Roland Weißmann, ab 1. Jänner 2022 ORF-Generaldirektor, darf sich über mehr Geld für den ORF freuen.

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Wien – Der ORF-Publikumsrat hat am Freitag der Erhöhung des Programmentgelts um acht Prozent mit breiter Mehrheit zugestimmt. 23 Personen sprachen sich dafür, vier dagegen aus. Die restlichen Stimmen entfielen. Damit muss die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz im Einvernehmen mit dem designierten ORF-Chef Roland Weißmann erarbeitete Anpassung nur noch von der Medienbehörde KommAustria auf Korrektheit der Berechnungen überprüft werden.

Bereits am Donnerstag erteilte der ORF-Stiftungsrat dem Antrag auf Anpassung des Programmentgelts mit 26 Pro- und drei Contra-Stimmen seine Zustimmung. Er hätte im Falle einer Ablehnung durch den Publikumsrat auf seiner Entscheidung beharren können. Sowohl im Stiftungsrat als auch im Publikumsrat entfiel der Großteil der Gegenstimmen auf Räte des FPÖ-"Freundeskreises". Der ORF wird – wie berichtete – dank der Gebührenerhöhung im Jahr 2022 rund 40 Millionen Euro mehr lukrieren, ab dem Jahr 2023 sollten es bei gleichbleibenden GIS-Zahlern dann über 50 Millionen Euro mehr sein. Höhere Gebühren dürften frühestens ab 1. März 2022 zu berappen sein.

Empfehlungen

Der Publikumsrat knüpfte seine Zustimmung an eine mit Ausnahme dreier Enthaltungen einhellig genehmigte Empfehlung. Diese fordert den beschleunigten Ausbau der Barrierefreiheit von ORF-Programmen für Menschen mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung. Auch erwartet sich das ORF-Gremium mehr österreichische Eigenproduktionen, die insbesondere im Unterhaltungsbereich ein wichtiger Erfolgsfaktor beim Publikum seien. Im Interesse des Medienunternehmens als auch der gesamten Gesellschaft sollen junge Zielgruppen mit modernen Unterhaltungsformaten angesprochen und eine TV-Sendung für alle Volksgruppen zeitnah umgesetzt werden. Die Wissenschaftsberichterstattung will der Publikumsrat ausgebaut wissen.

Ein Dorn im Auge ist den Rätinnen und Räten seit langem, dass das ORF-Programmentgelt gemeinsam mit Bundes- und Länderabgaben eingehoben wird. Diese sollten im Sinne der Transparenz extra eingehoben werden, fordern sie. Tatsächlich erhält der ORF nur rund zwei Drittel der GIS-Gebühren – konkret derzeit monatlich 17,21 Euro. Dieser Betrag wird sich mit der achtprozentigen Erhöhung auf 18,59 Euro steigern. Pro Tag müssen GIS-pflichtige Haushalte fortan 60 anstatt 55 Cent für die Nutzung des TV- und Radio-Angebots des ORF zahlen.

Thema Streaminglücke

Wrabetz führte im Rahmen der Publikumsratssitzung erneut aus, dass die Streaminglücke – derzeit darf der ORF für reines Streaming seines Programms keine Gebühren einheben – zwar auf lange Sicht geschlossen werden sollte, sie aber unmittelbar kein großes Problem darstelle. Das etwaige Schließen dieser durch den Gesetzgeber würde in den nächsten Jahren keinen erheblichen Mittelzufluss bewirken, womit die Gebühren im Falle des Falles auch nicht gesenkt werden müssten.

Der künftige ORF-Chef Weißmann sprach erstmals im Plenum des Publikumsrats. Dabei kündigte er an, das Thema Umwelt- und Klimaschutz künftig im Rahmen einer eigenen Sendung oder eines Magazins in ORF 1 anzubieten. Zum Thema Barrierefreiheit sagte er, dass erst kürzlich zusätzliche Mittel für die Audiodeskription im Folgejahr freigegeben wurden.

Struktur- und Sparmaßnahmen

Weißmann bekannte sich zu weiteren Struktur- und Sparmaßnahmen. "Seien Sie sich sicher, dass das Thema sorgsamer Umgang mit Ressourcen auch zukünftig wichtig sein wird", so der designierte ORF-Generaldirektor. In den vergangenen zehn Jahren seien die Kosten für das Fernsehprogramm um fast 20 Prozent gesenkt worden. Freigewordene Mittel habe man in ORF III und ORF Sport Plus gesteckt, strich Weißmann getätigte Anstrengungen hervor.

Am Weg zur Erhöhung des ORF-Programmentgelts liegt der Ball nun bei der Medienbehörde KommAustria, die die Korrektheit der Berechnungen feststellen muss. Der ORF wird ihr die Beschlüsse von Stiftungsrat und Publikumsrat übermitteln. In Kraft treten kann die Erhöhung aber nicht vor Ablauf einer Dreimonatsfrist und damit realistischerweise nicht vor Februar oder März nächsten Jahres. (APA, red, 15.10.2021)