Impfstraße in einem Einkaufszentrum in der iranischen Hauptstadt Teheran. Österreich hat dem Iran bisher eine Million Dosen des Impfstoffs von Astra Zeneca gespendet.

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Der Blick auf das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums ist seit etlichen Wochen einigermaßen ernüchternd. Die tägliche Zahl der Neuimpfungen stagniert in Österreich auf einem vergleichsweise sehr niedrigen Niveau. Bis jetzt sind nur etwas mehr als 5,5 Millionen Menschen (oder 61,81 Prozent) vollständig immunisiert. Die nur wenig höhere Zahl der bloß einfach Geimpften (5,8 Millionen oder 65,11 Prozent) lässt befürchten, dass die Zahl der vollständig Geimpften in den nächsten Wochen kaum noch in die Höhe schnellen wird.

Im EU-Vergleich fallen wir damit seit Wochen immer weiter hinter den Durchschnittswert zurück, der stärker und schneller steigt und bei 64,1 Prozent vollständig Immunisierten liegt. Was seit Wochen dagegen kontinuierlich wächst und bis Jahresende weiterwachsen wird, ist die Zahl der nach Österreich gelieferten Impfstoffdosen. Haben wir also über Monate darüber debattiert, dass wir nicht schnell genug Impfstoff bekommen, fehlt es jetzt einzig und allein an den Impfwilligen.

Aktuell halten wir bei 16,62 Millionen gelieferten Einheiten, verimpft wurden davon erst etwas über 11 Millionen – macht einen Überschuss von ziemlich genau einem Drittel. Doch was genau geschieht damit?

Teil des EU-Spendenziels

Ein kleinerer Teil davon – insbesondere Dosen des Impfstoffs Vaxzevria von Astra Zeneca – wurde laut Auskunft des Gesundheitsministeriums bisher gespendet: an die Ukraine (250.000 Einheiten), den Libanon (100.000 Dosen), Bosnien und Herzegowina (500.000 Dosen), Tunesien (50.000 Dosen), Costa Rica (50.000 Dosen) und an den Iran (eine Million Dosen). Damit leiste Österreich bis Jahresende seinen Beitrag zum Spendenziel der EU-Mitgliedsstaaten für 2021, heißt es aus dem Gesundheitsministerium, wo auf einen Richtwert von 100 Millionen für 2021 verwiesen wird.

Der ist aber schon wieder etwas überholt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits Ende Juli angekündigt, dass die EU bis Ende 2021 mehr als 200 Millionen Dosen spenden wollte. Bis Mitte 2022 sollen es dann insgesamt fast 450 Millionen werden, wie von der Leyen Mitte September noch einmal nachbesserte. Österreich müsste, wenn es nach dem Bevölkerungsschlüssel geht, rund zwei Prozent davon stemmen, also acht bis neun Millionen.

Lagernde und zu erwartende Mengen

Derzeit sind in Österreich damit noch rund 4,29 Millionen Impfdosen lagernd, davon 2,87 Millionen Dosen des Impfstoffs Comirtnaty (Biontech und Pfizer), 759.000 von Moderna, 403.000 von Astra Zeneca und 258.000 von Johnson & Johnson. Die Impfdosen von Astra Zeneca werden zum überwiegenden Teil gespendet, ein kleiner Teil bleibt im Land. Und da gibt man sich optimistisch: "Die mRNA-Impfstoffe werden großteils für die dritte Impfdosis sowie für weitere Erst- und Zweitimpfungen gebraucht."

Das klingt einerseits realistisch, da für viele Menschen die Drittimpfung noch aussteht. Andererseits werden laut Impfdashboard allein für dieses letzte Quartal des Jahres 2021 noch 7,6 Millionen weitere Dosen erwartet. Was wird damit geschehen? Laut Gesundheitsministerium werden erst 2022 größere Impfstoffspenden durchgeführt werden. Vielleicht könnte man damit ja schon ein bisschen früher beginnen. In Afrika etwa sind mehr als 90 Prozent aller Menschen noch ungeimpft.

Bürokratische Hürden

Es gibt dabei aber auch logistische und rechtliche Probleme: Das deutsche Gesundheitsministerium hatte gestern in einem Brief an die EU-Gesundheitsbehörde Hera Alarm geschlagen und scharfe Kritik an den Impfstoffherstellern geübt. Aufgrund von bürokratischen Hürden, logistischen und rechtlichen Problemen seien nämlich rasche Impfstoffspenden nicht möglich, während einigen Ländern drohe, "große Mengen an wertvollen Impfstoffen wegwerfen zu müssen".

"Die deutsche Kritik wird von unserer Seite geteilt. Die Inflexibilität der Hersteller verhindert hier unter anderem, dass schon in Österreich lagernde Dosen unkompliziert an Spendenländer gehen können", hieß es dazu vom Gesundheitsministerium. Dieses betonte zugleich, dass es bezüglich der Haltbarkeit der lagernden Impfdosen ein "Monitoring" gebe. "Aktuell sind in Österreich keine nennenswerten Mengen vom Ablauf bedroht", versicherte das Ministerium.(tasch, APA, 20.10.2021)

(Anm. der Red.: Der Text wurde um 9:00 um die bürokratischen Hürden und den deutschen Beschwerdebrief ergänzt.)