Demnächst sind in der Justiz Großinvestitionen geplant. Die Sanierung mehrerer Strafanstalten wie jener in der Josefstadt ist höchst überfällig.

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Als Clemens Jabloner Anfang Juni 2019 den Chefsessel im Justizministerium übernahm, fand er drastische Worte zur finanziellen Situation des Ressorts. Die Justiz sterbe einen "stillen Tod", eine Budgeterhöhung sei dringend notwendig. Der Appell des anerkannten Juristen, der bis Jänner 2020 Teil der vorübergehenden Expertenregierung war, löste eine breite Debatte aus – und trägt mittlerweile Früchte.

Seither sei eine "Trendwende im Justizbereich" eingeleitet worden, betont Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Im Jahr 2020 wurde das Budget um 131 Millionen Euro erhöht, im Jahr 2021 um 65 Millionen. Mit dem Budgetbeschluss für das Jahr 2022 setze die Regierung diesen Weg nun fort. Für das kommende Jahr sei eine weitere Erhöhung von 76,4 Millionen Euro geplant. Die Aufstockung des Budgets soll die Unabhängigkeit der Justiz auch "strukturell" absichern, sagt Ministerin Zadić.

Investiert werde vor allem in neue "Schwerpunktprojekte". Im Fokus stehe dabei der "Kampf gegen häusliche Gewalt", für den 5,6 Millionen Euro zusätzlich budgetiert wurden. Das Geld soll unter anderem in Anti-Gewalt-Training, Männerberatung und psychosoziale Prozessbegleitung fließen. Auch für die Patientenanwaltschaft ist aufgrund der in den letzten Jahren stark gestiegenen Anforderungen eine Mittelerhöhung erforderlich. Zusätzliches Personal soll auch das Bundesverwaltungsgericht bekommen, das vor allem mit Asylverfahren beschäftigt ist.

Inflation mindert Effekt

Ob unterm Strich tatsächlich mehr Geldmittel für große Reformprojekte überbleiben, ist aber zumindest fraglich. Die Erhöhung um 76,4 Millionen Euro macht nur rund vier Prozent des Gesamtbudgets von 1,8 Milliarden Euro aus. Ein Großteil des zusätzlichen Spielraums dürfte also von der aktuell hohen Inflationsrate wieder aufgefressen werden.

Laut Clemens Sampl, Pressesprecher im Justizministerium, lasse sich die Inflation aber nicht eins zu eins auf das Budget umlegen. Nicht alle Ausgaben der Justiz seien davon betroffen. So werden etwa Gebühren an Dolmetscher, Sachverständige oder Fahrtkosten für Zeugen nicht an die Inflation angepasst. Abgesehen davon habe es letztes Jahr höhere Einmalzahlungen gegeben, etwa für Dienstlaptops.

Größere Investition werden allerdings auch in den nächsten Jahren notwendig sein – und sind zum Teil schon geplant. In die Sanierung der Justizanstalt Göllersdorf werden rund 15 Millionen Euro investiert. Das Graue Haus, die Justizanstalt Josefstadt, und die Justizanstalt Klagenfurt sollen ebenfalls erneuert werden. Investitionen, die aus Sicht von Gernot Kanduth, Vizepräsident der Richtervereinigung, dringend notwendig sind. "Wir brauchen eine Modernisierung der Justizanstalten. Die Politik sieht das mittlerweile auch so."

Insgesamt habe sich die Budgetsituation vor allem im Bereich des Kanzleipersonals an den Gerichten in den letzten Jahren deutlich verbessert. "Dort ist zumindest die Talsohle überwunden", sagt Kanduth im Standard-Gespräch. Das zentrale Zukunftsthema sei qualifiziertes Personal. "Wir müssen als Arbeitgeber attraktiv bleiben und versuchen, die besten Leute zu bekommen. Nicht nur bei den Juristen, sondern auch im IT-Bereich." Das sei für den öffentlichen Dienst aufgrund der vergleichsweise niedrigen Bezahlung oft nicht leicht.

Schnellere Verfahren

Auch Cornelia Koller, Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, sieht die "Fortsetzung der Trendwende" im Justizbudget positiv. Dennoch gebe es nach wie vor dringenden Nachholbedarf, etwa bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. "Wir brauchen vermehrt Wirtschaftsexperten und IT-Experten, damit die Verfahren schneller werden", sagt Koller zum Standard. "Wenn man aufs Tempo drücken will, braucht es natürlich mehr Ressourcen."

Für das Staatsbudget ist die Justiz übrigens nicht nur eine "Belastung", sondern auch eine wichtige Einnahmequelle: Denkt man sich die Justizanstalten weg, finanziert sich die Justiz durch die vergleichsweise hohen Gerichtsgebühren selbst – und erwirtschaftet jährlich sogar einen leichten Überschuss. (Jakob Pflügl, 18.10.2021)