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Milorad Dodik ist ein serbischer Nationalist – der sich nun daranmacht, die Grundfeste des Staates zu hinterfragen.

Foto: AP Photo/Radivoje Pavicic

Der Chef der größten bosnisch-serbischen Partei SNSD, Milorad Dodik, sagte am Sonntag, er werde bis Mittwoch dieser Woche Gesetzesvorschläge haben, mittels deren die gemeinsamen staatlichen Institutionen verlassen werden sollen. Am 25. und 26. Oktober solle im Parlament des bosnischen Landesteils Republika Srpska (RS) darüber abgestimmt werden.

Dodik kündigt seit Jahren an, dass die RS sich von Bosnien-Herzegowina abspalten würde. Kürzlich meinte er, dass die RS eine eigene Armee gründen und die Kasernen der gemeinsamen Armee übernehmen würde. In der RS wurden bereits in den vergangenen Jahren für die Polizei Langwaffen besorgt, die man normalerweise nur für das Militär braucht. Dodik will nun auch die gesamtstaatliche Steuereinhebung beenden.

Verfassungswidrig

Obwohl alle diese Vorhaben gegen den Friedensvertrag von Dayton und gegen die Verfassung verstoßen, hat der Hohe Repräsentant Christian Schmidt zuletzt gemeint, er werde seine Bonner Vollmachten nicht anwenden. Schmidt könnte Dodik theoretisch entlassen. Auch der EU-Außenministerrat hat sich am Montag nur zu einer sehr vagen Formulierung zur Krise in Bosnien-Herzegowina durchgerungen. Dodik wurde namentlich nicht genannt, sondern "alle politischen Führer" wurden aufgerufen, provokante und spalterische Maßnahmen zu unterlassen.

In der EU gibt es keine Einigkeit zu Bosnien-Herzegowina. Schweden, die Niederlande, Deutschland, Italien und Dänemark sind Diplomaten zufolge zu einer härteren Gangart bereit. Die USA und Großbritannien wollen ohnehin Sanktionen. Österreich sieht sich laut Außenminister Michael Linhart als "starker Partner an der Seite der verbindenden Kräfte" und will "Sanktionen im Europäischen Verbund entscheiden", sagte er im Interview mit dem STANDARD. Klare Unterstützung der EU kam nur für das Weiterbestehen der Eufor-Militärmission Althea. Russland könnte die Verlängerung aber im UN-Sicherheitsrat in der ersten Novemberwoche verhindern.

Truppen nach Brčko

Möglich wäre dann, dass der stellvertretende Hohe Repräsentant Truppen – etwa der Nato – in das Sonderverwaltungsgebiet Brčko holt, was aber Russland und die nationalistischen Separatisten wie Dodik wohl noch mehr stören würde als die Verlängerung von Althea. Moskau war bereits gegen die Ernennung von Schmidt diesen Sommer. Und bosnisch-serbische Nationalisten setzen bereits seit einigen Monaten ihre Arbeit in den Institutionen des Staates aus. Sie begründen dies mit der rechtlichen Entscheidung des ehemaligen Hohen Repräsentanten Valentin Inzko, der die Leugnung von Kriegsverbrechen unter Strafe stellte. Das Parlament der RS hat dafür gestimmt, dass das Leugnungsgesetz nicht umgesetzt wird. Es wird deshalb erwartet, dass das Verfassungsgericht die Entscheidung wieder aufhebt.

Beim EU-Außenministerrat wurden am Montag noch zahlreiche andere Themen besprochen, unter anderem auch neue Sanktionen gegen Belarus angesichts des anhaltenden Migrationsdrucks aus dem Land. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 18.10.2021)