Es ist zumindest eine ermunternde Initiative: Bundespräsident Alexander Van der Bellen macht am Nationalfeiertag die Hofburg zur Impfburg. Unter dem Motto "Kleiner Piks. Große Geste" lädt UHBP am 26. Oktober in den Leopoldinischen Trakt, wo man sich von 12 bis 18 Uhr gegen Corona impfen lassen kann. Das wird gewiss einige Hundert zusätzliche Impflinge bringen. An der ernüchternden Impfquote Österreichs wird das aber eher nur wenig ändern.

Österreich verlor in den internationalen Rankings zur Durchimpfungsrate der Bevölkerung zuletzt Platz um Platz, weil die Zahl der Impfungen seit Wochen auf niedrigem Niveau stagniert. (Das bedeutet im Übrigen auch, dass ziemlich genau ein Drittel der bisher nach Österreich gelieferten Impfdosen hier nicht gebraucht wurden.) In ärmeren Ländern hingegen, die sich erst später Impfdosen sichern konnten, steigt der Anteil der Impflinge nach wie vor stark.

Unter den westeuropäischen EU-Ländern sind wir schon seit Wochen abgeschlagenes Schlusslicht. Und 65,1 Prozent bei den nur einfach Geimpften lassen leider nicht darauf hoffen, dass wir in absehbarer Zeit noch große Sprünge bei den Vollimmunisierten machen werden. Diese Quote, die immer weiter hinter den EU-Schnitt zurückfällt, bedeutet im weltweiten Vergleich aller Länder mit mehr als 200.000 Einwohnern aktuell nur mehr Rang 49 auf dem Impfdashboard der "Financial Times"

Bestätigung durch deutsche Studie

Eine aktuelle Vergleichsstudie aus Deutschland, die bisher nur als Preprint vorliegt, kommt zu weiteren ernüchternden Ergebnissen für Österreich, die diese Zahlen bestätigen. Für ihre Untersuchung haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik in München Daten des "Survey on Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE)" analysiert – einer Umfrage unter 47.000 Menschen über 50 Jahren in 27 europäischen Ländern und in Israel.

Zum Erhebungszeitraum im Sommer 2021 gaben im Gesamtdurchschnitt 18 Prozent der Befragten an, nicht geimpft worden zu sein. Am meisten Geimpfte gab es zum Zeitpunkt der Umfrage in Malta, Dänemark und Spanien mit einem Anteil von über 95 Prozent in der Altersgruppe über 50, während es in Rumänien und Bulgarien nur 28 beziehungsweise 21 Prozent waren. Die Umfrage lieferte damit eine weitere Bestätigung, dass in Osteuropa die Impfunsicherheit und -verweigerung stärker ausgeprägt ist als in den anderen Regionen der EU.

Ausreißer im West-Ost-Gefälle

Ein gewisser Ausreißer im West-Ost-Gefälle ist Österreich. Beim Anteil jener Menschen über 50, die sich dezidiert nicht impfen lassen wollen, liegt Österreich nach diesen Daten nämlich ziemlich weit vorn, und zwar unmittelbar hinter Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen und der Slowakei.

In Österreich gibt es im westeuropäischen Vergleich einen besonders großen harten Kern an Impfverweigerern (dunkelrot), die sich sicher nicht gegen Covid-19 impfen lassen wollen.
Grafik: SHARE-ERIC

Damit sind auch die über 50-Jährigen in Kroatien, Slowenien, Estland oder Polen impfbereiter als ihre Alterskolleginnen und -kollegen in Österreich, für die ein Impfschutz aufgrund des mit dem Alter steigenden Risikos besonders wichtig wäre.

Das deutsche Forscherteam um Michael Bergmann konnte neben dem West-Ost-Gefälle, das mit dem Vertrauen in den Staat und die Regierung korrelieren dürfte, weitere sozioökonomische und gesundheitliche Faktoren ermitteln, die dazu führen, dass sich Menschen seltener impfen lassen: Niedriges Einkommen und niedrigeres Ausbildungsniveau spielen ebenso eine Rolle wie die direkte Betroffenheit von Covid-19 im persönlichen Umfeld und der eigene Gesundheitsstatus. Konkret bedeutet das: Personen über 50 Jahre mit chronischen Erkrankungen sind eher impfbereit als gesunde.

Schließlich spielen auch noch das Alter und das Geschlecht laut der Umfrage eine Rolle: Personen zwischen 50 und 65 Jahren lehnen den Impfstoff eher ab als ältere Befragte. Und Frauen sind tendenziell zögerlicher als Männer, wenn auch nicht in allen Staaten.

Ähnliche Ergebnisse in Österreich

Diese Ergebnisse decken sich zum überwiegenden Teil mit Ergebnissen, die von Forschenden der Uni Wien um Katharina T. Paul im Rahmen des Austrian Corona Panel Project (ACPP) erhoben und bereits im September veröffentlicht wurden. Bei den regelmäßigen österreichweiten Umfragen, die bis Ende Juni stattfanden, zeigte sich ebenfalls ein harter Kern an Impfverweigerern. Überproportional vertreten waren jüngere und mittlere Altersgruppen sowie Personen mit geringem Einkommen.

Kleinere Unterschiede ließen sich in Hinblick auf Geschlecht, Bildung und den Migrationshintergrund beobachten. Konkret waren Männer und Personen mit einem höheren Bildungsabschluss etwas impfwilliger als Frauen, Personen mit einem niedrigeren Bildungsabschluss oder Migrationshintergrund.

Grafik: Julia Partheymüller et al., Vienna Center for Electoral Research, Universität Wien

Besonders viele Impfskeptiker fanden sich freilich unter jenen Menschen, die kein Interesse an der Politik zeigen, sowie bei Wählerinnen und Wählern der FPÖ, die unter ihrem Obmann Kickl Impfskepsis quasi zum Programm gemacht hat.

Dänemark versus Österreich

Was die niedrige Impfquote für den weiteren Pandemieverlauf in Österreich bedeutet, wird sich weisen. In Dänemark jedenfalls, wo besonders viele Menschen durchgeimpft sind, hat man so gut wie alle Vorsichtsmaßnahmen aufheben und die Pandemie schon einmal quasi für beendet erklären können. In Österreich wartet man damit wohl besser noch zu. (Klaus Taschwer, 20.10.2021)