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Es ist Angela Merkels zwölfte und vermutlich letzte Reise als Kanzlerin in die Türkei.

Foto: MURAD SEZER

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hofft, auch mit der zukünftigen deutschen Bundesregierung gut zusammenarbeiten zu können. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe immer einen "vernünftigen und lösungsorientierten Ansatz" gepflegt, sagte Erdoğan am Samstag nach einem Treffen mit der Kanzlerin in Istanbul. Er hoffe, die Zusammenarbeit fortführen zu können. "Ich wünsche der neuen Regierung und ihrem Kanzler jetzt schon viel Erfolg."

Es ist Merkels zwölfte Reise in die Türkei als Kanzlerin und voraussichtlich ihre letzte als solche. Merkel will mit Erdoğan unter anderem über das Thema Migration und die Aufnahme von Geflüchteten sprechen. Es könnte auch um Bürgerrechte, den Umgang mit der Zivilgesellschaft und die Rolle der Türkei in der Nato gehen.

EU-Türkei-Flüchtlingspakt

Beim Thema Migration spielt Ankara eine wichtige Rolle für Deutschland und die EU. Die Türkei hat bereits rund 3,7 Millionen Geflüchtete aus Syrien sowie Hunderttausende Migranten aus anderen Ländern, etwa aus Afghanistan aufgenommen.

Merkel ist Mitarchitektin des sogenannten Flüchtlingspakts von 2016 zwischen der Türkei und der EU. In dem Rahmen erhält die Türkei unter anderem finanzielle Unterstützung für die Syrer im Land. Die EU hat der Türkei weitere Gelder in Aussicht gestellt. Erdoğan hat zuletzt aber mehrmals deutlich gemacht, dass er nicht dazu bereit sei, weitere Geflüchtete etwa aus Afghanistan aufzunehmen.

Die Akzeptanz für Migranten sinkt angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der massiven Inflation in der Türkei – Erdoğan steht deshalb auch innenpolitisch unter Druck und schottet sein Land weiter ab. An der Grenze zum Iran, über die viele Afghanen illegal einreisen, wird zurzeit eine Mauer gebaut. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte der Türkei am Freitag vorgeworfen, Afghanen an der Ostgrenze rechtswidrig zurück in den Iran zu drängen und forderte Merkel auf, das Thema bei Erdoğan anzusprechen.

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Diese idyllischen Fotos des türkischen Pressebüros täuschen: Die Inhaftierung deutscher Staatsbürger haben das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei belastet.
Foto: PRESIDENTIAL PRESS OFFICE

Schwierige Beziehung

Die Beziehungen zwischen der Türkei und der Bundesregierung waren in den letzten Jahren turbulent. Besonders im Jahr 2017 hatte die Inhaftierung deutscher Staatsbürger das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara schwer belastet. Ein Tiefpunkt war erreicht, nachdem Erdoğan im selben Jahr auch die Kanzlerin persönlich mit Nazi-Vergleichen attackierte. Inzwischen haben sich beide Seiten wieder angenähert. Die Kanzlerin sei in der Türkei immer als "respektierte europäische und weltweite Führungspersönlichkeit" angesehen worden, hieß es aus türkischen Regierungskreisen.

Doch die Strafverfolgung von deutschen Staatsbürgern und türkischen Oppositionellen ist nach wie vor ein Streitpunkt. Erst am Dienstag war ein kurdischstämmiger Deutscher in der Türkei zu mehr als zwei Jahren Haft wegen Terrorpropaganda verurteilt worden.

Freilassung gefordert

Grünen-Politikerin Claudia Roth forderte die Freilassung des Kulturförderers Osman Kavala und des prominenten Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas sowie die "aller politischen Gefangenen". Das sei eine Voraussetzung für einen "wertegeleiteten Neustart" der Beziehungen zur Türkei, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Kavala sitzt seit November 2017 in Untersuchungshaft, der Politiker der prokurdischen HDP Demirtas ist seit November 2016 im Gefängnis. In beiden Fällen hat die Türkei Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Freilassung nicht umgesetzt. (APA, red, 16.10.2021)