ausgabe des auf Ubuntu basierenden KDE Neon herunterladen. (Andreas Proschofsky, 15.10.2021)