Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat Bulgarien verurteilt.

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Straßburg – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Bulgarien wegen der Verhängung eines Disziplinarverfahrens gegen eine bulgarische Richterin verurteilt. Es habe sich dabei um einen Vorwand gehandelt, um die Richterin Miroslawa Stefanowa Todorowa wegen ihrer Kritik an der Regierung und am Obersten Justizrat zu sanktionieren und "einzuschüchtern", befand der EGMR am Dienstag.

Todorowa, die 2009 zur Präsidentin des Berufsverbands Union der Richter Bulgariens gewählt worden war, hatte wiederholt das Vorgehen des Obersten Justizrats sowie der Regierung kritisiert. Sie prangerte unter anderem die Ernennung bestimmter Gerichtspräsidenten an.

EGMR sieht Einschüchterungsversuch

Wenig später war sie vom Obersten Justizrat beschuldigt worden, die Bearbeitung ihrer Rechtsfälle verzögert zu haben, und erhielt eine Gehaltskürzung. Daraufhin entging sie nur knapp einer Entlassung und erhielt ein Jahr lang kein Gehalt mehr. Schließlich wurde sie für zwei Jahre zurückgestuft.

Der Hauptzweck des Disziplinarverfahrens und der vom Obersten Justizrat verhängten Sanktionen bestand nach Ansicht des EGMR "nicht darin, die Einhaltung der Fristen für den Abschluss von Rechtsfällen zu gewährleisten, sondern darin, die Klägerin zu bestrafen und einzuschüchtern". Die Richter in Straßburg sahen darin eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung der Klägerin. Sofia muss 1.340 Euro für die Prozesskosten und Auslagen an die Richterin zahlen. (APA, AFP, 19.10.2021)