Fraglich ist, ob es tatsächlich zu gefährlichen Falschdosierungen gekommen ist.

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Durch eine Panne bei der E-Medikation als Teil der elektronischen Gesundheitsakte Elga soll es laut einem Bericht der "Krone" zu falschen Angaben auf Rezepten gekommen sein. Betroffene Patienten und Ärzte seien von Apotheker- und Ärztekammer kontaktiert worden, bestätigte das Gesundheitsministerium auf APA-Anfrage. Zur Zeit sei kein Fall bekannt, in dem die falsch angezeigte Einnahmeempfehlung tatsächlich an Patienten weitergegeben worden ist, betonte die Apothekerkammer.

"Apotheken bedienen sich privater Softwareprodukte. Bei einem dieser Softwareanbieter kam es aufgrund eines Fehlers in der eingesetzten Software zu einer von der ärztlichen Verordnung abweichenden Anzeige einer Dosierungsinformation", hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme von Apotheker- und Ärztekammer, dem Dachverband der Sozialversicherungsträger, der Elga GmbH und der Pharmazeutischen Gehaltskasse.

Rund 1.000 Patienten betroffen

Es gehe nach bisherigen Erkenntnissen um 33 von rund 1.400 Apotheken in Österreich, mit Schwerpunkt Wien. "Von dem Fehler sind aktuell rund 1.000 Patientinnen und Patienten betroffen", hieß es zur APA. "Die Apothekerinnen und Apotheker stehen persönlich in Kontakt mit allen betroffenen Patientinnen und Patienten sowie den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten, um die Medikation auf Richtigkeit zu kontrollieren." In allen anderen rund 1.370 Apotheken funktionierten die Softwareprogramme alle einwandfrei, betonen die Systempartner in einer Aussendung.

"Bei etwa 3.000 Rezepten ist es zu einer von der ärztlichen Verordnung abweichenden Anzeige einer Einnahmeempfehlung im Softwareprogramm der Apotheke gekommen", heißt es seitens der Apothekerkammer auf Anfrage des STANDARD: Bei monatlich rund acht Millionen Rezepten seien somit lediglich 0,0375 Prozent der Verordnungen betroffen.

Es liege kein Fehler in der zentralen Anwendung der E-Medikation vor, heißt es weiter. Die veränderte Einnahmeempfehlung werde auch in der Abgabeinformation in E-Medikation gespeichert. Damit nachfolgend behandelnde Ärztinnen und Ärzte bei einer nächsten Verordnung nicht auf diese falsche Einnahmeregelung zurückgreifen und irrtümlich übernehmen, wurden die niedergelassenen Mediziner über den Softwarefehler informiert.

Aufgefallen sei der Fehler "durch die aufmerksame Kontrolle und enge Zusammenarbeit einer Ärztin und einer Apothekerin in Wien", so die Systempartner. "Bei allen 33 Apotheken, bei denen diese Software im Einsatz ist, wurde unverzüglich ein Update eingespielt, um den technischen Fehler zu beheben." Zudem wurde vom Hersteller ein Sicherheits-Monitoring-System installiert, das täglich Analysen der Datenkonsistenz durchführe und etwaige Fehler umgehend identifizieren könne.

Das Gesundheitsministerium wurde informiert. Apotheker- und Ärztekammer, Elga GmbH, der Dachverband der Sozialversicherungsträger und die Softwarefirma "sind dran, dies umfassend aufzuklären", hieß es auf APA-Anfrage auch aus dem Ressort von Minister Wolfgang Mückstein (Grüne).

Keine Schäden bekannt

Die "Krone" zitierte den steirischen Ärztekammer-Vizepräsident Dietmar Bayer: "Bis jetzt ist es in 60 Fällen zu einer gefährlichen Falschdosierung gekommen. Wir hoffen, dass niemand zu Schaden gekommen ist." Es sei nicht bekannt, wann der Fehler begonnen habe: "Dazu muss eine forensische Analyse von einem Gutachter gemacht werden."

"Zurzeit ist kein Fall bekannt, in dem die von der Software falsch angezeigte Einnahmeempfehlung im Zuge der Arzneimittelabgabe tatsächlich an eine Patientin oder einen Patienten weitergegeben worden ist", lautet im Gegenzug das Statement der Systempartner. Die 60 betroffenen Personen wurden bereits kontaktiert – allerdings handelt es sich um Patienten, die ihre Medikamente ohnehin wie gewohnt eingenommen haben. Außerdem seien unplausible Dosierungsangaben, die in der Software aufschienen, von den Apothekern erkannt und mit den verschreibenden Ärzten abgeklärt worden. Von einer tatsächlichen Falscheinnahme sei den Systempartnern nichts bekannt.

Von Ärzten verordnete bzw. von Apotheken abgegebene Medikamente und wechselwirkungsrelevante, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel sind in der E-Medikation gespeichert. Über einen auf dem Rezept aufgedruckten Code werden in der Apotheke die Verordnungen abgerufen.

Ärztekammer fordert schnelles Handeln

Die Ärztekammer fordert eine möglichst rasche Aufklärung der aktuellen Situation. "Es muss nun zum Schutz der Patienten rasch gehandelt werden", fordert daher Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte: "Der Gang in die Apotheke darf nicht zum Gesundheitsrisiko werden".

Steinhart appelliert an Gesundheitsminister Mückstein, einen unabhängigen Datenforensiker zur Fehleranalyse zu entsenden. "Man sieht an diesem Vorfall auch, wie wichtig eine End-to-End-Qualitätssicherung wäre, die den gesamten Vorgang über alle Anwender hinweg abdeckt", sagt Steinhart. Auch hier sieht er das Gesundheitsministerium gefordert.

Seitens der Apothekerkammer heißt es gegenüber dem STANDARD, dass man Schritte und Initiativen zur Qualitätssicherung begrüße. Man betont aber auch, dass der Fehler durch aufmerksame Kontrolle sowie die enge Zusammenarbeit einer Ärztin und einer Apothekerin aufgefallen sei – das sei ein "Beleg für ein funktionierendes Vier-Augen-Prinzip". Der Fehler sei nun behoben, zusätzlich sei ein Sicherheitsmonitoring installiert worden. (APA/red, 18.10.2021)

Update, 18.10., 15.37 Uhr: Die Information wurde hinzugefügt, dass derzeit keine Schäden bekannt sind.

Update, 18.10., 16.14 Uhr: Input der Apothekerkammer und der Systempartner ergänzt.