Das Austüfteln des Stundenplans ähnelt oft einem kniffligen Sudoku. Eine von vielen zeitintensiven Aufgaben in einer Schule.

Foto: Elmar Gubisch

Wer kennt das nicht? Der digitale Postkasten quillt über, und täglich kommen neue, einmal mehr, einmal weniger wichtige Nachrichten dazu. Jede soll, manche muss beantwortet, keine darf übersehen werden, zumal wenn es sich um das E-Mail-Fach einer Schule handelt. In Corona-Zeiten erst recht.

Weniger ist mehr

Das soll sich jetzt ändern: Denn ab November werden Rundschreiben und Erlässe des Bildungsministeriums "nur mehr montags an die Schulen kommuniziert", heißt es in einem am Dienstag präsentierten "Entlastungspaket", das Bildungsminister Heinz Faßmann und die Lehrergewerkschaft gemeinsam geschnürt haben. Dieses Weniger an Post soll den Direktorinnen und Direktoren ein Mehr an Zeit für das pädagogische Kerngeschäft und ihre Führungsaufgabe bringen. Man führe die ministerielle Montagspost ein, "um eine klare zeitliche Struktur zu etablieren und um sicherzustellen, dass die jeweilige Bildungsdirektion, das Bildungsministerium und die jeweilige Regionalleitung gut abgestimmt vorgehen und es nicht mehr zu Mehrfach-Informationen zum selben Thema kommt". Viele Schulleitungen hätten sich eine "besser abgestimmte Kommunikationskaskade" gewünscht und "manchmal überbordende Rundschreiben und Erlässe" kritisiert.

"Die Schulleitungen müssen jetzt entlastet werden", sagte Minister Faßmann daher mit Verweis auf das "hohe Ausmaß an Bürokratie und Verwaltungsarbeit" in den Schulen durch die Pandemiebekämpfung.

600 von 1000 Administrativkräften sind noch zu haben

Bei dieser Gelegenheit wird auch an einem weiteren, alten Problem vor allem im Pflichtschulbereich gearbeitet. Dort gibt es nämlich, anders als in den Bundesschulen (AHS, BMHS), die alle zumindest stundenweise Administrationskräfte haben, keinen fixen Ausstattungsschlüssel für Sekretariate. Nun soll es zusätzliches Administrationspersonal geben, konkret 600 Vollzeitstellen. Zwei Drittel des Gehalts finanziert der Bund, ein Drittel das jeweilige Land oder der Schulerhalter.

Diese Personaloffensive wurde bereits im Sommer 2020 angekündigt, aber bis heute nicht vollständig realisiert, was vor allem daran liegt, dass das Landesdrittel beim Gehalt nicht überall aufzutreiben war. Damals hieß es, dass bis 2022 über ein Projekt für Langzeitarbeitslose und Wiedereinsteigende insgesamt 1000 Sekretariatskräfte an die Schulen gebracht werden sollen. Bis Herbst 2020 sollten 500 Vollzeitstellen besetzt werden, weitere 500 ab 2021/22. Tatsächlich wurden von der ersten Tranche aber erst 400 Administrationsjobs abgerufen – woraus sich die nun noch verfügbaren 600 Stellen für administratives Supportpersonal ergeben, zu haben bis Sommer 2023 (verlängert um ein Jahr).

Länder auf der Bremse

Wie kann das sein, dass die von der Gewerkschaft seit vielen Jahren geforderte administrative Unterstützung nicht in den Schulen ankommt, obwohl die Regierung sie – zumindest zwei Drittel der Kosten – finanziert? "Ich habe den Eindruck, dass die Länder und Gemeinden hier als Dienstgeber auf der Bremse stehen", sagt Pflichtschullehrergewerkschaftschef Paul Kimberger im STANDARD-Gespräch: "Das ist inakzeptabel. Sie müssen den Pflichtschulstandorten diese administrative Entlastung umgehend ermöglichen." Er ist zwar froh über die jetzt zugesagten Supportkräfte für die Schulen, wünscht sich aber mehr: "Unsere Zielsetzung ist natürlich eine flächendeckende Versorgung mit administrativem Unterstützungspersonal in ganz Österreich."

Fürs Erste soll den Schulen noch durch Verzicht auf ein paar arbeitsintensive Aufgaben oder zumindest zeitlichen Aufschub etwas Luft verschafft werden. Konkret werden die Schulentwicklungspläne um ein Jahr bis Jänner 2023 verschoben. Auch das Qualitätshandbuch für die Schulen wird erst ein Jahr später eingeführt. Damit seien auch weniger Lehrerkonferenzen erforderlich.

Statistik muss warten

Ein weiteres Verzichtselement betrifft die Deutschförderklassen und -kurse: Die geplante statistische Zusatzerhebung wird ersatzlos gestrichen. Das Ministerium will abwarten, "bis die Daten im Rahmen der Standardmäßigen Schulstatistik Anfang 2022 dokumentiert sind".

Schließlich werden in den Bildungsdirektionen Servicestellen eingerichtet, in denen rechtliche Fragen, aktuell Corona-bedingt etwa nach Stornoregelungen für Schulveranstaltungen oder der Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden, beantwortet werden.

Dass das "Entlastungspaket" auch das schulische Qualitätsmanagement betrifft, bedauert Kimberger zwar, sagt aber: "Natürlich sind die aufgeschobenen Maßnahmen auch wichtig, aber wir müssen jetzt Prioritäten setzen und schauen, dass wir die Schulen gut durch den Winter bringen. Wir haben viele Quarantänefälle, eine überaus angespannte Personalsituation, die Grippewelle ist im Anlaufen, die Pandemie nicht vorbei. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir guten Präsenzunterricht und hohen Gesundheitsschutz für alle sicherstellen."

DER STANDARD

Elterndemo in Wien

Derweil ging am Dienstagnachmittag in Wien erneut die Elterninitiative "Bessere Bildung jetzt" – unterstützt von ÖVP und Grünen – auf die Straße, um gegen das neue Zuteilungssystem für Pflichtschullehrkräfte in Wien zu demonstrieren. Die Initiative befürchtet für das nächste Schuljahr gravierende Folgen für Integrations- und Mehrstufenklassen und verschränkte Ganztagsschulen. Im Büro von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) verteidigte man die Reform – sie sieht mehr Ressourcen für sozioökonomisch benachteiligte Schulen vor – und ortet Fehlinformationen. (Lisa Nimmervoll, 20.10.2021)