Die britische Band Coldplay, fest entschlossen auf dem Weg ins Nichts: Der Soundtrack für diese Reise ist nun erschienen, das Album "Music of the Spheres".

Foto: Warner Music

Gibt es das Fach Kuschelrock eigentlich noch? Wenn nicht, haben es Coldplay gerade erneuert, wenn schon, haben sie es in neue Dimensionen von Belanglosigkeit geführt und um das Subgenre "Kuscheln im Weltall" erweitert. Danke.

Dabei haben sich die britischen Superstars zuletzt redlich bemüht, nicht immer wie sie selbst zu klingen. Das Album Everyday Life aus dem Jahr 2019 prägte der Wille, sich selbst zu überraschen.

Doch überrascht haben Coldplay nur ihr Publikum, das sich dem Werk trotzig verweigerte und es nach Coldplay-Maßstäben zu einem veritablen Flop geraten ließ. Da musste gehandelt werden.

Backstreet Boys und Co

Für das nun erschienene Music of the Spheres hat sich die 1996 gegründete Gruppe in die Fänge des schwedischen Formatradiozulieferers Max Martin begeben. Der hat mit Fließbandproduktionen für Giganten des Synchrontanzes wie Backstreet Boys oder *NSYNC jede Menge schwedischer Kronen verdient – ebenso mit Hits für Interpreten wie Celine Dion, Katy Perry, Britney Spears oder – gleich streikt die Tastatur! – Bon Jovi.

Coldplay, diesen netten Weltstars von nebenan, hat er nun dazu verholfen, ein Konzeptalbum zum Thema "Irgendwas mit Weltraum" zu verwirklichen. Dafür wurde viel Geld für ein Cover ausgegeben, das ein Sonnensystem zeigt, in dem drollige Objekte um einen Lichtkörper rotieren: das Kind im Manne im Dreh-und-Trink-Rausch.

Montessori-Englisch

Sogar Außerirdische konnten für einen Gastbeitrag gewonnen werden: Bei dem in Montessori-Englisch verfassten Song Biutyful (sic!) ist zumindest so etwas wie ein intergalaktisches Mäusestimmchen als Gesangssubstitut zu vernehmen. Aber hey! Immerhin haben Coldplay für Biutyful noch das Alphabet bemüht. Um weniger Gelehrten ebenfalls die Hände zu reichen, fertigte das Quartett andere Lieder einfach mit Emojis ab. Und genauso vielsagend klingen sie dann auch.

Coldplay

Coldplay haben von Max Martin bekommen, was Max Martin verkauft: Konfektionsware. Berechnende und berechnete Schablonenmusik, neben der Limahls Never Ending Story dasteht wie der Favorit auf beides: den Literaturnobelpreis und den Polar Music Prize. Von dem nach ihm benannten Kleingartenweg in Hafendorf bei Kapfenberg ganz zu schweigen.

Der Roketman auf der Brücke

Music of the Spheres klingt wie eine aufwendige Coldplay-Karikatur, live im Raumschiff Enterprise. Mit Chris Martin als Rocketman, der auf der Brücke an den Knöpfen dreht. Die Resultate betören mit flirrendem Nichts und stimmverzerrendem Quatsch, am Mischpult besorgen DJ Wachkoma & MC Dienstleister den Rest. So klingt Popmusik, wenn sie am Ende ist und mit großem Aufwand nichts zu melden hat. Hoffentlich hat Houston gerade ein Problem.

Ein mit der in Südkorea gezüchteten Gruppe BTS (Bost-Traumatische Störung?) produzierter Song ist möglicherweise der beste auf diesem Machwerk. Er heißt My Universe. Wo sind die schwarzen Löcher, wenn man eines braucht?
(Karl Fluch, 19.10.2021)