Sehr viel tiefer könnte der Absturz vom einst zum Superstar der Szene gehypten Künstler zum mutmaßlichen Betrüger wohl nicht ausfallen: Christian Rosa, geborener Weinberger, sieht sich, wie jetzt bekannt wurde, mit der Anklage eines US-Gerichts konfrontiert. Laut einem Bericht der New York Times soll er vier vermeintliche Werke des amerikanischen Künstlers Raymond Pettibon verkauft haben, die jedoch ebenso gefälscht waren wie die Unterschrift Pettibons in den begleitenden Echtheitszertifikaten.
Rosa ist hierzulande kein Unbekannter, eher das Gegenteil. Der nahezu kometenhafte Aufstieg des in Brasilien geborenen und in bürgerlichen Verhältnissen in Wien aufgewachsenen Künstlers begann 2013 im Umfeld der Viennafair. Vita Zaman, eine der damaligen künstlerischen Leiterinnen der Kunstmesse, pries ihn als vielversprechende Entdeckung an.
Die erste große Einzelschau hatte er 2014 bei Contemporary Fine Arts in Berlin. Rosas Werke, die an eine Melange aus Joan Miró und Cy Twombly erinnern, polarisierten von Anbeginn. Manche sahen darin ein Beispiel von "crapstraction" – ein Neologismus, gebildet aus "crap" (Mist) und "abstraction" –, wie es die Kunstkritikerin Sabine B. Vogel formulierte.
Klagsschrift veröffentlicht
In der am Mittwoch vom U.S. Court for the Southern District of New York veröffentlichten Klagsschrift geht es um den Verdacht der Fälschung. Für Christian Rosa gilt die Unschuldsvermutung, jedoch wiegen die Vorwürfe der Ermittler des FBI schwer. Es geht "um hunderttausende Dollar", um die arglose Käufer im Zeitraum von 2018 bis 2020 betrogen worden sein sollen. Die Anklage der Staatsanwaltschaft erfolgte wegen Verschwörung, arglistiger Täuschung und schweren Identitätsdiebstahls. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.
Laut den Angaben des US-Gerichts sei der 43-jährige brasilianische und österreichische Staatsbürger, der zuletzt in Los Angeles wohnhaft gewesen sei, im Februar aus den USA geflohen. Kurz davor hatte das Branchenmagazin Artnet erstmals über ähnliche Vorwürfe berichtet. Vergangenes Jahr war eines der Bilder auf dem Markt aufgetaucht, das ein für Pettibon charakteristisches Motiv kaskadenförmiger Wellen darstellte. Der veranschlagte Kaufpreis soll bei etwa einer Million Dollar gelegen sein. Kenner waren jedoch aufgrund kleinerer Details stutzig geworden.
Die Spur führte schließlich zu Rosa: Laut Artnet sei Pettibon eine Zeitlang auf gewisse Art sein Mentor gewesen. Die damalige Vermutung: Rosa habe, von Pettibon unbemerkt, bei einem Atelierbesuch unfertige Werke entwendet und später fertiggestellt.
Pöbeleien und Exzesse
Aus der Anklageschrift geht hervor, dass Rosa nach dem Erscheinen des Artikels postwendend seinen Komplizen informierte, wonach "das Geheimnis gelüftet" worden sei. In einem wenige Tage später verfassten Entwurf einer Mail an Pettibon deklarierte er, dass es sich bei dem von Artnet publizierten Bild um einen Druck handle, den ein Freund aus Österreich übermalt habe. Um wen es sich dabei handeln soll, ist derzeit nicht bekannt.
Der einst in der Wiener Szene auch für Pöbeleien und Exzesse bekannte Bad Boy setzte sich ab. Laut den Ermittlern habe er seine Liegenschaft in Kalifornien zwischenzeitlich verkauft und versucht, den Erlös ins Ausland zu transferieren. STANDARD-Informationen zufolge dürfte er sich in Europa befinden. Zuletzt soll er im Umfeld des Salone del Mobile im September in Mailand gesichtet worden sein.
Legendäre Richter-Klasse
Wann Christian Meyer mit dem ehemaligen Schüler Daniel Richters an der Akademie der bildenden Künste, der ihn noch im Programm der Galerie führt, Kontakt hatte? Das sei Jahre her, etwa vor deren drei habe er ihn in Paris getroffen. Die 2016 unter dem Titel Now it’s over bei Meyer-Kainer präsentierte Schau war die bislang letzte in Wien.
Gerade einmal ein Bild sei damals verkauft worden, den Rest habe er Rosa um viel Geld nach Los Angeles transportieren lassen. Meyer ist noch heute von seiner Begabung überzeugt, jedoch sei die Zusammenarbeit schwierig gewesen. Kontakt habe er keinen mehr.
Die rosigen Zeiten des Künstlers dürften Geschichte sein. Dabei ist die Artflipper-Community einst auf ihn abgefahren, als ob es kein Morgen gäbe. Kunstinvestmentseiten wie artrank.com empfahlen, in die Marke Rosa und seinen "geilen Scheiß" (Eigendefinition) zu investieren: Anfang 2014 war er dort in der Kategorie "unter 100.000 Dollar" als "Jetzt kaufen" gelistet. Nur wenige Monate später hieß es bereits: "Verkaufen", Anfang 2015 schließlich: "Liquidieren!"
"Celebrity-Künstler"
Derweilen hing der "Celebrity-Künstler" in Los Angeles mit Prominenten wie Leonardo DiCaprio oder Vito Schnabel ab. Die Zeiten, in denen Leute – wie noch 2014 – nachts um drei an seiner Tür klopften und gegen Bares in der Größenordnung von 150.000 Dollar ein Rosa-Werk begehrten, sind mittlerweile vorbei. (Olga Kronsteiner, 16.10.2021)