Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen.

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Wien – Die Inseratenvergabe der Regierung an Medien hat aufgrund von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zusätzliche Brisanz bekommen. In Verhältnis zu Medienförderungen seien die Inseratenbudgets zu hoch, betonen viele Experten und so manche Partei. Auch die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, will die Fördergesetze harmonisieren, mit Qualitätskriterien ausstatten und Medienkooperationsregeln etablieren, wie sie auf APA-Anfrage sagte.

Medientransparenzgesetz soll reformiert werden

"Durch die jüngsten Ereignisse sind sicher einige Themen, die bereits im Regierungsübereinkommen paktiert wurden, dringlicher geworden", meinte Blimlinger. Erstens fasst sie damit die Prüfung aller medienrelevanter Gesetze mit dem Ziel einer Harmonisierung und Vereinfachung ins Auge. Weiters sollen die derzeitigen Vergabe- und Förderkriterien als auch die Kriterien für Inseratenvergabe überprüft und das Medientransparenzgesetz reformiert werden. Konkret dürfen Förderungen nach Ansicht der Grünen nicht primär von der "Menge bedruckten Papiers" abhängig sein, sollen doch auch reine Onlinemedien zum Zug kommen. Stattdessen brauche es Qualitätskriterien wie etwa ein vorhandenes Redaktionsstatut oder ein internes Fehlermanagement, so die Mediensprecherin der Grünen. Zudem könnten journalistische Arbeitsplätze, ein hoher Frauenanteil in Redaktionen oder auch Aus- und Weiterbildungen von Journalistinnen und Journalisten belohnt werden.

Gleichzeitig tritt Blimlinger für klare Regeln bei Medienkooperationen ein. "Diese erfolgen bislang völlig intransparent", bemängelte sie. Notwendig sei eine Wirkungsanalyse, damit Fragen wie, wen man erreichen will, wie das bewerkstelligt wird und wie sich das auf die Verteilung von Geldern auswirkt, geklärt werden.

Wechsel im Kanzleramt

Ob sie mit der Durchsetzung der Vorhaben Erfolg hat, hängt naturgemäß von der ÖVP als Regierungspartner ab und hier im Speziellen von Shilten Palathunkal, der kürzlich als Resultat der Inseratenaffäre an die Stelle von Gerald Fleischmann als Medienbeauftragter im Kanzleramt rückte. "Wir sind guter Dinge, dass wir mit Herrn Palathunkal sehr gut zusammenarbeiten und die im Regierungsprogramm avisierten Projekte konstruktiv diskutieren werden", so Blimlinger.

Aus dem Bundeskanzleramt hieß es auf APA-Anfrage, dass der Wechsel keine Verschiebung der Themen oder deren inhaltlicher Gewichtung gebracht habe. Die Stabilität in der Regierungsarbeit sei weiterhin gesichert. Medienpolitische Themen würden aufgrund ihres Stellenwerts für den Medienstandort und nicht aufgrund persönlicher Interessen oder personeller Wechsel abgearbeitet.

Weiterentwicklung des Medien-Förderwesens

Als Richtschnur solle weiterhin das Regierungsprogramm und das darin enthaltene Medienkapitel, das etwa die Weiterentwicklung des Medien-Förderwesens sowie die Überprüfung der derzeitigen Vergabe- und Förderkriterien vorsieht, fungieren. Laut Bundeskanzleramt fänden dazu laufend Abstimmungen und Diskussionen über die inhaltliche Ausgestaltung statt. Der Themenüberblick sei bei Palathunkal, der zuletzt als Büroleiter in der Stabstelle Medien im Bundeskanzleramt arbeitete, bereits gegeben. "Ab nun werden alle Stakeholder kontaktiert und auf Basis einer strukturierten und professionellen, aber immer auch offenen und wertschätzenden Zusammenarbeit eingeladen, selbst mitzugestalten und einen positiven Beitrag zu leisten", kündigte das Kanzleramt an.

Pirker: "Mafia-Art"

Erfreut über eine klar geregelte, transparente Inseratenvergabe als auch Reform der Medienförderung wäre Horst Pirker, Chef der VGN Medien Holding. Das Finanzministerium kündigte ihm laut seinen Angaben im Juni als Reaktion auf kritische Berichterstattung einen Inseratenstopp an. Dieser sei auch "ausnahmslos" eingetreten, wie er gegenüber dem Branchenmedium "medianet" sagte. "Jetzt haben wir eine willkürliche Vergabe von Mitteln nach Gutsherrenart – also: Bist du brav, kriegst du mehr, bist du weniger brav, kriegst du weniger. Und bist du überhaupt schlimm, bekommst du gar nichts. Samt den dazugehörigen Mechanismen wie Drohungen, Erpressungen und, und, und. Das ist tatsächlich nach Mafia-Art", meinte er. Nur aufgrund wirtschaftlicher Stabilität der Gruppe sei es ihm möglich, sich derart zu Wort zu melden, ohne um die Existenz des Medienhauses fürchten zu müssen.

Eine Verzögerung für die im Laufe des nächsten Jahres von der Regierung angepeilte ORF-Digitalnovelle befürchtet Blimlinger übrigens nicht: "Darauf deutet aus unserer Sicht nichts hin, wir arbeiten weiter an den geplanten Projekten, gerade die digitale Transformation der heimischen Medienlandschaft verträgt keine Aufschübe, wenn sie sich international behaupten will." (APA, 15.10.2021)