Starten wir diesen Bericht erst einmal mit einem kleinen Test. Was gefällt Ihnen besser: Alternative A, bei der Sie morgens bereits gestresst im Büro ankommen, weil Sie wieder ewig im Stau gestanden sind und schließlich noch wertvolle Zeit bei der Parkplatzsuche vergeudet haben? Oder Alternative B, bei der Sie auf dem morgendlichen Weg in die Arbeit den erfrischenden Fahrtwind spüren, lächelnd die stauenden Autos überholen und mit gutem Gefühl ihr Rad direkt bei der Firma parken, weil Sie ihr kleines Fitnessprogramm bereits absolviert haben und motiviert und frisch in den Tag starten können? Da fällt die Antwort doch leicht, oder?

Auf kurzen Distanzen ist man in der Regel mit dem Rad schneller unterwegs als mit dem Auto.
Foto: Bosch

Puls der Stadt

Mobilität ist der Puls der Großstädte – und das E-Bike hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr zu einem elementaren Bestandteil urbaner und nachhaltiger Mobilität entwickelt. Über den praktischen Nutzen hinaus ermöglicht es, die Stadt bewegt und aus einer völlig neuen Perspektive zu erleben. Einen Versuch wäre es doch allemal wert.

Dass ein Fahrrad für viele außerdem das perfekte Dienstfahrzeug sein könnte, hat sich ebenfalls noch nicht bei allen herumgesprochen. Denn noch werden in Österreich dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zufolge rund 70 Prozent der fast 100 Millionen Personenkilometer, die die Österreicher täglich für den Arbeitsweg zurücklegen, per PKW bewältigt. Viele glauben, das liege an der Entfernung zwischen Dienstort und Zuhause, allerdings ist das ein Fehlschluss: Den überwiegenden Teil der Wege kann man äußerst gemütlich mit dem Fahrrad zurücklegen. "Jeder dritte Arbeitsweg ist kürzer als fünf Kilometer und mehr als die Hälfte kürzer als zehn Kilometer", so Christian Gratzer vom VCÖ, "daher ist das Potenzial für die Verlagerung vom Auto auf das Fahrrad groß." Hinzu kommt: Auf kurzen Distanzen ist man in der Regel mit dem Rad schneller unterwegs als mit dem Auto, da sich Staus einfach umfahren lassen. Würde sich herumsprechen, dass der Drahtesel dem Auto in vielen Fällen überlegen ist, könnte Österreich auch leichter seine Klimaziele erreichen.

Umstieg lohnt sich

Wer sich schon länger gedacht hat, dass es sinnvoll wäre, aufs Radl zu wechseln und zur Motivationshilfe nur mehr die Zeilen oben gebraucht hat, der kann sich freuen: Seit einiger Zeit gibt es diverse Förderungen, die den Umstieg aufs Dienstrad nicht nur sehr leicht, sondern auch noch viel preiswerter machen als je zuvor. Den Start machte mit Jahresbeginn 2020 die Vorsteuerabzugsfähigkeit für Diensträder. Dadurch wurden die Räder bei Beschaffung durch den Arbeitgeber gleich um 20 Prozent billiger. "Zusammen mit weiteren Förderungen können wir den Preis der Räder verglichen mit der privaten Beschaffung um rund ein Drittel senken", so Harald Bauer, Gründer von willdienstrad.at, einer Plattform, die das deutsche Dienstrad-Modell für den österreichischen Markt adaptiert. In Deutschland gibt es entsprechende Förderungen bereits seit einem Jahrzehnt, mehr als 30.000 Firmen bieten ihren Beschäftigten bereits die umweltfreundliche und kostengünstige Form der beruflichen Fortbewegung.

