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Eine Anwaltskanzlei bereitet gerade auch erste Klagen gegen österreichische Banken vor, die Derivate auf die Wirecard AG ausgegeben haben.

Foto: AP / Matthias Schrader

Wien/Innsbruck/Aschheim – Im Skandal um den pleitegegangenen deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard haben auch viele Österreicher Geld verloren. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat nun die Zuständigkeit österreichischer Gerichte für Ansprüche geschädigter Anleger gegen den aus Österreich stammenden früheren Wirecard-Vorstandsvorsitzenden Markus Braun bestätigt. Grund dafür ist ein Wohnsitz Brauns in Wien.

"Der Anspruch des Klägers ist in Österreich klagbar", sagte OLG-Sprecher Wigbert Zimmermann am Freitag zur APA. Denn der Wohnsitz des Beklagten in Wien sei weiterhin aufrecht und von Braun auch nicht aufgegeben worden. Ein Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof einzulegen sei in dieser Angelegenheit nicht mehr möglich.

Zuvor hatte die Wiener Kanzlei Aigner/Lehner/Zuschin Rechtsanwälte beim Landesgericht Innsbruck ein Musterverfahren angestrengt, um die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte für Ansprüche geschädigter Anleger gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden in Österreich geltend zu machen. Das OLG bestätigte am Donnerstag das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts.

Beschwerde von Braun

Braun hatte gegen die Sicht des Landesgerichts vom Juni Rechtsmittel eingelegt. Er argumentierte laut der Rechtsanwaltskanzlei, dass er aufgrund seiner Inhaftierung in Deutschland keinen Wohnsitz mehr in Wien beziehungsweise in Kitzbühel habe und ein Gerichtsverfahren in Österreich unions- und grundrechtswidrig sei. Braun habe sich darüber hinaus in seinem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gefährdet gesehen und habe die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof angestrengt.

Das Oberlandesgericht Innsbruck bestätigte mit rechtskräftigem Beschluss vom Donnerstag, dass "kein Zweifel bestehe", dass Braun seinen Wohnsitz trotz derzeitiger Untersuchungshaft nach wie vor in Wien habe. Daher sei es auch Sache Wiener Gerichte, über Schadenersatzansprüche aus dem Wirecard-Skandal zu entscheiden. Für die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH fehle laut OLG Innsbruck die Grundlage.

Geschädigte sollen tätig werden

"Dass der Zuständigkeitsstreit so rasch geklärt werden konnte und sich Markus Braun den geschädigten Anlegern nunmehr auch vor den österreichischen Gerichten stellen muss, ist erfreulich für die Kläger und schafft Rechtssicherheit", so Anwalt Roman Taudes von Aigner/Lehner/Zuschin. Wirecard-Geschädigten, die noch nicht aktiv wurden, rät Taudes, ehestmöglich tätig zu werden und Ansprüche jedenfalls prüfen zu lassen. "Neben den für die geschädigten Anleger nach wie vor vorgenommenen Anmeldungen von Schadenersatzansprüchen im Insolvenzverfahren der Wirecard AG werden derzeit auch die ersten Klagen gegen österreichische Banken, die Derivate auf die Wirecard AG ausgegeben haben, auf den Weg gebracht", kündigten Kanzleipartner Georg Zuschin und Lukas Aigner an. (APA, 15.10.2021)