Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Mittwoch, 13. Oktober 2021, vor Beginn eines Ministerrates im Bundeskanzleramt in Wien.

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Wien – SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner befürchtet, dass die türkis-grüne Koalition nach den jüngsten Turbulenzen eine "Regierung mit Ablaufdatum" ist. Es bestehe offenbar großes Misstrauen zwischen ÖVP und Grünen, das berge die Gefahr von Blockade und Stillstand. Dabei hätte die Regierung "fünf zentrale Punkte" umzusetzen, wie sie mit Blick auf die vom neuen Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) für diese Woche angekündigten Gespräche mit Klubobleuten und Sozialpartnern sagte.

Rasche Maßnahmen gegen die Teuerung, stärkere und raschere Steuersenkung, Pflegereform, Ausbau der Ganztagskinderbetreuung samt Rechtsanspruch und "Mitwirkung an der Aufklärung des mutmaßlich korrupten türkisen Systems" bezeichnete Rendi-Wagner als zentrale Herausforderungen, die die Regierung rasch angehen müsse.

An Kanzler Schallenberg richtete die SPÖ-Chefin in einem schriftlichen Statement die Erwartung, "rasch Klarheit zu schaffen" und "eine entschiedene Trennlinie zu den türkisen Machenschaften zu ziehen" – damit die Regierung wieder arbeitsfähig wird und "Österreich wieder zurück in die Spur findet".

Hafenecker befürchtet Verzögerung bei U-Ausschuss

Die Opposition fürchtet zudem, dass sich der U-Ausschuss zur aktuellen Affäre rund um die ÖVP verzögern könnte. FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker rechnet auch beim neuen Untersuchungsausschuss mit Einsprüchen von ÖVP-Seite. Er glaube zwar nicht, dass sich die Grünen "wieder vor den Karren der ÖVP spannen lassen werden" für eine Änderung des Untersuchungsgegenstandes, sagte er am Sonntag in der ORF-Sendung "Hohes Haus". Aber er befürchte, dass die ÖVP über von ihr geführte Ministerien, die Akten liefern sollen, versuchen werde, den Gegenstand zu kippen. Damit würde der Start verzögert.

Beim Ibiza-U-Ausschuss haben die Grünen gemeinsam mit der ÖVP – mit Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss – den Untersuchungsgegenstand zusammengestrichen. SPÖ und Neos wandten sich damals an den Verfassungsgerichtshof – und bekamen recht. Die Verfassungsrichter entschieden im März 2020, dass der von der Opposition in ihrem Minderheitsverlangen dargestellte Gegenstand nicht von der Mehrheit verändert werden darf. Der Geschäftsordnungsausschuss könne die gänzliche oder teilweise Unzulässigkeit des Gegenstands zwar feststellen, ihn aber dann ändern, wenn alle stimmberechtigten Abgeordneten zustimmen.

Ausschuss ab Jänner möglich

Ohne Einsprüche könnte, so Hafenecker, der von SPÖ, FPÖ und Neos auf Schiene gebrachte U-Ausschuss zur ÖVP-Inseratenaffäre im Novemberplenum eingesetzt werden und im Jänner mit Zeugenbefragungen beginnen – andernfalls werde es wohl bis zum März dauern. Den Antrag für den neuen U-Ausschuss zur ÖVP-Inseratenaffäre haben SPÖ, FPÖ und Neos vergangene Woche im Nationalrat eingebracht. Nun muss der Geschäftsordnungsausschuss binnen höchstens acht Wochen entscheiden.

Hafenecker will jedenfalls wieder Fraktionsführer werden. Parteichef Herbert Kickl habe ihn schon darum gebeten, jetzt müsse er noch vom Klub gewählt werden, berichtete er. (APA, 18.10.2021)