Rad nach Wunsch

Der Clou daran ist: Wer sich für ein solches Dienstrad begeistert – und seinen Arbeitgeber davon überzeugt – kann sich genau das Radl aussuchen, das er oder so schon immer haben wollte. Schnittiges Rennrad, agiles Mountainbike oder smartes E-Bike – all das ist möglich. Nach der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber kann der Betreffende nämlich selbst in den Sporthandel gehen und sich genau das Bike zusammenstellen lassen, das am besten zu ihm passt. Kaufen muss es dann zwar der Arbeitgeber, genutzt werden kann es aber ganz nach Belieben vom Arbeitnehmer – im Regelfall gegen eine monatliche Kostenbeteiligung, die wie beim Dienstwagen direkt vom eigenen Verdienst abgezogen wird und damit auch noch Steuern spart. Nach vier Jahren Haltefrist lässt es sich dann zu einem symbolischen Betrag von seinem Arbeitgeber übernehmen.

"Jeder dritte Arbeitsweg ist kürzer als fünf Kilometer und mehr als die Hälfte kürzer als zehn Kilometer", so Christian Gratzer vom VCÖ.
Foto: Bosch

Die Vorteile für Arbeitnehmer sind:

  • Zeitersparnis (bis 10 km ist das E-Bike das schnellste Verkehrsmittel, bis 20 km auch nur geringfügig langsamer als der Pkw)
  • der geldwerte Vorteil der Privatnutzung ist steuerfrei
  • günstiger als PKW oder Öffis (Akkustrom kostet nur ein paar Cent pro 100 km)
  • gesundes körperliches Training
  • keine Parkplatzsuche, dennoch direkt beim Arbeitgeber parken

Arbeitgeber sollten sich von dem Modell leicht überzeugen lassen, meint Harald Bauer: "Genial ist, dass es nicht nur Kosten spart, sondern auch die Mitarbeiter motiviert und gesund hält – mehr kann man sich als Unternehmer kaum wünschen!" Ein paar Voraussetzungen gibt es allerdings, so Bauer. Nicht nur müsse das Unternehmen bereits 100 Prozent Ökostrom nutzen. Um die gesamte Mobilitätsförderung von 400 Euro pro Rad zu lukrieren, müssen mindestens fünf Diensträder angeschafft werden. Hinzu kommt, dass die Beschäftigten, die in den Genuss der Diensträder kommen sollen, zumindest etwas über dem Minimum des Kollektivvertrags verdienen müssen, da ihnen sonst per Lohn oder Gehalt nicht mehr die Radl-Raten abgezogen werden können.

Auch die Vorteile für Arbeitgeber noch einmal in der Übersicht:

  • Mitarbeitermotivation und -bindung
  • geringere Krankenstandskosten durch gesündere Mitarbeiter
  • Kauf oder Leasing sowie Vollkaskoversicherung ist steuerlich voll als Betriebsausgabe absetzbar
  • geringere Parkraumkosten
  • geringere CO2-Emissionen

Bauer von willdienstrad.at hat bereits einige Unternehmen von dem Modell überzeugt, darunter auch den Kranhersteller Palfinger. Dort hatte eine Untersuchung gezeigt, dass mehr als jeder Zehnte der 2.300 Mitarbeiter in Österreich weniger als zehn Kilometer von der jeweiligen Arbeitsstelle entfernt wohnt. Palfinger ist deshalb gleich im Großmaßstab in das Modell eingestiegen: Derzeit nutzen 200 Menschen im Rahmen des "PALfit"-Programms die neuen Diensträder, weitere 100 stehen auf der Warteliste.

Businesstauglich dank E-Bike

Bauer, der in seinem früheren beruflichen Leben Geschäftsführer der Österreichischen Sporthilfe war, ist lustigerweise selbst erst vor nicht allzu langer Zeit zum passionierten Dienstradler geworden: "Vor dem E-Bike-Trend kam die berufliche Nutzung des Fahrrads nicht infrage – wer erscheint schon gern verschwitzt zum Arbeitstermin? Mit meinem E-Bike ist das endlich kein Thema mehr."