Viel Zeit bleibt nicht mehr. In rund zwei Wochen startet die 26. Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow. Nach einem Corona-bedingten Pausenjahr soll der heurige Klimagipfel den Weg zur Erreichung des Pariser Abkommens ein für alle Mal festlegen. Die Unterzeichnerstaaten müssen bis dahin eigentlich auch ihre neuen Klimaziele kundtun. Doch mehr als 70 Länder sind der Verpflichtung bisher noch nicht nachgekommen.

Noch gibt es jedenfalls ein großes Delta zwischen den Klimaschutzversprechen der Staaten und den tatsächlich umgesetzten Maßnahmen, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in einem aktuellen Bericht aufzeigt. Die Organisation hat anhand zweier Szenarien skizziert, wo die Staaten im Moment stehen und was sich durch ihre bisherigen Zusagen ändern würde.

Bis zum Klimagipfel in Glasgow müssen einige Staaten noch kundtun, wie stark sie ihren Ausstoß reduzieren werden.
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Das erste Szenario geht von Maßnahmen aus, die bereits umgesetzt wurden oder in Planung sind. Die IEA nimmt dabei an, dass der Wandel im Energiesektor dafür sorgen wird, dass die Emissionen in dem Bereich trotz des steigenden Bedarfs allmählich sinken. Anders sieht es bei der Industrie und im Schwerverkehr aus. Die Organisation rechnet damit, dass der Ausstoß in diesen Bereichen in ärmeren Staaten und Schwellenländern steigen wird. Vor allem die Stahl- und Zementherstellung dürfte laut IEA die Emissionen weiter in die Höhe treiben.

1,5-Grad-Ziel ist weit weg

Aufgrund dieser Entwicklungen steigt die globale Durchschnittstemperatur in diesem Szenario bis Ende des Jahrhunderts um 2,6 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Werten. Das im Rahmen des Pariser Abkommens definierte 1,5-Grad-Ziel wird demnach bereits 2030 überschritten.

Was aber geschieht, wenn die Länder wirklich all ihre Klimaversprechen einhalten? Auch das hat die Organisation errechnet. In diesem Fall rechnet die IEA damit, dass die Nachfrage nach Öl kurz nach 2025 ihren Höhepunkt erreicht und nachhaltige Energieträger die Emissionen weltweit stark reduzieren. Doch auch dann bleibt noch deutlich Luft nach oben: Die weltweiten CO2-Emissionen würden bis 2050 gerade einmal um 40 Prozent sinken. Aus der angepeilten Dekarbonisierung bis Mitte des Jahrhunderts dürfte also trotz der vielen Ankündigungen nichts werden.

Auch in diesem Szenario ist das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichbar. Die IEA rechnet vielmehr damit, dass sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts um 2,1 Grad erhitzen wird. Und das wohlgemerkt nur dann, wenn die bisher versprochenen Emissionsreduktionen auch tatsächlich erreicht werden.

Der Weg nach vorne sei "schwierig und schmal", heißt es in dem Bericht. Noch seien aber nicht alle Karten verspielt, so der hoffnungsvolle Grundtenor der Autoren. Die aus Sicht der IEA notwendigen Maßnahmen sorgen für kaum Überraschungen: ein starker Fokus auf eine saubere Elektrifizierung, die Verbesserung der Energieeffizienz sowie die Reduktion von Methanemissionen. Darüber hinaus mangelt es aus Sicht der Agentur nach wie vor an Investitionen, um etwa Innovation für nachhaltige Technologien anzukurbeln.

Breite Agenda in Glasgow

Keine leichte Aufgabe, die die Staatengemeinschaft vor sich hat. Noch dazu hat der Ausfall der Klimakonferenz im vergangenen Jahr das Zeitkorsett weiter gestrafft.

Insgesamt hat sich das Gastgeberland Großbritannien vier Schwerpunkte auf die Agenda gesetzt: Neben der Ankündigung neuer Emissionsreduktionsziele soll das Pariser Regelwerk fertiggestellt werden. Darüber hinaus wird auch die Klimaanpassung Thema sein. Und nicht zuletzt wird es um’s Geld gehen – also um die Frage, ob Industrieländer ihren Finanzierungszusagen letztendlich nachkommen. (Nora Laufer, 16.10.2021)