Wer sich ein neues Auto zulegen will, muss Geduld aufbringen. Gut möglich, dass der fahrbare Untersatz erst Ende nächsten Jahres oder noch später in Empfang genommen werden kann. Rund 320.000 Pkws setzt die Branche in normalen Jahren ab, heuer dürften es 240.000 werden. Der Chipmangel schlägt in der Industrie voll durch. Das ist für Autokäufer unangenehm.

Und es zieht einen Rattenschwanz an Problemen nach sich, sagt Klaus Edelsbrunner. Den Händlern brechen die Umsätze weg, und die Leute im Verkauf fallen mit den Provisionen um wichtige Gehaltsbestandteile um. Er kenne Kollegen, sagt der Autohändler und WKO-Funktionär, die nicht mehr als zwei Fahrzeuge in der Auslage stehen haben. "Es ist wirklich dramatisch", beschreibt Edelsbrunner die Mangelwirtschaft.

Die Autoindustrie kann nicht produzieren, den Händlern geht die Ware aus.
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Mit Besserung rechnet er nicht vor 2023. Der Güternachschub stottert nicht nur in der Autoindustrie. In vielen Teilen der Wirtschaft ist der Warenfluss gestört. Weil die Transportkapazitäten für die weltweite Nachfrage nicht ausreichen und weil wichtige Werk- und Rohstoffe fehlen. Holz, Stahl, Bitumen, Glas, Silizium, Magnesium, Kupfer, Kunststoffe, es sind nur einige der Zutaten, die für die Betriebe in der Bauindustrie oder in der Warenherstellung unverzichtbar sind. Dazu kommen oft wesentliche Bauteile oder vorgefertigte Produkte wie Pressspanplatten, die etwa aus Asien geliefert werden.

Auf der Jagd nach Chips

Technologische Innovationen, Digitalisierung, Ökologisierung und das Anspringen der globalen Wirtschaft nach den Hochzeiten der Pandemie kurbeln die Nachfrage nach allen erdenklichen Materialien rund um den Globus an. Der Mühlviertler Smart-Home-Spezialist Loxone hat mittlerweile extra zwei Leute abgestellt, die dafür sorgen, dass der Nachschub der dringend benötigten Halbleiter nicht versiegt. Zu horrenden Preisen würden diese mittlerweile sogar am Schwarzmarkt angeboten, sagt Geschäftsführer Rüdiger Keinberger.

Die Lieferengpässe haben die heimische Wirtschaft im zweiten und dritten Quartal 750 Millionen Euro gekostet, rechnete die Nationalbank jüngst vor – und sie haben das Wachstum gedämpft.

Die europäische Wirtschaft ist sehr abhängig von Zulieferungen aus Asien. Dafür braucht es Containerschiffe. Nach der Finanzkrise wurden dort die Kapazitäten geschrumpft. Nun steigt das Angebot angesichts sehr langer Bauzeiten nur langsam.
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Die besonders hart betroffene Autoindustrie schmerzt vor allem der Mangel an den immer üppiger verbauten Sensoren. Bei manchen Herstellern stehen die Bänder still, das trifft heimische Zulieferer wie Magna oder Miba, die ihre Leute in Kurzarbeit schicken. Andere wie die Hörschinger Polytec berichten von "extrem kurzfristigen Abrufstornierungen" der Autobauer. Steigende Fertigungskosten bei schmelzendem Umsatz beschreibt der Zulieferer die unkomfortable Lage.

Die fein gesponnenen Zulieferketten, die das Rad der Wirtschaft am Laufen halten, weil Werkstoffe erst möglichst knapp vor der Produktion angeliefert werden, sind anfällig. Gibt es ein Problem auf einer der Hauptverkehrsadern des globalen Warenverkehrs wie etwa dem Suezkanal, spüren das auch die Konsumenten in Österreich, ebenso wie einen Corona-Cluster in einer Fabrik in Malaysia.

Experte erwartet Preissteigerungen

Egal ob es um Gartenmöbel, Spielkonsolen oder Weihnachtskugeln geht. Anders als erwartet, hätte sich die Lage nicht entspannt, meint der Verkehrsexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, Sebastian Kummer. Er geht davon aus, "dass viele Weihnachtsgeschenke 2021 deutlich teurer sind als 2020". Zudem könnte die Vielfalt an Produkten leiden.

Was den Autokauf betrifft, so gibt es mögliche Auswege. Manche Modelle sind ohne viel elektronisches Chichi rascher zu haben, sagt Autohändler Edelsbrunner. Dafür gibt es noch andere Probleme. Kommen wenig Neue auf den Markt, versiegt auch der Nachschub an Gebrauchtem. Die Preise für manche Modelle seien deutlich gestiegen. (Regina Bruckner, 16.10.2021)